OPC hat als industrielles Kommunikationsprotokoll die Entwicklung in der Automatisierung maßgeblich vorangebracht. Als OLE for Process Control (Online Linking and Embedding in der Windows-Welt) Mitte der 90er-Jahre gestartet, war es das Ziel, den Datenaustausch zwischen End-to-End-Anwendungen verschiedener Hersteller von Automatisierungskomponenten zu ermöglichen. Erste Spezifikation war OPC DA (Data Access) zur Übertragung von Prozesswerten, OPC XML DA erlaubte später als Vorläufer von OPC UA die XML-basierte Kommunikation von Echtzeitwerten.
Mit OPC UA hat sich das Kommunikationsprotokoll nun als Open Platform Communications von Windows gelöst. Damit steht das Kommunikationsprotokoll nun für jedes Betriebssystem sowie jede Hardware zur Verfügung, was der wachsenden Bedeutung einfacher Embedded-Systeme in der Automatisierung Rechnung trägt. OPC hat nun von der Sensorebene bis in die Cloud alle Segmente der Datenkommunikation erobert. Das wesentliche daran ist, dass die aus mehreren Schichten bestehende service-orientierte Struktur es heute erlaubt, Daten aus dem Prozess zu übertragen und sie zusätzlich maschinenlesbar zu beschreiben. Mit der Publish-Subscribe-Erweiterung wurde eine weitere Hürde genommen. Durch PubSub kann OPC UA nun direkt über das Internet mittels der Protokolle MQTT, AMQP oder UDP kommunizieren und alternativ zur Client-Server-Kommunikation jetzt auch Multicast-Verbindungen aufbauen. Um schließlich echtzeitfähig zu sein, hat die OPC Foundation als Interessensgemeinschaft nun OPC UA um Time-Sensitive Networking (TSN) erweitert. Anders als in den USA, wo DDS favorisiert wird, sehen die Experten in Europa ziemlich einhellig OPC UA als den Standard für die Industrie 4.0. „Nicht immer optimal“, sagen einige Experten bis heute, „doch wir kommen in der Automatisierung nicht daran vorbei.“
TSN basiert auf dem Bestreben, Audio- und Videodaten in Echtzeit über das Internet zu übertragen. Die TSN Task Group, die heute die Weiterentwicklung der Standards der IEEE 802.1 von AS bis Qbu für die breite Internetnutzung vorantreibt, stellt deshalb auch die deterministische Datenübertragung in der Vordergrund. Haben bisher Daten im Internet vom Sender als einzelne Pakete und manchmal über Umwege und mit Verzögerungen zum Empfänger gefunden, ist diese Art der Kommunikation für die Steuerung von Maschinen gänzlich ungeeignet. Bei der Migration konventioneller Feldbustechnik auf Ethernet-Protokolle haben die Hersteller deshalb auf spezielle Hardware-Erweiterungen gesetzt, um den Determinismus sicherzustellen. TSN schließt nun diese Lücke und kann die bisher erforderliche Hardware ersetzen. Ethernet-Feldbus-Protokolle setzen damit zukünftig auf dem Standard-Ethernet auf. Das erlaubt eine erhebliche Vereinfachung des Aufbaus industrieller Netze und Kompatibilität zwischen den Systemen.
Die Kombination beider Ansätze – OPC UA mit TSN – verspricht jetzt, die Welt der industriellen Kommunikation zu revolutionieren. Eine wachsende Zahl von Unternehmen hat sich in einer Arbeitsgruppe zusammengefunden, um OPC UA TSN zum Standard für die industrielle Kommunikation in der Industrie 4.0 zu entwickeln. Im Mittelpunkt steht dabei die Hoffnung, zukünftig herstellunabhängig eine größtmögliche sowie uneingeschränkte Flexibilität bei Hard- und Softwarewahl zu haben. Von der Cloud bis zum kleinen Embedded-Sensorcontroller in der Feldebene ist der uneingeschränkte Echtzeit-Datenaustausch denkbar. Automatisierungsanbieter, die auf absolute Offenheit ihrer Kommunikations-Systeme setzen, und einer breite Zahl von Anwendern wünschen das seit Langem. Doch in der Vergangenheit hat sich immer wieder gezeigt, dass es den Standard nicht gibt, der alle Anforderungen gleichermaßen erfüllt. Es bleibt also abzuwarten, in welchem Umfang das Szenario Realität wird. Mit der Controller-zu-Controller-Kommunikation sowie ersten umfangreichen Tests zur Interoperabilität von OPC UA TSN hat die Zukunft aber bereits begonnen. Damit ist ein weiteres Kapitel der Automatisierungs-Story aufgeschlagen.
andreas.gees@konradin.de