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SPS-Retrofit SPS-Retrofit mit Steuerungen von Mitsubishi Electric in der Drahtfertigung

Automatisierungstechnik
SPS-Retrofit mit Steuerungen von Mitsubishi Electric in der Drahtfertigung

Maschinen und Anlagen haben häufig eine deutlich längere Lebensdauer als die verwendete Steuerungstechnik. Soll diese dann auf den neuesten Stand gebracht werden, drohen Produktionsunterbrechungen während der Umrüstung. In der Beize der Rudolf Rafflenbeul Stahlwarenfabrik GmbH & Co. KG stand ein solcher Retrofit an. Mit dem Upgrade-Tool von Mitsubishi Electric und dem Frankfurter Ingenieurbüro Thorsten Braun ging der Umbau in nur drei Tagen über die Bühne.

»Dr. Jörg Lantzsch, freier Redakteur in Wiesbaden

Inhaltsverzeichnis
1. Automatisierungstechnik ist in die Jahre gekommen
2. Spezialist für Retrofit-Projekte
3. Programme einfach konvertieren
4. Umbau innerhalb von drei Tagen
5. Anlage läuft nach Retrofit absolut zuverlässig

Dampfschwaden und beißender Geruch steigen von den tonnenschweren Drahtringen auf, die zwei Krane nacheinander in verschiedene Bäder mit Säure und anderen Chemikalien tauchen. Die Beize bei der Rudolf Rafflenbeul Stahlwarenfabrik GmbH & Co. KG in Hagen, in der die Oberflächen der Drähte für die Volme-Draht GmbH behandelt werden, arbeitet vollautomatisch. Die Oberflächenbehandlung ist entscheidend für die Weiterverarbeitung im eigenen Drahtzug oder beim Kunden. Das Tochterunternehmen der Rafflenbeul Stahlwarenfabrik liefert Drähte mit Durchmessern von 2,5 mm bis 32 mm an Kunden, die daraus verschiedenste Teile vom Nagel bis zum Zahnrad fertigen.

Automatisierungstechnik ist in die Jahre gekommen

Die vollautomatische Beize wurde 1994 in Betrieb genommen. In dem Gebäude sind die verschiedenen Bäder, die zugehörigen Aggregate sowie zwei Portalkrane installiert. Lediglich für die Materialzufuhr und den Materialabtransport ist Personal notwendig. Ein Mitarbeiter legt mit einem Gabelstapler die Drahtringe im Eingangsbereich der Anlage auf einem Gestell ab und gibt anschließend im Prozessleitsystem das Programm ein, mit dem dieser Ring behandelt werden soll. Im Programm sind Reihenfolge und Verweildauer in den einzelnen Bädern festgelegt und hängt von der intern oder vom Kunden gewünschten Oberfläche ab. Nachdem der Mitarbeiter das Programm gestartet hat, heben die Krane die Drahtringe an und transportieren sie dann nacheinander in die entsprechenden Bäder. Am Ende wird das Material wieder auf einem Gestell abgelegt, wo ein Mitarbeiter die Drahtringe mit einem Gabelstapler zur Weiterverarbeitung transportiert.

Die Automatisierungstechnik für die Beize ist in einem Leitstand untergebracht. Bei der Planung und Inbetriebnahme wurden zwei separate Steuerungen installiert – eine SPS steuert die Krane, die andere ist für die Bäder und die zugehörigen Aggregate, wie Heizung, Pumpen, Rührwerke und Abdeckungen, zuständig. „1994 wurden Steuerungen der A-Serie von Mitsubishi Electric verwendet“, erzählt Kai Kreutzer, der als Leiter der Instandhaltung auch für die SPS-Technik bei Rafflenbeul zuständig ist. Die beiden Steuerungen müssen miteinander kommunizieren, damit sich beispielsweise die Deckel der Bäder öffnen, wenn ein Kran einen Ring hineinlegen will.

„Auch wenn die Steuerungstechnik im Prinzip noch funktioniert hat, haben wir uns vor rund einem Jahr dafür entschieden, sie auszutauschen“, erinnert sich Kreutzer. Der Hauptgrund: Ersatzteile für die abgekündigte A-Serie waren zunehmend schwieriger zu beschaffen. Auch die alte Visualisierungslösung, die noch auf einem PC mit Windows 95 basierte, musste ausgetauscht werden. „Und außerdem war der Speicherplatz bei beiden SPS-Systemen komplett voll. Neue Funktionalitäten konnten deswegen nicht mehr umgesetzt werden“, nennt Kai Kreutzer einen weiteren Grund.

Spezialist für Retrofit-Projekte

Obwohl neben Kai Kreutzer noch ein weiterer SPS-Programmierer im Unternehmen beschäftigt ist, suchte er nach externer Unterstützung für das Projekt. „Die Aufgabe wäre für uns eine Nummer zu groß gewesen“, sagt der Leiter der Instandhaltung. Die Geschäftsführung sah das ganz ähnlich. „Wir wollten vor allem die Zeit, in der die Beize während des Umbaus nicht zur Verfügung steht, möglichst kurz halten“, nennt Christoph Rafflenbeul-Dormeyer eine wichtige Anforderung.

Der Geschäftsführer des Unternehmens erklärt, warum das so wichtig ist: „Sämtliches Material, das wir in unserem Drahtzug verarbeiten, muss vorher in der Beize behandelt werden. Einen kleinen Vorrat kann man natürlich anlagen, aber nach einigen Tagen könnten wir nicht mehr produzieren.“ Bei der Recherche fand Kai Kreutzer mit der Hard- und Softwareberatung Thorsten Braun einen idealen Partner für das Projekt. Das Frankfurter Ingenieurbüro ist auf Automatisierungstechnik spezialisiert und hat über 30 Jahre Erfahrung mit den Systemen von Mitsubishi. Kern des Retrofits der Automatisierungstechnik war der Austausch der beiden alten A-Steuerungen durch aktuelle Geräte der Serie Melsec Q. „Solche Aufträge haben wir in den vergangenen Jahren schon häufig übernommen – Retrofit-Projekte machen inzwischen einen großen Teil unserer Arbeit aus“, erzählt Thorsten Braun: „Die alten Steuerungen werden abgekündigt und irgendwann wird dem Kunden die Ersatzteilbeschaffung zu schwierig und zu teuer.“

Besonders hilfreich beim Austausch der Steuerungen sind die sogenannten Conversion-Adapter. Diese ermöglichen es, die Verdrahtungsebene einer alten SPS der Serie Melsec-A weiterzuverwenden. Der Kontaktblock wird von der alten Eingangs- oder Ausgangskarte abgeschraubt und passt dann mit dem Adapter direkt auf die entsprechende Karte der Melsec Q. Die beiden Steuerungen der Beize haben zusammen rund 900 Ein- und Ausgänge. „Wenn wir diese alle hätten neu verdrahten müssen, wäre ein schneller und fehlerfreier Umbau sicher sehr schwierig geworden“, ist Kai Kreuzer überzeugt. Außerdem sparen die Adapter sehr viel Zeit.

Programme einfach konvertieren

Der Retrofit betrifft aber nicht nur die Hardware, die Software muss ebenfalls angepasst werden. Auch hierfür bietet Mitsubishi eine perfekte Lösung: In der Entwicklungsumgebung GX Works lassen sich die Programme einfach konvertieren und auf die neue SPS übertragen. „Das hat uns viel Arbeit gespart“, meint Thorsten Braun, „denn insbesondere die Kransteuerung ist relativ komplex.“ Beide Krane können – abgesehen von den beiden Enden der Halle – alle Bäder erreichen. Die Steuerung muss also jeweils entscheiden, welcher Kran welche Aufgabe übernimmt. „Die alte SPS hat diese Aufgabe sehr gut erledigt, und eine Neuprogrammierung wollten wir deswegen vermeiden“, sagt Kai Kreutzer.

Die Software-Entwicklung in GX Works basiert auf den Sprachen, die in der IEC61131 normiert sind. Bei einigen Details lief die Konvertierung der Software dann nicht ganz reibungslos ab. Die Sensoren für die pH-Messung waren in der alten Steuerung über eine RS485-Schnittstelle angebunden. „Die zuständige Software, die direkt in Assembler entwickelt wurde, ließ sich so nicht auf die neue SPS übernehmen“, erklärt Thorsten Braun die Schwierigkeit. Da dies erst während der Inbetriebnahme aufgefallen ist, war eine schnelle Lösung gefordert. „Wir haben dann eine zusätzliche Schnittstellenkarte für die Melsec Q verwendet“, schildert Thorsten Braun die Lösung: „Geholfen hat uns dabei, dass Mitsubishi diese in kürzester Zeit zur Verfügung stellen konnte.“ Nur so konnte diese Änderung während der Inbetriebnahme kurzfristig umgesetzt werden.

Umbau innerhalb von drei Tagen

Um den Umbau der Steuerungstechnik mit möglichst kurzer Stillstandszeit zu realisieren, war Vorarbeit notwendig. Im ersten Schritt hat Thorsten Braun eine gute Woche für die Planung aufgewendet: „Neben der Auswahl der richtigen Komponenten kam es darauf an, wo diese im Schaltschrank platziert werden, damit die alte Verdrahtung auch problemlos passt.“ Programmierung und Tests haben dann nochmals zwei Wochen in Anspruch genommen. Dazu wurde die neue Hardware zunächst in einem separaten Schaltschrank installiert, wo sie ausgiebig getestet werden konnte. Dabei konnte Thorsten Braun per Fernwartung auf die Anlage zugreifen.

Nach dem Abschluss der Tests wurde es ernst: Für den Austausch der Steuerungstechnik in den Schaltschränken der Leitwarte und die Inbetriebnahme war Thorsten Braun dann vor Ort. Abgesehen von der zusätzlich notwendigen Schnittstellenkarte für die pH-Messung liefen Umbau und Inbetriebnahme reibungslos. Bei der Errichtung der Anlage 1994 hat die Inbetriebnahme der Automatisierungstechnik rund vier Monate gedauert. „Wir haben alles innerhalb von drei Tagen hinbekommen“, berichtet Thorsten Braun stolz. Und auch der Geschäftsführer ist überaus zufrieden. „Die Produktionsunterbrechung in der Beize war minimal. Aus meiner Sicht hätte das nicht besser laufen können“, fasst C. Rafflenbeul-Dormeyer die Erfahrungen mit dem Retrofit-Projekt zusammen.

Anlage läuft nach Retrofit absolut zuverlässig

Nach dem Retrofit läuft die Anlage nicht nur wie vorher absolut zuverlässig, sondern durch den größeren Speicher der Melsec Q sind auch zusätzliche Funktionen möglich. „Fehlermeldungen werden jetzt auch direkt in der Visualisierung an der Anlage und nicht nur in der Leitwarte angezeigt“, nennt Kai Kreutzer eine der neuen Funktionen. Dies erspart unnötige Wege; Der Mitarbeiter kann direkt vor Ort den Fehler beheben. Für die Zukunft sind noch zusätzliche Erweiterungen der Automatisierungstechnik geplant. So soll beispielsweise ein Datenlogger integriert werden, der das Debuggen der Programmabläufe erleichtert. Und auch der Weg in Richtung digitalisierte Fertigung ist schon in Vorbereitung: Ein MES-Modul soll zukünftig die gesamte Anlage an das Dynamics NAV des Unternehmens anbinden. (jg)

Details zum Melsec-System Q von Mitsubishi Electric:

hier.pro/8fUH2

Kontakt:

Mitsubishi Electric Europe B.V.
Niederlassung Deutschland
Mitsubishi-Electric-Platz 1
40882 Ratingen
Tel. +49 2102 486–0
info@mitsubishi-automation.com
https://de3a.mitsubishielectric.com

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