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Mikado mit 700 t schweren Monopiles

Entwicklungsaufwand bleibt selbst bei anspruchsvollen Steuersystemen beherrschbar
Mikado mit 700 t schweren Monopiles

Mittels Touchpanel-Computer und Joy-Stick lassen sich bis zu 700 t schwere Monopiles exakt positionieren, bevor sie in den Meeresboden gerammt werden. Das Steuersystem ließ sich mit CompactRIO-Hardware und LabView als Software zuverlässig und ‚just in time‘ auslegen. Der plattformbasierte Ansatz von National Instruments (NI) führte auf diese Weise mit smartem Embedded-Design schneller zum Serieneinsatz.

Nach Unterlagen von National Instruments Germany GmbH in München

Wie lassen sich 70 t schwere, hydraulisch angetriebene Greifarme per Joystick sicher steuern, wenn sie 700 t schwere Monopiles – die das ‚Fundament‘ von Offshore-Windkraftanlagen bilden – exakt positionieren müssen? Und wie lässt sich das Steuersystem unter Zeitdruck entwickeln und testen, wenn sich das Gesamtsystem erst nach der Montage auf dem Trägerschiff komplett testen lässt? „In nur wenigen Monaten fanden wir Antworten – und konnten ausgehend von einem leeren Blatt Papier zur Implementierung, zur Werksprüfung und schließlich zur erfolgreichen Erprobung auf See übergehen“, erinnert sich Pawel Majecki von Industrial Systems and Control (ISC), verantwortlich für die Entwicklung des Steuersystems. Das Ergebnis sei eine Kombination aus Hochbau, Maschinenbau und Hydrotechnik im Schwerlastsektor mit Präzisionssteuerung“, freute sich auch Auftraggeber Frederic Perdrix, Chief Technical Officer bei Houlder Ltd., spezialisiert auf Entwurf, Engineering-Services und Ausrüstung.
Eine entscheidende Rolle spielte dabei die RIO-Systemarchitektur von National Instruments (NI). RIO steht für rekonfigurierbare I/Os und das System setzt sich aus vier Komponenten zusammen,
  • einem Prozessor,
  • einem rekonfigurierbaren FPGA (Field-Programmable Gate Array),
  • modularer I/O-Hardware und
  • der Software für grafisches Systemdesign, NI LabView.
Einer der Vorteile ist, dass der Anwender den FPGA quasi bis zur ‚Pinebene‘ konfigurieren und damit seine Hardware benutzerspezifisch anpassen kann. Der rekonfigurierbare FPGA ist somit das Kernstück der RIO-Systemarchitektur. Er ermöglicht es, rechenintensive Aufgaben aus dem Prozessor auszulagern und stellt eine deterministische Ausführung mit extrem hohem Durchsatz sicher. Dazu ist der FPGA direkt mit den I/O-Modulen verbunden, wodurch ein leistungsstarker Zugriff auf die I/O-Schaltkreise eines jeden Moduls und eine hohe Flexibilität für Timing, Trigger und Synchronisation möglich wird.
Der Prozessor dient in der RIO-Architektur der Ausführung von Programmcode sowie der Kommunikation mit dem FPGA, hinzukommen die Steuerung von Peripheriegeräten und die Protokollierung von Daten. Die I/O-Module (verfügbar sind über 100 Module) bieten neben Signalkonditionierung, Isolierung und notwendigen Wandlerschaltkreisen auch Anschlussmöglichkeiten für die direkte Anbindung an fast alle industriellen Sensoren und Aktoren.
Grafisches Systemdesign als Schlüssel zum schnellen Erfolg
Die Verwendung von RIO-Produkten führt vor allem deswegen zu einer erheblichen Produktivitätssteigerung und Verkürzung der Zeit zur Markteinführung, weil mit LabView eine leistungsstarke Programmierumgebung für das grafische Systemdesign zur Verfügung steht. Damit lässt sich Code sowohl für Standard-PCs als auch Echtzeit- und FPGA-Zielsysteme entwickeln, wozu neben der bei der Greifersteuerung zum Einsatz kommenden CompactRIO-Plattform von National Instruments auch Single-Board RIO und FlexRIO gehören.
„Die Kombination aus LabView und CompactRIO liefert Rechenleistung und Zuverlässigkeit für sicherheitskritische Funktionslogik.“
Industrial Systems and Control konnte auf dieser Basis ein intuitiv zu bedienendes, zuverlässiges Steuersystem für die hydraulischen Greiferarme entwickeln. „Die Kombination aus LabView und CompactRIO liefert die Rechenleistung für die maschinennahe Steuerung und die Berechnungen der Kinematik mit dem Determinismus und der Zuverlässigkeit, die für unsere sicherheitskritische Funktionslogik nötig sind“, fährt Pawel Majecki fort. Das integrierte Steuersystem erfasst und überwacht alle erforderlichen Daten in Echtzeit und führt den Algorithmus für die Positionssteuerung aus.
Dass dies keine einfache Aufgabe ist, zeigt sich an den Randbedingungen, unter denen die 75 m langen, aus Stahl gefertigten Monopiles in den Meeresboden gerammt werden. Entscheidend ist es, den Pfahl senkrecht zu halten, während er mit Hilfe eines Hydraulikhammers eingerammt wird – was bei starken Strömungen und Wellen besonders schwierig ist. Einmal eingerammt, lassen sich Korrekturen nur noch extrem kostspielig durchführen, meist erfordert dies ein vollständiges Entfernen und erneutes Einrammen. Da dabei die Charter des Installationsschiffes zu Buche schlägt, ist das exakte Positionieren ein Muss. Houlder entwickelte deswegen das Greiferkonzept, unterstützt von der Schiffsverwaltung der Firmen MPIC und MPI Offshore. Von Beginn an war zudem Industrial Systems and Control beteiligt.
ISC bewertete mittels Simulationen, wie sich die Positioniergenauigkeit steigern ließ und implementierte die Steuerungssoftware unter Einsatz von NI LabView und des LabView Real-Time Module, des LabView FPGA Module, des LabView MathScript RT Module und des LabView Touch Panel Module. Vor der Verbindung mit dem eigentlichen System wurde zudem die Funktionalität der Algorithmen mit Hilfe eines detaillierten Softwareemulators gründlich getestet.
Touchpanel-PC und Joystick erlauben sichere Steuerung des Greifersystems
Das systemübergreifende Steuersystem für die Greiferarme (GACS) auf Basis von LabView und der Hardware NI CompactRIO ermöglicht heute den zuverlässigen Einsatz, die Lagerung und die Positionierung der Greifer über einen Touchpanel-Computer mit einem Joystick und einer Reihe von Schaltern und LEDs, die in ein mobiles Bedienpanel integriert sind. Die Struktur der GACS-Software beinhaltet die Haupt-Echtzeitanwendung, ein FPGA-Programm einschließlich eines Watchdogs, die HMI-Software auf dem Touchpanel-Computer und den PC-basierten Emulator, der nur während der Entwicklung und Inbetriebnahme verwendet wurde. Der Embedded-Controller CompactRIO bildet dabei über zahlreiche I/O-Module eine Schnittstelle zu den Sensoren, Aktoren und dem mobilen Bedienpanel. In Bezug auf Sicherheits- und Umweltvorschriften sowie hinsichtlich der elektromagnetischen Verträglichkeit wurde der Controller von der Klassifikationsgesellschaft Det Norske Veritas zugelassen.
Die GACS-Software beinhaltet folgende Funktionen:
  • Inverse Kinematik: Damit werden die Zylinderlängen für die Hydraulik-Aktuatoren berechnet, die zur Bewegung der Greiferarme erforderlich sind. Diese Funktion wurde zuerst mit MathScript Nodes implementiert, später jedoch direkt in LabView, um die Ausführungsgeschwindigkeit zu optimieren.
  • Direkte Kinematik: Damit werden die einzelnen und die relativen Greiferpositionen überwacht, um die Systemeinschränkungen einzuhalten und die Anzeige auf dem Touchpanel-Computer umzusetzen.
  • Echtzeitsteuerung: Sie interpretiert die Bewegungen des Joysticks hinsichtlich Richtung und Geschwindigkeit. Dies wird intern in die Positions-Sollwerte umgerechnet – unter Nutzung der inversen Kinematik und der aktuellen Position der Arme. Daraus ergeben sich die entsprechenden Zylinderlängen und damit die Steuersignale für die Servoventile.
  • Betriebsfunktionen: Sie sind als Codearchitektur des LabView-Zustandsautomaten implementiert, die verschiedene Betriebsmodi und untergeordnete Betriebsfunktionen ermöglicht.
  • Überwachung: Sie erlaubt die umfangreiche Überwachung von Analog-I/Os, Digital-I/Os und internen Zuständen. Berechnungen stellen sicher, dass Fehler abgefangen werden sowie eine zügige und geeignete Reaktion erfolgt – sei es in Form eines an den Bediener gerichteten Alarms oder eines durch das System ausgelösten Not-Aus. Eine externe Sicherheitsrelaisschaltung reagiert auf externe Not-Aus-Schalter und auf Fehler, die vom Steuersystem für den Greiferarm ausgelöst werden.
  • Watchdog-Timer: Er löst automatisch einen Not-Halt aus, sollte die Embedded-Steuerungssoftware nicht mehr reagieren. Dies wurde mit Hilfe des FPGAs auf dem CompactRIO-Controller implementiert, um für eine hohe Integrität während des Betriebes zu sorgen. Ein zweiter Watchdog überwacht die Netzwerkverbindung zwischen dem CompactRIO-System und dem Touchpanel-Computer.
  • Bedienoberfläche: Sie ist als eigenständig ausführbare LabView-Datei ausgelegt, die auf dem Touchpanel-Computer ausgeführt wird. Über Umgebungsvariablen kommuniziert dieser via Ethernet mit der CompactRIO-Steuerungssoftware.
„Die Entwicklung des Steuersystems war sehr erfolgreich“, so Pawel Majecki abschließend. Neben Rechenleistung und Zuverlässigkeit überzeugt es durch die geringe Größe und den allgemein geringen Stromverbrauch. CompactRIO und die Touchpanel-Computerbildschirme eignen sich darüber hinaus gut für den Einsatz auf See und vor allem als flexible Schnittstellen zu den für diese Anwendung erforderlichen I/Os. Inzwischen arbeitet das System mit echten Monopiles und unter den Bedingungen auf See. co
ni.com/germany

Mehr Aufgaben und mehr Kanäle gleichzeitig verarbeiten

Anlässlich der 20. NIWeek im texanischen Austin hat NI neue softwaredesignte CompactRIO-Controller vorgestellt, mit denen sich die Entwicklung von Steuer- und Regelsystemen noch weiter vereinfachen lässt. Die Controller sind mit den aktuellen Technologien von Intel und Xilinx ausgestattet – mit integrierten Intel-Atom-Prozessoren sowie der Kintex-7-FPGA-Technologie von Xilinx. Ziel ist, ein hohes Maß an Flexibilität sowie mehr Leistung bei einfacherer Systemintegration zu erreichen. Durch die Integration leistungsstarker Prozessoren, benutzerdefiniertes Timing und Triggern sowie die Datenerfassung von mehr als 100 I/O-Modulen der C-Serie eignen sich die CompactRIO-Controller für anspruchsvolle Steuer- und Regelanwendungen in rauen Industrieumgebungen. Sie werden vollständig von der Software LabView 2014 und NI Linux Real-Time unterstützt .
„Die LabView RIO Architecture durchbricht die Barrieren des klassischen Designs von Embedded-Systemen und bietet eine ideale, sofort einsatzfähige Standardplattform, so dass jede noch so anspruchsvolle Steuer-, Regel- und Überwachungsaufgabe gelöst werden kann“, so Jamie Smith, Director of Embedded Systems bei NI. „Der plattformbasierte Ansatz erlaubt kleinen Entwicklerteams die Erstellung innovativer Embedded-Systeme, ohne dass zusätzliche Entwicklungszeit oder Kosten für benutzerdefinierte Designs aufgewendet werden müssen.“ Aufgrund der engen Zusammenarbeit zwischen NI und Intel könnten Industriekunden die neuesten Prozessortechnologien nutzen, ergänzt Shahram Mehraban, Global Head of Energy and Industrial Segments der Intel Internet of Things Group. „Durch die Kooperation mit National Instruments bereits während der frühen Phasen des Entwicklungsprozesses des neuen CompactRIO-Controllers konnten wir den neuesten Intel-Atom-Prozessor für dieses Segment zeitnah zur Verfügung stellen.“
Eine Version des Controllers mit acht Steckplätzen wird bis Ende des Jahres verfügbar sein. Weitere Informationen zu den neuen CompactRIO-Controllern mit vier Steckplätzen finden sich hier:
ni.com/compactrio/performance-controller
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