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„100fach schneller als eine Standard-SPS“

Interview: Knut Lauer vom TRsystems-Systembereich Unidor zur Entwicklung der combiBOX
„100fach schneller als eine Standard-SPS“

Weil sich mit den üblichen Zykluszeiten einer SPS nicht alle Prozesse in der Umformtechnik präzise genug steuern ließen, entwickelte der Systembereich Unidor der Pforzheimer TRsystems GmbH eine aktive Busklemme. Anstelle üblicher Standard-E/A-Module übernimmt die combiBOX gezielt die Aufgaben, bei denen Geschwindigkeit gefragt ist. Die elektro Automation sprach mit Geschäftsführer Knut Lauer über die Entwicklung des Systems und Einsatzbereiche abseits der Umformtechnik.

Das Interview führte Michael Corban, Chefredakteur elektro Automation

elektro Automation: Herr Lauer, warum ist den Umformtechnikern eine SPS nicht schnell genug?
Lauer: Schnellläuferpressen erreichen heute bei hohen Umformkräften durchaus 300 Hübe pro Minute. Um etwa die Aufgaben rund um die Werkzeugüberwachung präzise erfüllen zu können, verlangen die Techniker eine hohe Auflösung – wir sprechen hier von einer Unterteilung in 0,1- oder sogar 0,05-Grad-Schritte. Bei den hohen Hubzahlen bewegen wir uns dann im Bereich einiger Mikrosekunden. Noch gravierender wird das beim Schnellstanzen, wo die Hubzahlen eine Größenordnung höher sind. Eine Standard-SPS mit einer Zykluszeit von einigen Millisekunden genügt also nicht mehr. Entscheidend ist aber, dass diese hohe Geschwindigkeit bei der Signalverarbeitung nur in Teilen der Maschine oder Anlage benötigt wird – genau das führte uns zur Entwicklung der combiBOX.
elektro Automation: Wie erreichen Sie die erforderliche hohe Geschwindigkeit?
Lauer: Die combiBOX arbeitet nicht zyklisch wie die SPS, sondern sie verarbeitet die Signale parallel – mit Hilfe eines programmierbaren FPGAs. Damit erreichen wir eine Prozesssignalzeit, die 100fach schneller ist als die einer Standard-SPS. Anders ausgedrückt heißt das, dass wir analoge Messsignale im Abstand von nur fünf Mikrosekunden verarbeiten können. Damit lassen sich ultraschnelle Regelungen umsetzen, bei denen statt einer Messung pro Millisekunde vielleicht zehn oder sogar 100 Messungen pro Millisekunde notwendig sind. Das gilt vor allem auch für Prozesse mit Analog-Messwerten, die nicht nur im Bereich der Umformtechnik häufig anzutreffen sind. Entsprechend haben wir natürlich unser Augenmerk auch auf eine leistungsfähige Analog-Digital-Wandlung gelegt.
elektro Automation: Da ja nicht jeder Prozess diese hohe Verarbeitungsgeschwindigkeit benötigt – wie lässt sich die combiBOX in das Steuerkonzept einer Maschine einbinden?
Lauer: In einer normalen modular aufgebauten SPS ist einer CPU-Einheit eine Reihe von E/A-Modulen zugeordnet. Weiß man nun, dass nur einige schnelle E/As benötigt werden, lassen sich die entsprechenden passiven Module herausnehmen und durch unsere aktive combiBOX ersetzen. Die Installation ist einfach, weil diese ebenso auf der Hutschiene Platz findet und das Steckklemmensystem den Anschluss so leicht wie möglich macht. Muss ich also zehn oder 15 Signale sehr schnell verarbeiten, nutze ich dafür die combiBOX, quasi als Substeuerung. Alle anderen E/As verbleiben wie zuvor bei der Standard-SPS. Daraus ergibt sich auch ein weiterer Vorteil für den Anwender: Die übergeordnete Kontrolle liegt nach wie vor bei der SPS, mit der die combiBOX via Profinet oder EtherCAT verbunden ist; weitere Kommunikationsprofile werden folgen. So lassen sich beispielsweise über die SPS Parameter vorgeben oder mit ihr Start- und Stoppsignale austauschen – diese Kommunikation mit der SPS ist gewollt, obwohl unsere Busklemme als aktives Gerät immer auch eine eigene Steuerungsintelligenz besitzt.
elektro Automation: Lässt sich die combiBOX denn auch als Stand-alone-Einheit nutzen?
Lauer: Prinzipiell geht das und Sinn macht die Stand-alone-Anwendung insbesondere in kleinen Prüfsystemen. Dabei handelt es sich ja überwiegend um überschaubare Automatisierungseinheiten. Verbindet man die combiBOX dazu mit einem kleinen Rechner, ergibt dies eine komplette Steuerung – mit immerhin zwölf analogen und 20 digitalen Eingängen sowie vier analogen und 16 digitalen Ausgängen. Diese Lösung ist immer dann von Vorteil, wenn eine sehr schnelle Prozessverarbeitung gefordert ist – die sich mit der SPS aufgrund der Begrenzung durch die Zykluszeit nicht erreichen lässt.
elektro Automation: Sie nannten bereits die Prüftechnik als Einsatzgebiet neben der Umformtechnik. In welchen weiteren Bereichen sehen Sie Möglichkeiten für den Einsatz der combiBOX?
Lauer: Überall da, wo schnelle Prozesse geregelt werden müssen, im klassischen Automatisierungsumfeld etwa bei Verpackungsmaschinen und in Montageanlagen. Daneben empfiehlt sich der Einsatz zusammen mit Messsystemen, denn hier punktet unsere Lösung wie oben beschrieben mit der Verarbeitung analoger Signale. Nicht zuletzt sehen wir auch Möglichkeiten im Bereich mobiler Maschinen und Anlagen. Denn das Umfeld in der Umformtechnik ist rau – weswegen die combiBOX ein stabiles Aluminium-Strangguss-Gehäuse besitzt. Denkbar ist zum Beispiel der Einsatz beim Motormanagement.
elektro Automation: Die normale SPS punktet aufgrund des modularen Aufbaus mit ihrer Flexibilität. Wie flexibel ist Ihr System?
Lauer: Wir haben lange über einen modularen Aufbau nachgedacht, uns aber für die vorliegende Bauform entschieden – zumal der Clou ja die parallele Verarbeitung per FPGA ist, nur so erreichen wir die hohe Geschwindigkeit. Wer zusätzliche schnelle E/As benötigt, kann weitere combiBOXen dazunehmen. Wir sehen unser System bewusst als Unterbaugruppe – ein Ersatz der SPS ist im Normalfall nicht vorgesehen. Übrigens: Obwohl wir viel schneller als Standard-SPS-Komponenten sind, ist die combiBOX im Einzelfall sogar günstiger als eine vergleichbare SPS-Variante.
elektro Automation: Lassen sich mit der combiBOX denn auch komplexere Regelungen umsetzen und wie einfach ist die Programmierung?
Lauer: Unser Konzept ist sehr leistungsfähig. So lassen sich beispielsweise die Eingänge beliebig koppeln und Regelungen mit P-, I- und D-Anteilen realisieren – all das ist problemlos möglich. Geliefert wird die combiBOX in einer Basisversion, die ohne jede Programmierung bereits über viele Standard-Funktionen verfügt. Zusätzlich bieten wir bezüglich der Programmierung zwei Möglichkeiten an: Einerseits kann man ein C++-Programm schreiben und damit dann direkt die programmierbare Control-CPU der combiBOX ansprechen. Will man allerdings die Geschwindigkeit im Fünf-Mikrosekundenbereich nutzen, empfiehlt sich direkt die Programmierung des FPGAs. Dazu kann sich der Anwender vorzugsweise direkt an uns wenden, zumal wir mit Unterstützung unserer Ingenieurbüros schnell vor Ort zu erreichen sind. Angedacht ist aber auch, dass wir dazu demnächst eine eigene Programmier-Oberfläche anbieten, über die der Anwender diese Funktionen bequem handhaben kann. Das dauert allerdings noch etwas.
elektro Automation: Welches Feedback haben Sie bezüglich der combiBOX aus dem ursprünglichen Bereich der Umformtechnik erhalten?
Lauer: Einer unserer Kunden ist Schuler – und dort hat man erkannt, dass die combiBOX ultraschnelle Aufgaben aus dem Baukasten löst, anstelle einer Spezialentwicklung. Das eröffnet den Maschinenentwicklern ganz neue Perspektiven. Außerdem: Wir bieten jedem Interessenten an, sechs Wochen lang die combiBOX zu testen. Unser Musterkit bietet übrigens schon neben der C++- auch die FPGA-Programmierung, wenn auch über eine zugegeben noch grobe Oberfläche. Verfügbar sind zudem zwei Varianten, die combiBOX A wie beschrieben für analoge und digitale Signale und die combiBOX D als rein digitale Komponente.
elektro Automation: Planen Sie eine noch schnellere Variante, wenn selbst Messzyklen von fünf Mikrosekunden nicht mehr genügen?
Lauer: Bislang genügt das – und bei all dem wollen wir ja auch die Wirtschaftlichkeit im Auge behalten. Die derzeit verwendeten FPGAs sind schon sehr mächtig. Die fünf Mikrosekunden markieren dabei bislang die Grenze, denn die Signale müssen ja auch Ein- und Ausgang passieren. Ob sich daran etwas ändert, hängt nicht zuletzt davon ab, wie schnell die FPGAs zukünftig werden.
elektro Automation: Herr Lauer, wir danken Ihnen für das Gespräch.
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