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„Dem Flaschenhals in der Produktion frühzeitig auf der Spur“

Prozess- und Datenanalyse ermöglichen übergreifende Fabrikplanung
„Dem Flaschenhals in der Produktion frühzeitig auf der Spur“

Die Factory Design Suite von Autodesk ist weit mehr als nur ein 3D-Tool zur Fertigungsplanung. Die mächtigsten Funktionen agieren dabei im Hintergrund um sicherzustellen, dass die geplanten Prozesse auch reibungslos funktionieren. In Zukunft soll es möglich werden, dass auch Änderungen im digitalen Fabriklayout sofort Aufschluss über die Effektivität der Prozesskette geben. Zudem lassen sich bestehende Anlagen oder Hallendetails millimetergenau in die 3D-Planung einbinden – aufwändige Vermessungen können entfallen.

Der Autor: Tobias Meyer ist freier Journalist in Zirndorf

Man ziele verstärkt auf den Mittelstand und „unsere demokratisierten Tools sollen von jedermann leicht bedienbar sein“, sagt Frank Beier, Senior Technical Sales Specialist bei Autodesk zur Planungssoftware ‚Factory Design Suite‘. Dabei handelt es sich um ein fertig geschnürtes Bündel von Autodesk-Produkten, die sinnvoll um kleine Tools erweitert wurden. So treffen sich hier etwa das in der Industrie altbekannte Konstruktionswerkzeug Inventor und die Autocad-Variante aus der Architektur-Sparte, aus der auch das Datenmanagement-Tool NavisWorks stammt. Ein Thema war für Autodesk dabei nicht ganz trivial: Die unterschiedlichen Metadaten, die das jeweilige Planungsmaterial mit sich trägt – denn oft kommen die Zeichnungen aus unterschiedlichen Quellen. In den 3D-Dateien eines Roboters etwa hat der Industriekonstrukteur sämtliche Funktionsparameter hinterlegt, der Fabrikplaner interessiert sich aber viel mehr für die Anschlusswerte und wo diese abgegriffen werden können. Die Suite bietet hier den Vorteil, dass überschüssige Daten ausgeblendet werden und gleichzeitig aufgezeigt wird, wo datentechnisch noch Defizite im verwendeten Material vorliegen.
„Oft werden Fabriken zwar gut geplant, müssen nach der Fertigstellung aber dennoch weiter optimiert werden, weil bestimmte Dinge erst im Betrieb auffallen“, erklärt Beier. Der erste Schritt in der Fabrikplanung liegt daher noch vor dem Layout im Zeichenprogramm. Das Prozessanalyse-Tool PA360 der Factory Design Suite kann gezielt die Herstellung eines Produktes simulieren, wodurch der Flaschenhals der Produktion gefunden werden kann. Der User richtet dabei ein Flussdiagramm ein, wobei er festlegt, welche Prozesse in welcher Reihenfolge stattfinden, wie lange diese dauern und wie schnell etwa die Halbzeuge zwischen den Schritten hin und her wandern. Anschließend können verschiedene Szenarien durchgespielt werden:
  • Was passiert beispielsweise, wenn ein Teil der Prozesskette wegen eines Werkzeugwechsels für eine bestimmte Zeit still steht?
  • Wo benötige ich dann wie viel Pufferkapazität, um die Produktion trotz partiellem Ausfall weiter am Laufen zu halten?
  • Und baut sich dieser Puffer später auch wieder ab?
Läuft schließlich alles rund, werden diese Daten auf das Tool 2D-Optimierung übertragen. Dort können Maschinen und Transporteinheiten (Bänder, Roboter etc.) so platziert werden, dass sie nach den Angaben im Flussdiagramm funktionieren. Daten wie produzierte Stückzahlen und Zeiten werden dann direkt auf der Zeichnung angezeigt. „Momentan funktioniert dieser Schritt nur in eine Richtung, wir können also den vorher angelegten Prozess auf die Zeichnung legen. Wir arbeiten aber derzeit auch an einer Lösung für die entgegengesetzte Richtung, dass also Änderungen an der Zeichnung auch Auswirkungen auf das Flussdiagramm haben“, fährt Beier fort. „Dann könnte man beispielsweise in der 2D-Ansicht eine Maschine anders platzieren und sofort sehen, wie sich das auf die Effektivität der Fertigung auswirkt. Ebenso könnte man eine bestehende Produktion im 2D-Layout nachstellen und anschließend ins PA360 übertragen und dort sehr einfach verbessern.“ Da diese Vorgänge aber äußerst komplex sind, wird eine hundertprozentige Optimierung schwer möglich sein. „Wir wollen den Mittelstand derzeit erst einmal dazu bewegen, neue Anlagen überhaupt in einem sauberen Layout zu planen“, erläutert Beier. „Denn schon das kann häufig die Effizienz steigern, da viele Anlagen nur nach dem Platzangebot, nicht aber nach Sinnhaftigkeit gebaut werden.“
‚Altdaten‘-Gewinnung erleichtert Integration
Der Hochbau kann durch Autocad Architecture ebenfalls im Systemrahmen der Factory Design Suite geplant werden. Der für die Maschinenplanung verantwortliche Layouter sieht später nur das für ihn nötige Gerippe. Häufig werden Produktionsanlagen aber nicht auf der grünen Wiese von Grund auf neu gebaut, sondern zwischen andere Abschnitte der Fertigung eingeschoben oder eine bestehende Anlage wird nur erweitert. Der Layouter kann dabei die bestehende Struktur nur schwer in die 3D-Planung miteinbeziehen. „Bisher mussten bestehende Hallen und Anlagen dafür aufwändig vermessen werden – und wenn die Daten dann im System waren, hat man gemerkt, dass man doch etwas vergessen hat“, berichtet Beier. Was nicht so schlimm ist, wenn die Örtlichkeit um die Ecke liegt. Doch selbst im Mittelstand entsteht eine neue Produktion oft auf der anderen Seite des Planeten, während die Planung hierzulande stattfindet. Oder der Maschinenbauer plant eine Anlage für einen OEM, von dem er aber kein vollständiges, aktuelles Abbild der bestehenden Struktur erhält, da die Fertigung seit dem letzten Zeichnungsstand mehrfach undokumentiert umgebaut wurde. „Oft bekommt der Anlagenbauer dann ein plattgedrücktes DWG der Halle und kann sich so zwar an das Stützenraster halten, weiterer Kontext fehlt aber oft. Wo sich Klimatisierung, Zu- oder Abwasserleitungen befinden und welche Kapazitäten diese bieten, muss dann mühsam nachgepflegt werden“, so Beier.
Die Lösung bieten Punktewolken. Ein Lasersystem wird in der Halle aufgestellt und erfasst alles in seinem Blickfeld. Jede Fläche und Kante wird durch hunderte automatisch erfasste Punkte exakt definiert. Ist die bestehende Struktur komplexer, muss das Lasersystem für mehrere Messungen versetzt werden, bis ein komplettes Bild entstanden ist. Wird dabei nicht exakt gearbeitet, steigt schnell die Messtoleranz. „Rein technisch würden die Systeme aber auf 200 m Entfernung nur um etwa 2 bis 3 mm abweichen“, betont Beier. Jede Maschine und ihre Infrastruktur wie Zuleitungen und Materialzuführungen werden so automatisch im Detail erfasst, ebenso allgemeine Hallenteile wie Säulen, Brandschutz oder die schon vorhandene Klimatisierung. Die Laser seien dabei so schwach, dass man sie ohne Augenschutz passieren könne, die Erfassung kann daher sogar im laufenden Betrieb erfolgen.
Ein perfektes Abbild entsteht so aber noch nicht, daher müssen die Punktwolken durch das Tool ReCap von Schatten bereinigt werden, die zum Beispiel entstehen, wenn ein Gabelstapler durch die Messung fährt. Zudem können Teile entfernt werden, die für die Planung keine Rolle spielen oder nur zufällig im Bild waren, etwa eine über die Mittagspause abgestellte Gitterbox. Ist alles bereinigt, kann ReCap die Punktwolken an die Mock-up-Software NavisWorks weiterreichen, die sich um sämtliche 3D-Anliegen der Suite kümmert. Hier kann der Layouter nun einfach eine 3D-Ansicht seiner Anlage aufrufen und die Punktewolke sowie den 3D-Gebäudeplan aus Autocad Architecture darüber legen. So kann er kontrollieren, ob sein Layout mit den bestehenden Strukturen kollidiert oder ob in den neuen Hochbauplänen noch etwas angepasst werden muss.
Darüber hinaus können die Punktewolken auch als Grundlage für neue 3D-Modelle genutzt werden. So können in Inventor neue Modelle von bestehenden Maschinen oder in Autocad Architecture schon bestehende Gebäude sehr einfach und genau angelegt werden. Die entsprechenden Metadaten können dann ebenfalls für die komplette Fabrik dokumentiert werden, sprich die Abwärme der Maschine oder deren Wasser- und Strombedarf ebenso wie die Durchflussmengen von Wasserleitungen oder Traglasten. So kann schnell überprüft werden, ob alles Nötige vorhanden ist und ob eventuell etwas angepasst werden muss.
Dokumentation des Ist-Zustandes fällt leicht
Zukünftig soll diese Technik auch als Dokumentationstool nutzbar sein: „Oft wird ja in einer Halle für sechs Monate produziert, dann kommt ein neues Produkt hinzu und es wird entsprechend umgebaut“, sagt Beier. Durch eine schnell erstellte Punktewolke kann nun jeder neue Stand der Produktionsanlage dokumentiert werden. Zudem könne man so überprüfen, ob der Vertragspunkt ‚gebaut wie geplant‘ auch eingehalten wurde: Nach Fertigstellung wird die Punktewolke mit dem 3D-Plan abgeglichen. So können etwaige Abweichungen schnell identifiziert und beurteilt werden.
Da die 3D-Daten innerhalb der Factory Design Suite kompatibel sind bezüglich ihrer Metadaten, können die entsprechenden Programme diese nicht nur anzeigen, sondern auch aktiv nutzen: „Autocad Architecture berechnet aus Abwärme- und Heizanlagendaten etwa, an welchen Orten der Arbeiter zuerst zu frieren beginnt. Dort kann man dann einfach besser isolieren. Und an Orten, die schlecht mit Frischluft versorgt werden können, platziert man dann am besten nur Robotor“, so Beier abschließend. Das wäre allerdings eine Planung, die in jedem Aspekt vom Idealfall ausgeht, sprich für jede Fragestellung – wo ist der effektivste Ort für die Maschine, wo sind alle Anschlüsse vorhanden, wo ist es am angenehmsten für den Arbeiter usw. – eine ideale Antwort parat hat, die gleichzeitig nicht mit einem anderen Punkt kollidiert. In der Realität müssen hier in allen Bereichen Kompromisse gefunden werden. Die umfassende Planung in einer einzigen Softwareumgebung samt allen Metadaten hat in Bezug auf diese Kompromisse entscheidenden Vorteile: Je mehr über ein System bekannt ist, desto besser kann bereits in der Planung auf Details eingegangen werden, die zugunsten anderer, eventuell unveränderbarer Parameter angepasst werden müssen. So sind etwaige Auswirkungen auf andere Teile des Gesamtsystems besser ersichtlich.

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