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Standards und Usability

Wago stellt integrierte Engineering-Software für die Automatisierung vor
Standards und Usability

Mit e!Cockpit hat Wago eine vollständig integrierte Engineering-Software für die Automatisierung angekündigt, die auf Codesys 3 basiert. Bei der Entwicklung stand vor allem die einfache Handhabung im Vordergrund. Mit welcher Zielsetzung e!Cockpit entwickelt wurde und über welche Funktionalitäten die Programmierumgebung verfügt, erklärt Dr. Sven Kreft, Produktmanager bei Wago. Die offizielle Markteinführung findet im August statt.

Das Interview führte Andreas Gees, stv. Chefredakteur elektro AUTOMATION

elektro AUTOMATION: Das Engineering ist ein enormer Kostenfaktor innerhalb des Automatisierungs-Prozesses. Welche Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang der Engineering-Software zu?
Kreft: Analysen verdeutlichen den Stellenwert, den das Engineering heute im Maschinen- und Anlagenbau hat: Der VDMA etwa hat herausgefunden, dass 50 bis 70 % der Automatisierungskosten auf das Engineering entfallen, auf das Projektieren und das In-Betrieb-Nehmen. Das lässt sich dadurch erklären, dass in modernen Maschinen und Anlagen bereits mehr als 50 % der Funktionalitäten in der Software abgebildet sind – Tendenz steigend. Die SPS-Programmierung und die Softwaretools stellen also zunehmend ein Differenzierungsmerkmal dar. Darüber hinaus ist das Engineering letztendlich das täglich genutzte Werkzeug, mit dem die Kunden arbeiten, während sie die Hardware einmalig aus der Verpackung nehmen und in den Schaltschrank einbauen. Möchte man also im Entwicklungsprozess Kosten sparen, dann ist das am effizientesten beim Engineering möglich. Hinzu kommt, dass die Gewerke Mechanik, Elektronik, Softwareentwicklung zukünftig weiter zusammenwachsen, die Projekte dadurch auch komplexer werden. Diesen Trends haben wir mit unserer Engineering-Software e!Cockpit Rechnung getragen.
elektro AUTOMATION: Wago unterstützt mit seinen Feldbuscontrollern seit jeher Codesys. Was ist neu an e!Cockpit? Welchen Funktionsumfang bietet das Tool?
Kreft: Bei e!Cockpit handelt es sich für uns zuerst um den Generationswechsel von Codesys Version 2 auf Version 3. Unser Ziel ist es, ein komplett neues Engineering zu entwickeln, ohne dabei das Rad komplett neu zu erfinden. Wir haben mit Codesys 3 eine Technologieplattform zur Verfügung, die in der Steuerungstechnik etabliert und anerkannt ist. Sie ist der Standard für die IEC61131-Programmierung. Aber wir sind noch einen Schritt weiter gegangen und haben die Gelegenheit genutzt, auf dieser Basis ein vollständig integriertes Engineering zu entwickeln. Das bedeutet, dass wir alle Funktionalitäten, von der Konfiguration, der Programmierung über die Visualisierung bis zur Diagnose in einer Software vereint haben – also alles das, was der Automatisierer benötigt, um effizient Projekte zu entwickeln und Steuerungen in Betrieb zu nehmen.
Unsere Softwareentwickler haben deshalb weitere Funktionalitäten zum Standard Codesys 3 hinzugefügt. Ein Schwerpunkt ist dabei die effektive Handhabung unserer Automatisierungshardware. Dazu haben wir in e!Cockpit beispielsweise eine Netzwerkansicht eingeführt, die es ermöglicht, auch größere und komplexe Strukturen zu überblicken, zu konfigurieren und in Betrieb zu nehmen. Diese Ansicht bietet einen sehr guten Überblick über das gesamte Netzwerk und den Betriebszustand aller Geräte. Mit dieser Funktionalität heben wir uns deutlich vom Wettbewerb ab, bleiben aber trotzdem nahe am Standard. Letztlich ist e!Cockpit für uns eine bedeutende Entwicklung und mit erheblichen Investitionen verbunden. Das zeigt deutlich, welchen Stellenwert Wago dem Engineering beimisst.
elektro AUTOMATION: Da aus Sicht der Automatisierer Standards erhebliche Vorteile bieten: Auf welchen weiteren Standards setzt e!Cockpit auf?
Kreft: Moderne Software entwickeln wir mit modernen Sprachen und Methoden. Wir programmieren e!Cockpit in C# und setzen darüber hinaus auf Standards wie .net und html 5. Wir haben uns für Win-dows Presentation Foundation von Microsoft als Basis für die Darstellung innerhalb der Software entschieden. Dabei handelt es sich um das momentan führende Visualisierungs-Framework. In die eigentliche Steuerung haben wir eine Reihe weiterer Standards integriert; ein Beispiel dafür ist OPC UA. Der vordergründige Standard ist jedoch die Programmierung nach IEC61131.
elektro AUTOMATION: Der Anwender möchte eine einfach zu bedienende Software. Wie erfolgt die Bedienung, wie sind die Menüs etc. aufgebaut, ist grafisches Arbeiten möglich?
Kreft: Die Usability ist für uns zweifelsohne einer der wichtigsten Aspekte – und dementsprechend möchten wir auch das Engineering gestalten. Wir haben die grafische Benutzeroberfläche deshalb ganz bewusst an denen moderner Office-Produkte ausgerichtet. Das Erscheinungsbild dieser Bürosoftware haben wir quasi in die Automatisierungstechnik überführt. Jeder Steuerungsentwickler soll sich einfach und schnell damit zurechtfinden, eben genau so, wie er regelmäßig auch mit Office-Werkzeugen arbeitet. Durch die übliche, intuitive Gestaltung der Menüs findet sich jeder Ingenieur schnell zurecht. Ein Grund dafür ist die kontextsensitive Benutzerführung: Funktionen sind immer nur dann sichtbar, wenn sie im entsprechenden Kontext verfügbar sind und der Entwickler sie an aktueller Stelle nutzen kann.
Einzelne ebenso wie mehrere Steuerungen lassen sich per Drag-and-drop platzieren, anordnen und mittels der verfügbaren Protokolle verknüpfen. Die Netzwerkansicht bietet dabei eine gute Übersicht. Ein Ampelsystem signalisiert dem Benutzer, ob das Netzwerk und die Geräte ordnungsgemäß funktionieren. Geräteübersicht und Eigenschaftenliste ermöglichen es, Eingänge mit Variablen zu verknüpfen. Alle Schritte erfolgen grafisch und intuitiv. Da es aber immer auch Ingenieure gibt, die eine Listenansicht bevorzugen, ist außerdem eine detaillierte tabellarische Ansicht integriert. Wir glauben allerdings, dass eine leistungsfähige Grafik der Schlüssel zur bestmöglichen Usability ist.
elektro AUTOMATION: Wago hat eine intensive Zusammenarbeit mit WSCAD angekündigt. Welche Schnittstellen werden unterstützt, beispielsweise zu ECAD, FDT oder OPC?
Kreft: Schnittstellen zum ECAD bieten wir schon heute, beispielsweise beim Smart- Designer, dem Online-Konfigurator für Knoten- und Klemmenaufbauten, Montagepläne und Stücklisten. Der SmartDesigner ist direkt an Eplan angebunden. Darin erzeugte Konfigurationsdaten lassen sich ebenso in e!Cockpit übernehmen. Eine direkte Schnittstelle zu dieser Engineering-Software wird demnächst verfügbar sein. Mit WSCAD möchten wir den gleichen Weg gehen und so den Stellenwert dieser Systeme untermauern. Unser Fokus liegt zum jetzigen Zeitpunkt klar auf Maschinen und Anlagen, wir sehen jedoch auch die Gebäudeautomation als wichtiges Einsatzfeld – und werden e!Cockpit daher zeitnah ertüchtigen, um unsere I/O-Module unter anderem für KNX oder DALI zu integrieren.
FDT unterstützen wir aktuell nicht, die Bedeutung für den Markt ist derzeit zu gering. Eine Integration ist aber prinzipiell möglich. Für FDI sehen wir jedoch eine Zukunft, die Field Device Integration könnte sich als Standard etablieren. Wir haben zur Namur-Haupttagung das DIMA-Projekt vorgestellt, bei dem es ebenfalls um Standardisierung sowie Geräte- und Modulintegration geht.
e!Cockpit bietet außerdem die Möglichkeit, den erzeugten Steuerungscode zu simulieren, ohne dass die Steuerung tatsächlich in Hardware aufgebaut sein muss. In Mathlab oder Simulink erstellter IEC-Code kann direkt importiert werden. Diese Arbeitsweise wird deshalb an Bedeutung gewinnen, da die zukünftige Mechatronik-Entwicklung mittels modellbasierten Entwurfs erfolgen wird. Gerade junge Ingenieure verfügen zunehmend über Erfahrungen mit diesen Tools.
elektro AUTOMATION: Laut Unternehmensinformation wird zunächst der Controller PFC200 unterstützt. Welche Geräte aus dem breiten Portfolio lassen sich zukünftig mit dem Software-Tool konfigurieren, programmieren, etc?
Kreft: PFC200 ist der erste Controller, den wir mit e!Cockpit unterstützen. Er ist seit etwa zwei Jahren im Markt und hat sich in der Codesys-2-Variante bestens bewährt. Mit dieser Hardwareplattform werden wir den Generationswechsel starten. Für diesen stellt der PFC200 die Basis dar. Er ist heute in unterschiedlichen Ausführungen und Baureihen verfügbar, für Canopen, Modbus oder Profibus. Wir werden das Steuerungsportfolio kontinuierlich ausbauen und auf e!Cockpit übertragen. Über feldbusspezifische Geräte-Beschreibungen kann außerdem Thirt-Party-Hardware genutzt werden. Sensoren, Aktoren oder Antriebe, die über einen Feldbus miteinander kommunizieren, können in e!Cockpit eingebunden und in der Netzwerkansicht weitgehend projektiert werden.
elektro AUTOMATION: Ist damit eine nahtlose Skalierung bestehender Projekte von einem Controller auf ein HMI, einen Industrie- oder Panel-PC möglich?
Kreft: e!Cockpit als integrierte Engineering-Software zeichnet sich intern durch eine Kompatibilitätsebene aus. Die Projekte, die mit e!Cockpit erstellt wurden, können auf jeder zukünftigen Wago-Hardware betrieben werden, vom Hutschinen-Controller bis zum HMI. Die Software ist auf Skalierbarkeit ausgelegt, wobei die einfache Bedienung über alle Gerätefamilien hinweg gewährleistet ist. Wurde eine Software für den PFC200 entwickelt, dann lässt sie sich auch auf andere Systeme skalieren.
elektro AUTOMATION: Integriertes Engineering bedeutet ja auch, sicherheitsgerichtete I/Os bzw. Steuerungsfunktionalitäten einzubeziehen. Ist das mit e!Cockpit gewährleistet?
Kreft: Die Problematik wurde von uns berücksichtigt. Zu einem integrierten Engineering gehören selbstverständlich auch Sicherheitsfunktionen. Die Einbeziehung eigensicherer Komponenten und Funktionen erfolgt zeitnah.
elektro AUTOMATION: Wago bietet für seine Controller ja außerdem Linux als Betriebssystem …
Kreft: Die Steuerungstechnik unserer PFC200 setzt auf Linux als Betriebssystem auf. Beim Engineering nutzen wir Windows; damit basieren unsere Lösungen auf dem Besten aus zwei Welten. e!Cockpit hat den Fokus klar auf der IEC61131, die wir auch zukünftig als wichtigste Steuerungsplattform sehen. Mit Linux auf der Steuerungsseite hingegen sind wir unabhängig von Updates bzw. Sicherheitsupdates sowie von der Lizenzpolitik der Softwareanbieter. Die native Echtzeitfähigkeit ist ein weiterer Vorteil. Da hinter Linux eine Open-Source-Community steckt, werden kontinuierlich neue Funktionalitäten hinzufügt. Davon profitieren wir auch in der Steuerung, um beispielsweise besondere Security-Ansprüche erfüllen oder auf eine spezielle Datenbank zugreifen zu können. Linux als Betriebssystem für die Controller erlaubt es zudem, auf Wunsch in C oder C++ zu programmieren und diese Programme auf dem Controller ablaufen zu lassen. Für jede Programmiersprache, für die ein Linux-Compiler verfügbar ist, können damit auch Programme geschrieben und auf der Steuerung genutzt werden.
elektro AUTOMATION: Sind Bibliothekselemente für die einzelnen Geräte bzw. für spezifische Applikationen für den Maschinenbau, die Prozesstechnik oder die Gebäudeautomation verfügbar?
Kreft: Bibliotheken für die Prozess- und Wasserwirtschaft oder die Gebäudetechnik gibt es ja bereits für unsere Codesys-2-Welt – hier bieten wir ein breites Spektrum an Funktionalität. Für die Anwender kommt es darauf an zu parametrieren anstatt zu programmieren. Mit der Einführung von e!Cockpit gehen wir diesen Weg weiter. Wir werden dabei jedoch nicht die bestehenden Bibliotheken einfach nur neu compilieren, sondern zusätzliche Möglichkeiten wie das objektorientierte Programmieren nutzen, um sie zugleich zu verschlanken, zu optimieren und zu vereinheitlichen.
Die Bibliotheken zeichnen sich grundsätzlich durch unterschiedliche Zugriffsebenen aus. Oberhalb des Betriebssystems können versierte Anwender auf alle Funktionen der Bibliothek zugreifen, also auf alle Parameter einer Funktion. Darüber besteht eine Applikationsschicht beispielsweise für Kommunikationsprotokolle, die bereits mit wenigen Parametern beschrieben sind, um sie einfach handhaben zu können. Wiederum eine Ebene darüber werden wir die eigentliche Anwendungsschicht bereitstellen, in der Lösungen für Gebäude- oder Fabrikautomation sowie die Prozesstechnik verfügbar sind, die lediglich parametriert werden müssen. Auch der Import bestehender Projekte ist möglich. Einmal erzeugter Steuerungscode lässt sich jederzeit übernehmen. Der Aufwand bei der Anpassung der Projekte in e!Cockpit ist dabei nur von der Komplexität der Steuerungsprojekte abhängig.

INFO & KONTAKT

WAGO Kontakttechnik GmbH & Co. KG
Tel: 0 571-887-0
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