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Explosionsschutz und Maschinensicherheit

Sicherheits-Schaltgeräte für den Einsatz in explosionsfähiger Atmosphäre
Explosionsschutz und Maschinensicherheit

Wenn Maschinen und Anlagen, die in explosionsgefährdeten Bereichen eingesetzt werden, mit Sicherheits-Schaltgeräten auszurüsten sind, muss der Konstrukteur gleich zwei umfassende Regelwerke beachten. Neben den bekannten Regelungen der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG und der zahlreichen nachgeordneten EN-Normen zur Maschinensicherheit gelten auch die nicht weniger komplexen Bestimmungen des Explosionsschutzes gemäß den ATEX-Richtlinien 94/9/EG und 99/92/EG. Auch für diese anspruchsvolle (Nischen)-Anwendung steht dem Elektrokonstrukteur ein breites Produktspektrum zur Verfügung.

Thomas Rühl ist Produktmanager Explosionsschutz bei der K.A.Schmersal GmbH in Wuppertal

Mit den ATEX-Richtlinien wurden europaweit die Regelungen zum Gas- und Staubexplo- sionsschutz neu geordnet und auch ganzheitlicher betrachtet, als dies zuvor der Fall war. Das Thema ATEX ist den Konstrukteuren von Anlagen der Chemie- und Verfahrenstechnik geläufig und auch den Herstellern von Komponenten für den Explosionsschutz. Sie bieten ein breites Programm von elektrischen Schaltgeräten, die so konstruiert sind, dass von ihnen kein Explosionsrisiko ausgeht; und dies durch Zertifizierungen nachweisen.
Komplexer wird die Angelegenheit, wenn neben dem Explosionsschutz auch das Regelwerk der Maschinensicherheit zu beachten ist. Das ist immer dann der Fall, wenn es um die funktionale Sicherheit, d.h. wenn etwa die Schutztür einer Maschine abzusichern ist, die organisches Schüttgüter oder staubende organische Materialien produziert, verarbeitet, transportiert oder abfüllt. Dann gelten zweierlei Anforderungsprofile und EU-Richtlinien, die keinesfalls deckungsgleich sind.
Zweierlei Risikobeurteilungen
Wenn es um den Explosionsschutz geht, führt der Betreiber einer Maschine oder Anlage gemäß Richtlinie 99/92/EG (ATEX 137) zunächst eine Beurteilung der Explosionsrisiken durch. Deren Ergebnisse, die resultierenden Maßnahmen und der Umfang der Gefährdungsbeurteilung sind in einem Explosionsschutzdokument zu dokumentieren. Hilfestellung bei der Beurteilung sowie bei der Einteilung der explosionsgefährdeten Bereiche in Zonen bieten die Normen EN 60079-10, EN 60079-14 und EN 1127-1. Sie machen Angaben zur normgerechten Projektierung sowie zur Auswahl elektrischer Anlagen.
Wird ein Sicherheits-Schaltgerät für Ex-Bereiche gesucht, ist jedoch auch die ganz normale, dem Konstrukteur vertraute Risikobeurteilung unter dem Aspekt der sicherheitsgerechten Gestaltung von Maschinen (Funktionale Sicherheit) durchzuführen. Die entsprechende Vorgehensweise ist in der Norm EN ISO 13849-1 hinterlegt. Auf deren Basis erfolgen die Auswahl der Sicherheits-Schaltgeräte und die Art der Auswertung der sicherheitsgerichteten Signale, die zur Risikominderung erforderlich sind.
Risikobeurteilung definiert Ex-Zonen
Somit sind hier zwei separate Regelwerke zu beachten, von denen jedes einzelne für sich schon komplex genug ist. Die Risikobeurteilung, die von ATEX 137 gefordert wird, hat für den Anwender bzw. den Maschinenbauer aber einen angenehmen und letztlich Kosten sparenden Nebeneffekt: Für jeden Einbauort eines Schaltgerätes wird definiert, in welcher Ex-Zone es sich befindet. Es gibt also in der Praxis – um ein Beispiel zu nennen – kaum eine durchgängige Zone 21-Maschine. Vielmehr wird das Innere z.B. einer Abfüllanlage für staubförmige organische Stoffe als Zone 20 definiert. Die nähere Umgebung der Beschickungsöffnung sowie Bereiche, in denen sich Staub ablagern kann, ist Zone 21. Und die Anforderungen der Zone 22 gelten in denjenigen Bereichen der Maschine, an denen Staub z.B. aus Undichtigkeiten austreten kann. Ähnliches gilt selbstverständlich für den Gasexplosionsschutz.
Spiegelung des Nicht-Ex-Programms
Für die Praxis der Maschinensicherheit bedeutet das: Wenn es an größeren Anlagen z.B. der Verfahrens- oder Lackiertechnik mehrere Gefahrenbereiche bzw. Schutztüren gibt, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der Konstrukteur Sicherheits-Schaltgeräte in Nicht-Ex-Ausführung sowie für Ex-Zone 1 und/oder 2 bzw. 21/22 benötigt. In diesen Fällen ist es aus Sicht des Maschinenbauers vorteilhaft, für Ex- und Nicht-Ex-Bereiche die gleichen Gerätebauformen zu verwenden und von identischen Anschlussmaßen zu profitieren bzw. – bei Serienmaschinen – je nach individueller Anforderung Geräte der gewünschten Ex-Zone zu verbauen. Deshalb hat die Schmersal-Gruppe ihr Portfolio an Sicherheits-Schaltgeräten nach dem Prinzip aufgebaut, die gängigsten Baureihen des Nicht-Ex-Programms für den Explosionsschutz zu zertifizieren.
Freie Wahl der Technologie
Zum Ex-Programm gehört folgerichtig der Sicherheitsschalter AZ 16, von dem Schmersal bislang weit mehr als 10 Millionen Exemplare gefertigt hat, in Staub-Ex-Ausführung. Auch mehrere Baureihen von Positionsschaltern mit Sicherheitsfunktion sind für die Gas-Ex-Zonen 1 und 2 und die Staub-Ex-Zonen 21 und 22 verfügbar.
Neben diesen elektromechanischen Sicherheits-Schaltgeräten stehen verschiedene Baureihen von berührungslos wirkenden Schaltgeräten mit Zertifizierung für Ex-Bereiche zur Verfügung. Dazu gehören mehrere Baureihen aus der BNS-Serie und der EX-CSS 180, ein zylinderförmiger Sensor mit dem patentierten CSS-(Coded Safety Sensor)-Wirkprinzip, das Toleranz gegenüber Schutztürversatz bietet. Darüber hinaus stellen alle Sicherheits-Schaltgeräte mit CSS-Technologie umfassende Diagnose-Informationen bereit.
Schwerindustrie-Sonderbauformen
In staubexplosionsgefährdeten Bereichen z.B. von Schüttgut-Förderanlagen sowie an Maschinen und Anlagen der Holzverarbeitung verwendet man häufig Seilzug-Notschalter als verlängerte Not-Halt-Schalter. Für diese Anwendungsfelder stehen u.a. die Geräte der Baureihe EX-ZQ 900 im robusten Zinkdruckgussgehäuse zur Verfügung. Sie sind in die Gerätekategorie 3D eingeordnet und können somit in der Staub-Ex-Zone 22 – aufgrund der hohen IP-Schutzart auch in Umgebungen mit Stäuben – eingesetzt werden.
Dem Anwender stehen verschiedene Schalteinsätze mit bis zu vier Kontakten zur Verfügung. Das Seil, über das die Not-Halt-Funktion betätigt wird, kann bis zu 50 m lang sein. Die integrierte Seilrissüberwachung sorgt für Sicherheit auch in kritischen Einsatzfällen. Eine Seilzustands- bzw. -spannungsanzeige erleichtert die Einrichtung und Wartung des Systems über einen Taster am Gehäusedeckel kann der Bediener den Seilzugschalter nach der Betätigung wieder entriegeln.
Während der EX-ZQ 900 als kompaktes, vielseitiges Gerät für industrielle Produktionsanlagen entwickelt wurde, gibt es auch spezielle Heavy-Duty-Bauformen von Seilzug-Notschaltern und Bandschieflaufschaltern in Ex-Ausführung, die u.a. in der Recyclingtechnik und im Bergbau zum Einsatz kommen.
Betriebsmittel für Ex-Bereiche
Die Auswerteeinheiten der Sicherheits-Schaltgeräte, ggf. in Kombination mit Trennschaltverstärkern, befinden sich meistens außerhalb des Ex-Bereichs. Für alle Anwendungen, bei denen das nicht möglich oder erwünscht ist, stehen Sicherheits-Relais-Bausteine mit Zündschutzart „n“ nach EN 60079-15 zur Verfügung, die in einem für diesen Bereich geeigneten Schaltschrank in der Gas-Ex-Zone 2 installiert werden können. In diesen Geräten werden funktionale Sicherheit, sichere Signalverarbeitung und Sicherheitsfreigabe mit dem Explosionsschutz kombiniert. Sie überwachen die angeschlossene Sensorik, Reset-Taster, Not-Halt-Befehlsgeräte, Verriegelungseinrichtungen und Sicherheitssensoren mit der Zündschutzart Eigensicherheit „i“. Die Sensoren können in den Zonen 1 / 2 und 21 / 22 installiert werden.
So komplex die Regelungen zum Explosionsschutz und zur Maschinensicherheit aus Sicht von Konstrukteuren und Anwendern auch sein mögen: Es gibt vieles zu beachten, denn die der Maschinenrichtlinie nachgeordneten Normen sind zahlreich und werden zudem – um immer den aktuellen Stand der Technik widerzuspiegeln – regelmäßig überarbeitet. So soll die EN ISO 14119 „Sicherheit von Maschinen – Verriegelungseinrichtungen in Verbindung mit trennenden Schutzeinrichtungen“ die bisherige EN 1088 ersetzen. Diese Norm beinhaltet Regelungen für die Auswahl von Sicherheitsschaltern und -zuhaltungen und berücksichtigt den Manipulationsschutz. Auch das ist eine sehr sinnvolle Erweiterung der Vorschriften, denn in der Praxis werden Schutzeinrichtungen häufig manipuliert. ge
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