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Daten und ihre Bedeutung im modernen Anlagenbau

Industrie 4.0
Daten und ihre Bedeutung im modernen Anlagenbau

In jeder Maschine und Anlage stecken Daten, aus denen sich werthaltige Informationen für Maschinenbauer- und Betreiber gewinnen lassen. Durch ein Daten-Retrofit lassen sich diese Datenschätze heben. Dabei sind allerdings verschiedene Herausforderungen zu bewältigen. Neben einem geeigneten Verfahren zur Vorgehensweise ist besonders die Entwicklung und Implementierung des Informationsgewinnungs-Algorithmus nicht zu unterschätzen.

Klaus-Dieter Walter ist CEO der SSV Software Systems GmbH in Hannover

Bei Smartphones haben wir uns längst daran gewöhnt, dass wir als Kunde den Herstellern, App-Anbietern und Mobilfunk-Providern kostenlos wertvolle Daten liefern. Bei modernen Autos ist die Situation ähnlich. Im deutschen Maschinen- und Anlagenbau können sich die meisten Beteiligten noch nicht vorstellen, dass ein Anbieter in Zukunft mit der gleichen Selbstverständlichkeit laufend Produktnutzungsdaten erhält. Dabei ist die digitale Zukunft, besonders im Zusammenhang mit dem Internet der Dinge und Industrie 4.0, ohne vernetzte Produkte als Datenquellen nicht vorstellbar. Hier ist daher ein Umdenken erforderlich. Bisher reichten Kapital und Technologie aus, um erfolgreich zu sein. Durch den Wandel zur Wissensgesellschaft werden in Zukunft zusätzlich Daten und Informationen benötigt, um international wettbewerbsfähig zu bleiben.

Wer benötigt Daten?

Einige Maschinenbauer praktizieren immer noch das alt bewährte Deliver-&-Forget-Prinzip: Man verkauft dem Kunden eine Maschine und freut sich, wenn man danach nicht mehr allzu viel von ihm hört. Schließlich haben Kunden, die sich nicht melden, auch nichts zu reklamieren. Die tatsächliche Kundenzufriedenheit bekommt der Anbieter allerdings so nicht mit. Im IoT-Zeitalter ist dieses Verhalten höchst gefährlich. In Zukunft werden nur die Maschinenbauer ihre Wettbewerbsfähigkeiten steigern können, die am schnellsten auf sich verändernde Kundenanforderungen reagieren können. Da hilft es auf jeden Fall weiter, möglichst viel darüber zu wissen, wie Kunden die jeweiligen Produkte nutzen.

Die meisten Maschinenbauunternehmen haben komplexe Wertschöpfungsketten mit unterschiedlichen Ebenen und Instanzen. Innerhalb dieser Strukturen gibt es zahlreiche Interessengruppen, für deren tägliche Arbeit die Produktnutzungsdaten und daraus abgeleitete Informationen einen erheblichen Wert hätten. Hierzu drei Beispiele:

Service: Die Hauptaufgabe einer Servicemannschaft ist es, die optimale Kundenzufriedenheit für die gesamte Produktnutzungsdauer zu gewährleisten. Dieses Ziel lässt sich in erster Linie über eine wirkungsvolle Unterstützung beim Vermeiden ungeplanter Maschinenstillstände, schnelle Reaktionszeiten im Servicefall und möglichst kurze Lieferzeiten für Ersatzteile erreichen. Dabei helfen der Serviceleitung zeitnahe Informationen zur Nutzungsintensität (Betriebsstunden, Auslastung), die aktuellen Umgebungsbedingungen (Druck, Spannung, Frequenz, Temperatur), Infos zum Vibrationsverhalten sowie Fehler- und Störungsmeldungen.

Marketing und Verkauf: Vom Marketing und dem dazugehörenden Produktmanagement erwartet man detaillierte Vorgaben zur Weiterentwicklung bestehender Produkte. Dazu benötigt man erfahrungsgemäß u. a. Nutzungsinformationen hinsichtlich der einzelnen Produktmerkmale (Fragestellung: Welche Produkteigenschaften werden wie oft genutzt?). Ein Vertrieb sollte über geeignete Informationen mitbekommen, ob der Kunde irgendwelche Erweiterungen gebrauchen könnte und wann es Sinn hat, den Nachfolger für die aktuell genutzte Maschine anzubieten. Mit entsprechenden Nutzungsdaten und den daraus ableitbaren Informationen lassen sich auch proaktive Serviceprodukte verkaufen.

Technologie-Entwicklung: In der Entwicklung liegt die Verantwortung, dass die technischen Daten einer Maschine im Praxiseinsatz beim Kunden auch wirklich geliefert werden. Insofern existiert hier ein großes Interesse an Betriebsdaten und Informationen, aus denen hervorgeht, dass die verkauften Merkmale auch zur Verfügung stehen. Darüber hinaus sind Informationen zu den Umgebungsbedingungen, dem Vibrationsverhalten sowie Fehler- und Störungsmeldungen auch für die Mitarbeiter in der Entwicklung von erheblicher Bedeutung.

Wie kommt man an den Datenschatz?

Zukünftige Maschinen, die von Grund auf neu entwickelt werden, um als Industrie-4.0-konforme Produkte vermarktet zu werden, bieten vermutlich bereits ab Werk verschiedene Möglichkeiten des Datenzugriffs für Hersteller und Betreiber. Vielleicht werden diese Maschinen dann auch nicht mehr verkauft, sondern in erster Linie als Service angeboten. Schließlich will z. B. ein Bierbrauer lediglich sein Bier in Flaschen und Fässer füllen, aber nicht unbedingt eine Abfüllanlage kaufen und betreiben. Bis dahin sind zunächst einmal Retrofit-Lösungen gefragt, mit denen der im Feld installierte Maschinen- und Anlagenbestand nachgerüstet bzw. modernisiert werden kann. Solche Nachrüst-Angebote dürfen aber nicht nur Zustandsdaten an den Maschinenbauer liefern. Sie müssen auch für den Maschinenbetreiber einen echten Mehrwert bieten, beispielsweise Informationen zur Produktionsleistung und zum Energiebedarf einer Maschine innerhalb einer Produktionslinie.

Technisch sollte eine Daten-Retrofit-Lösung möglichst unabhängig von der Maschinensteuerung (SPS) und den in der Maschine bereits verbauten und mit der SPS verbundenen Sensoren sein. Mit anderen Worten: Ein Eingriff in die zeitkritische Control-Loop aus Sensoren, SPS und Aktoren ist möglichst zu vermeiden. Dadurch lassen sich auch zusätzliche IT-Security-Risiken vermeiden. Für ein Daten-Retrofit werden daher aufgabenbezogene Sensoren, ein geeignetes I4.0-/IIoT-Gateway plus die Softwarekomponenten zur Informationsgewinnung benötigt.

Wie sollte man vorgehen?

Die Entwicklung einer speziellen I4.0-Retrofit-Lösung erfordert ein systematisches Vorgehen, möglichst mit Hilfe agiler Methoden. Zunächst einmal werden sowohl ein Informations- als auch ein Datenmodell benötigt. Bei dieser Modellentwicklung spielen folgende Fragen eine wichtige Rolle:

1. Welche Informationen (Wissensfragmente) sind für die Interessengruppen beim Maschinenbauer und -betreiber wertvoll?

2. Welche Daten und Methoden sind zur Informationsgewinnung erforderlich?

3. Mit Hilfe welcher Sensoren und messtechnischer Verfahren lassen sich die Daten erzeugen?

Für die Antworten ist in der Regel ein interdisziplinär zusammengesetztes Team erforderlich. Liegen die Antworten vor, sollte auf jeden Fall zunächst ein Prototyp gebaut und im Rahmen eines Feldversuchs getestet werden. Innovative Lösungen mit hohem praktischem Nutzen benötigen erfahrungsgemäß mehrere Fragen-und-Antworten-Prototyp-Feldtest-Iterationen.

Vor der Auswahl der Sensoren muss in jedem Fall feststehen, welche Informationen am Ende benötigt werden. Der Markt bietet zwar für nahezu jede Messgröße eine Vielzahl in Frage kommender Sensoren an. Um aber aus den Sensorrohdaten die werthaltigen Informationen zu gewinnen, sind zahlreiche Zwischenschritte erforderlich. Dazu gehört zunächst einmal die Auswahl eines geeigneten messtechnischen Verfahrens inklusive Kalibrierung für jeden einzelnen Sensor, um die zur Messgröße passenden Daten zu erzeugen. Dafür ist ein umfangreiches Spezialwissen erforderlich.

Liegen die Messgrößen-bezogenen Daten im Gateway vor, werden mit Hilfe eines geeigneten Algorithmus die benötigten Informationen gewonnen. Für den Entwurf und die Implementierung eines derartigen Informationsgewinnungs-Algorithmus wird ein breites Datenanalyse-Knowhow benötigt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass zur Informationsgewinnung verschiedene Sensordaten einer Maschine miteinander verknüpft werden. Um zum Beispiel einen Maschinenschaden eindeutig vom Überlastungsfall unterscheiden zu können, muss der Algorithmus die Daten einer Strom- und Spannungsmessung mit den Ausgaben eines bildgebenden Sensors zur Objekterkennung verknüpfen.

www.ssv-embedded.de

Weitere Informationen über das Industrielle

Cloud-Gateway mit Multi-Cloud-Support

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