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Integration erspart separate, fehlersichere Überlastelektronik

PL-d-zertifiziertes elektromechanisches Snag-Overload-System verhindert Überlast
Integration erspart separate, fehlersichere Überlastelektronik

Pintsch Bubenzer hat mit seinem Snag-Overload-System (SOS) ein elektromechanisches Überlastsystem entwickelt und nach EN ISO 13849-1 Performance Level d zertifizieren lassen. Verbaut sind dazu zwei fehlersichere, analoge Eingangsbaugruppen aus dem Simatic-ET-200M-Spektrum, die zusammen mit der ohnehin vorhandenen fehlersicheren Simatic S7-300F normenkonform Schäden beim Betrieb von Container-Kranen verhindern.

Der Autor Michael Schreiter ist Promoter in der Business Unit Factory Automation der Division Digital Factory bei der Siemens AG in Köln

Verkantet sich der Spreader beim Heben eines Containers aus einem Schiff, kann es im schlimmsten Fall zur unkontrollierbaren Überlast (snag overload) kommen. An Container-Krananlagen stellen deswegen Snag-Overload-Systeme (SOS) sicher, dass die Situation jederzeit unter Kontrolle bleibt. Neben platz- und wartungsaufwändigen hydraulischen sind dabei insbesondere elektromechanische SOS von Interesse, weil sie einen hydraulikfreien Überlastschutz ermöglichen. Zu berücksichtigen sind in diesem Fall aber die Normen EN ISO 13849-1 oder IEC 62061, um Konformität mit der aktuellen Maschinenrichtlinie 2006/42/EG und somit Exportfähigkeit und Haftungssicherheit zu erreichen.
Mit dieser Situation sah sich auch der Hersteller von Sicherheitsbremssystemen Pintsch Bubenzer aus Kirchen-Wehbach konfrontiert. Dessen eigenes elektronisches SOS genügte nicht mehr den aktuellen Normen, so dass sich der Bremsenspezialist mangels Alternativen auf dem Markt zu einer Neu- beziehungsweise Weiterentwicklung entschloss. Er baute dazu auf der Sicherheitssteuerung Simatic S7 von Siemens auf, die für das fehlersichere Auslösen der Sicherheitsbremsen ohnehin erforderlich ist, und ergänzte das System um zweikanalige Lastmesszellen. Diese Lastmesszellen mit integrierten, schnellen Messverstärkern für die Lasterfassung und Einzelseilabsicherung (Single Rope Protection/SRP) sind im Kraftfluss der Tragseile für jede Ecke des Spreaders installiert.
Sicherheit mit wenig Mehraufwand
Herzstück der ersten TÜV-zertifizierten, fehlersicheren „Snag-Load-Steuerung mit Einzelseilabsicherung für Einzelhubwerke“ ist wie im bisherigen System eine fehlersichere Simatic S7-300F mit CPU 315F-2 DP von Siemens. Neu hinzugekommen sind zwei fehlersichere, analoge Eingabebaugruppen SM336 (F-AI6, 4-20 mA) aus dem Simatic-ET-200M-Spektrum. Anders als die Standard-Baugruppen sind letztere intern zweikanalig aufgebaut und zertifiziert für Anforderungen bis Performance Level e gemäß der oben genannten, harmonisierten EN ISO 13849-1 sowie bis Safety Integrity Level 3 gemäß IEC 61508. Die beiden integrierten Prozessoren überwachen sich gegenseitig, testen automatisch die Ein- beziehungsweise Ausgabeschaltungen und versetzen die fehlersichere Signalbaugruppe im Fehlerfall in einen sicheren Zustand. Die F-Baugruppen erkennen und melden auch Kurzschluss und Drahtbruch eigenständig. Die Kommunikation zur F-CPU erfolgt dabei über das sicherheitsgerichtete Profisafe-Profil.
„Die einfache Integration in die ohnehin vorhandene Sicherheitssteuerung erspart eine separate, fehlersichere Überlastelektronik und wir konnten mit dem vertrauten Engineering-System weiterarbeiten und damit den Engineering-Aufwand minimieren“, berichtet Dirk Faust, Manager Electronic Development bei Pintsch Bubenzer. Und: „Die integrale Lösung erspart Verdrahtungsaufwand zur übergeordneten Kransteuerung.“
Sicherer Schutz vor Überlast in allen Betriebsarten
Pintsch Bubenzer führt die Signale der zweikanaligen Lastmesszellen auf zwei Wegen zur F-CPU: einmal direkt über den ersten Kanal der F-AI-Baugruppe und einmal über schnelle Grenzwertschalter und den zweiten Kanal der F-AI-Baugruppe. Die Steuerung rechnet die erfassten Ströme (in mA) in Kräfte (in t) um und vergleicht die Signale. Im Normalbetrieb sind beide identisch und die Last kann gehoben und bewegt werden. Nähert sich die Last dem in einem sicheren Datenbaustein hinterlegten Grenzwert, erhält der Kranführer bei 90 % zunächst einen Warnhinweis, bei über 110 % verhindert die Sicherheitssteuerung das weitere Heben der Last. Ein Senken ist in diesem Fall aber weiterhin möglich.
Wird zum Beispiel durch Verkanten des Spreaders in der Schiffszelle die zulässige Kraft überschritten, greifen unabhängig von der Sicherheitssteuerung ein mechanischer und ein elektronischer Schutzmechanismus:
  • Zum einen trennt die mechanische Sicherheitskupplung innerhalb einer Millisekunde den Motor vom Getriebe. Das Öffnen der Kupplung wird über einen Sicherheitssensor erkannt. Das reduziert die Gefahr einer Überlast durch Massenträgheit. Gleichzeitig werden die elektrohydraulischen Betriebsbremsen auf der Getriebeeingangsseite und die Sicherheitsbremsen an den Seiltrommeln ausgelöst, wobei letztere prinzipbedingt schneller schließen. Die Last wird sicher abgefangen, ein Reversieren der Seiltrommeln und Schäden an Motor, Getriebe und Kranstruktur werden verhindert. Nach einer kurzen Überprüfung der Antriebseinheit und dem Wiedereinrasten der Kupplung kann der Normalbetrieb wieder aufgenommen werden.
  • Die zusätzliche Single Rope Protection erkennt über Grenzwertschalter eine Überlast an jedem einzelnen Seil. Das zusätzliche, schnelle Sicherheitsrelais aktiviert unabhängig von der Sicherheitssteuerung auch dann die Bremsen, wenn die Überlastschwelle der Sicherheitskupplung noch nicht erreicht sein sollte. So werden Überlasten grundsätzlich deutlich schneller erkannt als mit konventionellen, hydraulischen Systemen und die auftretenden Seilkräfte insgesamt verringert. Zur Entspannung der Seile nach einem Fehlerfall können die Betriebsbremsen über Umrichter der Baureihe Sinamics G120 motorisch geöffnet und Lasten kontrolliert abgesenkt werden.
Kurze Reaktionszeiten sind vor allem beim Heben leerer Spreader von Bedeutung, da dies meist mit doppelter Geschwindigkeit erfolgt, um die Taktzeiten zu verkürzen. Dazu werden zusätzlich die Signale der Twistlocks am Spreader erfasst und Überlastpunkte für die Grenzwertschalter von der SOS-Sicherheitssteuerung automatisch herabgesetzt.
Über kranspezifische Grenzwerttabellen und Betriebsartenumschaltung lassen sich für verschiedene Betriebsarten (Single, Twin20, Tandem Spreader) und Fehlerfälle (Überlast gesamt, linke oder rechte, See- oder Landseite) individuelle Sicherheitsparameter einstellen. Diese sind grundsätzlich vor Veränderungen geschützt, können jedoch für die turnusmäßige Rekalibrierung der Lastmesszellen zugänglich gemacht werden. Die Sicherheitsparameter sind in fehlersicheren Datenbausteinen als Integerwerte hinterlegt und werden über das Betriebsartensignal von der Kransicherheitssteuerung zu der SOS-Sicherheitssteuerung über Profisafe auf der Basis von Profibus oder Profinet angewählt.
Transparenter durch neues HMI
Weiterentwickelt hat Pintsch Bubenzer auch sein HMI-System (Human Machine Interface). Statt eines Textdisplays liefert nun ein Simatic KTP600 Basic Panel von Siemens in der Schaltschranktür detaillierte Informationen zum laufenden Betrieb. Sämtliche Informationen stehen über die fehlersichere Anbindung der SOS-Steuerung auch auf der überlagerten Kransicherheitssteuerung zur Verfügung. Diese Verknüpfung wird erleichtert, wenn die Kransteuerung vom gleichen Hersteller kommt und die Visualisierung unter Simatic WinCC vorgenommen wird.
Der einfache, integrierte Aufbau des SOS mit zertifiziert fehlersicheren Analog-Eingabebaugruppen hat übrigens gleich im ersten Anlauf den Zertifizierungsprozess erfolgreich durchlaufen. Auch in der Praxis hat sich das fehlersichere, elektronische Snag-Overload-System von Pintsch Bubenzer schon kurz nach seiner Zertifizierung und Einführung weltweit etabliert. Es wurde mittlerweile von einem der größten Hafenbetreiber als Standard spezifiziert und wird von vielen namhaften Kranherstellern eingesetzt. Alles in allem schützt die Neuentwicklung bislang rund 40 Krananlagen zuverlässig vor Schäden durch Überlast. Das ist Motivation genug für den Hersteller, die bewährte Lösung zeitnah auf das neue Engineering Framework TIA Portal zu übertragen, um noch mehr als bisher von der systemweiten Durchgängigkeit – über SPS, HMI und Antriebe hinweg – zu profitieren. co

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Tel.: 0911 895-0
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