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Das industriell hergestellte Unikat im Visier

Modulares Maschinenkonzept ermöglicht hohes Maß an Flexibilität und Individualität
Das industriell hergestellte Unikat im Visier

Ein gemeinsam von Siemens und Festo entwickeltes Multi-Carrier-System ermöglicht hochflexible Lösungen – von Vorteil insbesondere in Branchen mit einer hohen Produktvielfalt. Optima zeigt dies mit einer Abfüll- und Verpackungsmaschine, die bei kontinuierlicher Produktion – bei Bedarf auch mit mehreren Formaten auf einer Linie – sogar Losgröße 1 produzieren kann.

Der Autor: Marco Gierden, Business Development Packaging Machines, Siemens

Die hohe Zahl an Produktvarianten wie in der Kosmetikindustrie, der schnelle saisonale Wechsel wie in der Nahrungs- und Genussmittelindustrie oder das industrielle Anfertigen von Unikaten, die der Endkunde per Online-Konfigurator zusammenstellt – Anforderungen wie diese lassen sich mit einem gemeinsam von Siemens und Festo entwickelten Multi-Carrier-System lösen. Das modulare Konzept ermöglicht die Integration in bestehende Maschinen und Transportlösungen und zielt somit nicht nur auf Neuentwicklungen, sondern auch den schrittweisen Umbau bewährter Systeme – für einen effizienten Übergang in den digitalen Maschinenbau.
Wie sich der gesamte Prozess innerhalb einer Anlage so flexibilisieren lässt, dass auch individuelle Produkte mit den Mitteln der industriellen Massenproduktion hergestellt werden – bis hin zur Losgröße 1 – zeigt eine Pilotanlage für die Kosmetikindustrie von Optima, eine modulare Abfüll- und Verpackungsmaschine. In ihr löst das Multi-Carrier-System die Transportaufgaben erstmals nicht auf Basis eines starren, sondern eines besonders flexiblen individuellen Materialflusskonzepts. Die Idee dabei: Innerhalb der Anlage bewegen sich die zu befüllenden Behälter wie beispielsweise Flaschen, Dosen oder Flacons einzeln auf multiformatfähigen, individuell ansteuerbaren selbstfahrenden Wagen (den so genannten Carriern), die über Linearmotoren angetrieben werden. Um Staus zu vermeiden, bewegen sich diese innerhalb der Maschine nach den Regeln des Schwarmverhaltens – entweder einzeln oder in der Gruppe – synchron zum Prozess.
Bei diesem Konzept lassen sich Carrier leicht in die Anlage ein- und ausschleusen, so dass die Maschine schnell auf unterschiedliche Formate, andere Produktarten oder saisonale Anforderungen umgestellt werden kann. Und da die einzelnen Carrier dank integrierter RFID-Chips sämtliche Informationen, die die Maschine zum Realisieren des Endprodukts braucht, mit sich tragen, können auf der Anlage auch Einzelanfertigungen industriell hergestellt werden. Denn somit weiß sowohl das einzelne Produkt, der einzelne Carrier als auch das einzelne Maschinenaggregat – zu jedem Zeitpunkt der Produktion! –, was wie in welchem Umfang erledigt werden muss.
Kontrollierte Bewegungsführung hält Schwappen im Griff
Das von Siemens gelieferte Motion-Control-System Simotion sowie die leistungsfähigen Antriebe Sinamics S120 ermöglichen dem Multi-Carrier-System eine individuell auf das Schwappverhalten des Inhalts abgestimmte Bewegungsführung, um ein Verschmutzen der Anlage zu vermeiden – und damit schwingungsfreien Transport bei höchster Dynamik mit Geschwindigkeiten von bis zu 4 m/s sowie Beschleunigungswerten von bis zu 50 m/s² im geregelten Betrieb. Wobei die Liniengeschwindigkeit für die zukünftigen Kunden der Maschine eine eher untergeordnete Rolle spielt. „Der Markt fordert immer schneller immer unterschiedlichere Produkte“, erläutert Rainer Feuchter, CEO bei Optima. „Mit dem modularen Maschinenkonzept kann ich heute Systeme und Funktionen austauschen – und nur auf diese Weise ist die Maschine auch zukunftsfähig!“
Aufgrund der Fülle an Anforderungen in punkto Software, Elektronik, Mechanik, Pneumatik und Automatisierung, haben die Experten von Optima von Anfang an großen Wert darauf gelegt, dass die gesamte Maschine als mechatronisches Gesamtsystem simulierbar ist und sämtliche Umrüstprozesse virtuell plan- und umsetzbar sind. Bereits die Konstruktion der Maschine erfolgte mit PLM-Software von Siemens, wie unter anderen dem auf NX basierenden Mechatronics Concept Designer, wodurch umfassende Modellierungs- und Simulationsmöglichkeiten des Maschinendesigns umsetzbar sind. Auf diese Weise konnten die Experten von Optima ihre Ideen überprüfen und weiterentwickeln, bevor die eigentliche Realisierung begann. Dabei galt es für die Maschinensimulation folgende Fragen zu klären:
  • Welche Waren werden wie transportiert?
  • Aus welchem Material sind sie und welches Gewicht haben sie?
  • Welche Form und welches Gewicht besitzt die Verpackung?
  • Bei welchem Produktionsschritt müssen die Carrier wie gruppiert beziehungsweise vereinzelt werden?
Während des Baus der Maschine füllten die Experten von Optima dieses Modell nach und nach mit den Daten der realen Maschine. So wuchs parallel eine ‚virtuelle Maschine‘ heran, die nicht nur zum begleitenden Validieren, sondern auch als virtueller Zwilling genutzt werden kann. An diesem Zwilling können über den gesamten Lebenszyklus der Maschine hinweg Umrüstvorgänge simuliert und Materialflussanalysen erstellt werden.
Große Innovation liegt in der Software
Die flexible Systemlösung ermöglichen der Einsatz von Standardkomponenten wie Sinamics S120 und Simotion im Zusammenspiel mit abgestimmter Software. Im Vordergrund steht dabei ein ganzheitlicher Ansatz – beginnend bei der Konzeptplanung bis hin zur lauffähigen Maschine über alle Engineering-Phasen hinweg. Somit ist es möglich, die CAD-Daten im Mechatronics Concept Designer zu übernehmen und die Maschine anschließend ‚lebendig‘ zu machen, also die Abläufe zu simulieren und unmittelbar Optimierungspotential zu erkennen. Diese Erkenntnisse bilden wiederum die Datenbasis für den Projektgenerator easyProject, ein Bestandteil von Simotion Scout, der automatisiert ein lauffähiges und direkt in das Motion-Control-System ladbares Maschinenprogramm erzeugt.
Die Softwarearchitektur ist dabei so aufgebaut, das jeder Carrier technisch einer virtuellen Achse im Antriebssystem entspricht. Dies ermöglicht das Nutzen sämtlicher Freiheitsgrade von Simotion. Die Basisfunktionen des Systems, wie beispielsweise die Kollisionsüberwachung, sind direkt im Antrieb auf Basis einer speziell entwickelten Open-Architecture-Applikation enthalten. Siemens hat also hier sein umfangreiches Know-how im Bereich Automatisierung in die Entwicklung des Transportsystems eingebracht. In der Konstruktionsphase ist eine ebenso flexible Systemintegration mit kundenindividuellen Lösungen erforderlich. Technische Basis für die Bewegung und genaue Positionierung der Transportwagen des Multi-Carrier-Systems sind Linearmotoren von Festo. Bereits heute sind zahlreiche Carrier-Varianten verfügbar und kundenspezifische Versionen jederzeit realisierbar – horizontale und vertikale Anordnungen oder auch verschiedenste Rückführmöglichkeiten.
Mit dem durchgängigen Engineering-Ansatz und dem Know-how der beteiligten Unternehmen konnten die Anforderungen nach höchster Flexibilität und Individualität erfüllt werden. Modulare Maschinenkonzepte ermöglichen minimale Losgrößen bei höchster Geschwindigkeit. Das Multi-Carrier-System leistet dazu einen wesentlichen Beitrag – und verändert den Maschinenbau im Bereich der Verpackung grundlegend. co
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