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Wöhner erweitert die Funktionalitäten des Crossboards

Energieverteilungssystem mit Zukunft
Wöhner erweitert die Funktionalitäten des Crossboards

2016 stellte Wöhner in Rödental mit dem Crossboard ein innovatives Out-of-the-Box-System für den Maschinen- und Anlagenbau vor, mit dem einfache Motorstarter-Kombinationen aufgebaut werden können. Dank zahlreicher Funktionserweiterungen eignet sich das Crossboard nun auch für den breiten Einsatz im Schaltschrank. Philipp Steinberger, CEO von Wöhner, sieht neben den zahlreichen Innovationen, für die Wöhner in der Branche steht, auch die partnerschaftliche Kooperation mit den Kunden sowie Verlässlichkeit als Stärken des Unternehmens.

 

Die Fragen stellte Andreas Gees, stv. Chefredakteur KEM Konstruktion

KEM Konstruktion: Herr Steinberger, was waren die Ideen, die hinter der Entwicklung des Crossboards standen, und haben sich Ihre Erwartungen mit dem Energieverteilungssystem erfüllt?

Philipp Steinberger (Wöhner): Ursprünglich haben wir das Crossboard als ein System konzipiert, mit dem einfache Motorstarter-Kombinationen aufgebaut werden können. Wir haben jedoch erkannt, dass es einen wachsenden Bedarf an Energieverteilungen gibt, nicht nur bei den klassischen Sammelschienen für 600 oder 800 A, sondern im Bereich der Steuerungen, wo normalerweise mit einer Kammschiene oder konventionell verdrahtet wird. Ziel war, die Vorteile der Sammelschiene bis 125 A zu nutzen. Grundgedanke war auch, mittels standardisierter Produkte individuelle Lösungen zu ermöglichen. Wichtig war uns auch, dass unsere Schaltgeräte in allen Basissystemen Verwendung finden können, um die Möglichkeit zur Skalierung zu nutzen.

KEM Konstruktion: Das Crossboard wird direkt auf der Hutschiene oder einer Montageplatte montiert. Können Sie uns noch einmal die Eigenschaften des Energieverteilungssystems erläutern?

Steinberger: Das Crossboard war ursprünglich für die Montage auf der DIN-Tragschiene oder auf der Montageplatte vorgesehen. Das ist für die Motorstarter-Applikationen ausreichend. Für schwere Applikationen mit vielen Geräten ist die direkte Befestigung des Crossboards auf einer Montageplatte vorzuziehen. Mit den aktuellen Erweiterungen unterstützen wir nun auch die werkzeuglose Montage auf Rahmensystemen. Zu den weiteren Eigenschaften des Crossboards gehören die Platzersparnis und das thermische Management. Wir haben auch an die Automatisierbarkeit in der Produktion gedacht und ein System entwickelt, das so einfach zu montieren ist, dass es sich zukünftig auch maschinell montieren ließe. Die Strombelastbarkeit haben wir auf 160 A erweitert, da viele Applikationen im Bereich bis 160 A standardisiert sind. Damit erfüllen wir die Anforderungen der IEC- und der UL-Normenwelt sehr viel besser. Der Kunde muss sich so keine Gedanken über die Kurzschlussfestigkeit machen, sondern kann sein System direkt konfigurieren. So haben wir ein ideales Energieverteilungssystem bis 160 A geschaffen. Es ist Plug-and-play-fähig, bietet Berührungsschutz und schafft Platz und Ordnung im Schaltschrank.

KEM Konstruktion: Modularität ist auch im Maschinenbau ein wichtiges Thema. Was sind die Anforderungen der Kunden bezüglich Modularität? Wie werden diese Anforderungen mit dem Crossboard abgedeckt?

Steinberger: Modularität bedeutet im besten Sinne, aus einem standardisierten Baukasten mit möglichst wenigen Bauteilen viele Anforderungen abzudecken bzw. Varianten zu erzeugen. Das ist ein Aspekt, den das Crossboard bestens erfüllt. Schaut man sich eine übliche Elektroinstallation an, besteht sie meist aus einer Niederspannungshauptverteilung, einer Hauptverteilung und vielleicht mehreren Unterverteilungen, evtl. direkt auch in der Maschine oder in einer Anlage. Diese Struktur können wir mit unseren Sammelschienen abbilden, das entspricht einem Energieverteilungssystem, zu dem unsere komplette Produkt- und Systempalette kompatibel ist. Wir können unsere Lösungen kaskadieren, beginnend bei zum Beispiel einem 800-A-System, darunter lassen sich dann in verschiedenen Konfigurationen weitere Sammelschienen bzw. mehrere Crossboard-Applikationen funktional zuordnen und auf den jeweiligen Crossboards bündeln. Beispielsweise nutzen Kunden im Bereich der Kunststofftechnik und der Prozessautomatisation diese Möglichkeiten und bauen die Sammelschiene direkt in die Maschine.

KEM Konstruktion: Die Spezifikation bis 125 A traf bisher den Großteil der Anwendungen. In einer typischen Applikation erfordern mehr als 80 % aller Antriebe bzw. Abgänge maximal 4 kW. Warum wurde das System erweitert? Welche Anregungen und Wünsche haben die Kunden geäußert?

Steinberger: Die Erfahrungen haben gezeigt, dass das Crossboard nicht nur eine Lösung für den Aufbau von Motorstarter-Lösungen ist, sondern ein vollwertiges Sammelschienensystem. Wir können viele herkömmliche Anwendungen ermöglichen mit sicherungsbehafteten bzw. sicherungslosen Abgängen, Leistungsschalter aufstecken oder Einspeisungen realisieren. Damit sind alle Möglichkeiten offen, die ein herkömmliches Energieverteilungssystem bietet. Unsere Kunden nutzen den Vorteil, mit dem Crossboard nicht aufwendig verdrahten zu müssen. Mit diesem System können sie einen Großteil ihrer Anwendungen erfüllen. Damit wird ein eigentlich für eine spezielle Applikation konzipiertes System zu einer universellen Lösung.

KEM Konstruktion: Wie ist das System spezifiziert? Welche Leistungen sind möglich? Das Crossboard war bisher mit 225 und 405 mm Breite verfügbar, welche Maße sind hinzugekommen?

Steinberger: Die 225 und 405 mm Breite resultieren aus dem Einsatz elektromechanischer und elektronischer Motorstarter. Ein herkömmlicher elektromechanischer Motorstarter ist 45 mm breit, sodass abhängig von der Kombination mit einer Einspeisung eine definierte Anzahl von Abgängen möglich ist. Mit der Erweiterung bieten wir nun ein vollwertiges Sammelschienensystem. Wir möchten den Kunden ideale und effiziente Komplettlösungen liefern, deshalb haben wir die Längen des Boards so angepasst, dass wir für alle gängigen Schaltschrankbreiten ein Crossboard liefern können. Das bieten wir unseren Kunden in den Längen von 225 bis zu 1100 mm.

KEM Konstruktion: Eignet sich das System auch für den Export? Oft werden dreiphasige Systeme mit PE- und Null-leiter gefordert?

Steinberger: Gerade die Märkte in Südeuropa wie Italien, Frankreich oder Spanien und auch die Schweiz sowie die Gebäudetechnik und die Energieverteilung wünschen den fünfpoligen Aufbau. Da wir ein universelles System anbieten möchten, das international nutzbar ist und ständig weitere Anfragen dazu kommen, haben wir Varianten mit dem 4. und 5. Pol entwickelt.

KEM Konstruktion: Welche Bedeutung hat die Elektronik für das Angebots-
spektrum?

Steinberger: Wöhner ist längst zum Anbieter elektronischer Lösungen mit einer eigenen Entwicklungsabteilung geworden. Das wird am Motorstarter Motus C14 deutlich und betrifft auch die Kommunikation auf den Sammelschienen. Unser Ziel ist es, die Datenübertragung direkt zu integrieren, sodass das Crossboard als standardisierte Plattform für die Automation künftig noch universeller genutzt werden kann. Wir müssen mit unserem Angebot flexibel sein, dieser Baukasten muss die Anforderungen der jeweiligen Märkte und Applikationen erfüllen. Das gilt zunehmend auch für DC-Applikationen, die zweipolig aufgebaut sind. Es besteht noch sehr viel Potenzial, um das Crossboard zusammen mit der Systemtechnik entsprechend weiterzuentwickeln.

KEM Konstruktion: Welche Kommunikationslösungen sind für die Zukunft angedacht?

Steinberger: Die neue Generation des Motorstarters Motus bieten wir mit IO-Link an, aber auch mit Modbus TCP. Für uns sind alle üblichen Protokolle und Kommunikationstechniken relevant. Dabei ist es wichtig, die gewünschte Funktion zur Verfügung zu stellen sowie die richtige Messtechnik, die die Daten für die Analytik liefert. Das Thema Vernetzung gewinnt an Bedeutung und das Crossboard wird dem zukünftig Rechnung tragen. Ein innovatives Energieverteilungssystem sollte intelligent sein, über einen Bus kommunizieren und die für die Systemanalyse relevanten Daten liefern.

KEM Konstruktion: Um noch einmal auf das Thema Sicherheit zurückkommen, welche Sicherheitsanforderungen erfüllt das System?

Steinberger: UL- und IEC-Normen beinhalten verschiedene Themen. Sie schreiben zum Beispiel einen gewissen Berührungsschutz vor und definieren neben der Strombelastbarkeit auch die Kurzschlussfestigkeit. Daneben ist das Verhalten bei Überschlägen geregelt sowie die Anforderungen an die mechanische Festigkeit. Beim Betrieb mit und ohne Sicherungen muss die Vorsicherung bestimmte Werte erfüllen. Für diese Parameter sind in der IEC- und der UL-Norm jeweils Norm- und Richtwerte vorgeben, die das Crossboard erfüllt. Da die Komponenten auf das Crossboard gesteckt und werkzeuglos installiert werden, lassen sich Verdrahtungsfehler vermeiden. Da keine Anschlüsse mit falschem Drehmoment kontaktiert werden, sind Ausfälle aufgrund fehlerhafter Kontaktierung ausgeschlossen. Und sowohl die IEC- als auch die UL-Normen stellen unterschiedliche Anforderungen beispielsweise bzgl. des Aufstellungsorts. Unser Ziel ist es, ein möglichst universelles Produkt anzubieten, das sowohl in der IEC- als auch in der UL-Normenwelt einsetzbar ist.

KEM Konstruktion: Was zeichnet die Schaltgeräte aus, die sich auf dem Crossboard einsetzen lassen? Wurde auch hier das Portfolio erweitert?

Steinberger: Mit dem Motus bieten wir einen Motorstarter auf Hybridbasis, der die Vorteile von Relais und Halbleitern kombiniert. Diese Geräte sind mit oder ohne Kommunikation mittels IO-Link verfügbar. Mit dem Motus C14 steht darüber hinaus ein vollelektronischer Motorstarter mit Kurzschlussschutz durch C14-Technologie und IO-Link zur Verfügung. In der Premium-Variante Connect Plus bietet der Motus C14 mit Display und dem interaktivem Bedienkonzept eine hohe Usability, bei der der Benutzer geführt wird und intuitiv sowohl die Einstellungen vornehmen als auch die Fehler suchen kann. Dabei gibt die Bedienerführung bereits Vorschläge, wie diese Fehler behoben werden können. Weitere Funktionalitäten lassen sich als Softwareerweiterung installieren, beispielsweise bzgl. der Softstart- und Frequenzeigenschaften als Frequenzumrichter. Für Geräte anderer Hersteller bieten wir entsprechende Adapterlösungen an, sodass eine beliebige Kombination der unterschiedlichsten Schaltgeräte auf dem Crossboard möglich ist. Mit dem Omus C14 ist ein Gerät hinzugekommen, das speziell für das exakte Schalten ohmscher Lasten mit hoher Frequenz, z. B. bei Heizprozessen, entwickelt wurde.

KEM Konstruktion: In der Automobilindustrie ist das Schaltschrank-Kühlsystem Airstream von Lütze weitverbreitet. Unterstützen Sie mit dem Crossboard auch Konzepte wie dieses?

Steinberger: Wir beobachten, dass die Rahmensysteme in der Industrie an Bedeutung gewinnen. Sie bieten viele Vorteile auch gegenüber der Montageplatte und bilden heute die Basis für viele Schaltschrankaufbauten. So ein Rahmensystem erlaubt es, die Verdrahtung neuartig zu gestalten, sodass auch später erweitert werden kann ohne komplizierte Änderungen. Die Systeme verzichten auf Kabelkanäle und zeichnen sich auch durch thermische Vorteile aus. Deshalb haben wir anstelle eines sogenannten Querstegs einen Bügel entwickelt, der zu diesen Rahmensystemen kompatibel ist und mit dem sich das Crossboard direkt auf dem Rahmensystem montieren lässt. Damit ist es möglich, nicht nur von vorne einzuspeisen, sondern auch rückseitig, sodass weiterer Platz für die Abgänge verfügbar ist. Das erleichtert den Aufbau, weil die großen schweren Leitungen von hinten geführt werden. Bei der Installation, aber auch beim thermischen Management sowie bei der Wartung bieten sich viele Vorteile, die sich in Kombination mit dem Crossboard optimal nutzen lassen.

KEM Konstruktion: Sie beschäftigen sich auch mit dem großen Thema Nachhaltigkeit, das im Moment ja intensiv diskutiert wird.

Steinberger: Mit unseren Basissystemen liefern wir Sammelschienen für den gesamten Bereich der Energieversorgung. Das modulare Portfolio eignet sich für Anlagen im Bereich Automatisation ebenso wie für die Energieverteilung. Das gilt neben dem AC- zunehmend auch für den DC-Bereich. Sollte es eine Applikation geben, die nicht abgedeckt ist, sind wir bereit, auch dafür Lösungen zu entwickeln. Meist ist es jedoch möglich, den Kunden zu zeigen, wie sich Aufgabenstellungen mit dem verfügbaren Portfolio lösen lassen. Durch gezielte Beratung können wir ihnen die Vorteile unserer Basissysteme schnell näherbringen. Unsere Produkte tragen dazu bei, Platz und Energie zu sparen. Da die Geräte dabei durch Messtechnik und Kommunikation intelligenter werden, sind sie bestens geeignet für die Lösung der anstehenden Aufgaben der Energiewende. Wir schauen, dass unsere Kunststoffe nach ökologischen Gesichtspunkten hergestellt und abbaubar sind. Wöhner ist schon heute CO2-neutral. Wir haben einen hohen Aufwand betrieben, unseren CO2-Footprint zu analysieren, wir versuchen, Materialverschwendung zu vermeiden und automatisieren unsere Prozesse, wo es möglich ist. Die Langlebigkeit unserer Produkte und die Schonung der Umwelt sind wie Innovation, Sicherheit und Zuverlässigkeit Aspekte, für die Wöhner steht.

Weitere Details:

http://hier.pro/21eE4

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