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„Parallel zum Energieverbrauch lässt sich auch der Zustand überwachen“

Christoph Behler von Mitsubishi Electric zu Erweiterungen des Energiemanagements
„Parallel zum Energieverbrauch lässt sich auch der Zustand überwachen“

Wer ein System für das Energiemanagement realisiert, kann mit geringem Mehraufwand das Condition Monitoring gleich mit bekommen. Die Architektur beider Lösungen sei vergleichbar, sagt Christoph Behler, Senior Business Development Manager im Bereich Factory Automation bei der Mitsubishi Electric Europe B.V. in Ratingen. Die elektro Automation sprach mit ihm über die technische Umsetzung und Einsatzmöglichkeiten.

Das Interview führte Michael Corban, Chefredakteur elektro Automation

elektro Automation: Herr Behler, warum lassen sich Energie- und Condition-Monitoring miteinander verbinden?
Behler: Beide Systeme besitzen eine vergleichbare Architektur. Sowohl für das Energiemanagement als auch die Zustandsüberwachung werden Daten erfasst, in einer Datenbank gespeichert und anschließend ausgewertet. Erfasse ich nun beispielsweise an einem Pumpenantrieb Strom und Spannung – um damit den Energieverbrauch zu ermitteln – kann ich das parallel dazu auch im Sinne des Condition Monitorings interpretieren. Stelle ich etwa – bei ansonsten gleichbleibenden Randbedingungen, also gleicher Last – einen Anstieg des Energieverbrauchs fest, kann ich schließen, dass wahrscheinlich ein mechanisches Problem vorliegt. Auch wenn ich die Ursache dafür noch nicht kenne, liegt zumindest ein erster Hinweis auf ein mögliches Problem vor. Auf diese Weise lässt sich in einem ersten Schritt parallel zum Energie- auch ein einfaches Condition Monitoring realisieren.
elektro Automation: Wie lässt sich denn in einem weiteren Schritt auch das zugrunde liegende Problem genauer ermitteln?
Behler: Dazu haben wir das SmartCheck System entwickelt, mit dem sich zusätzlich eine Schwingungsanalyse durchführen lässt. Der Grundgedanke dabei ist, dass sich bestimmte Schadensereignisse – etwa ein Lagerschaden oder eine Unwucht im System – über die messbaren Schwingungen und darauf aufbauend eine Fourier-Analyse, aus der sich charakteristische Frequenz- und Amplitudengänge ergeben, eindeutig erkennen lassen. Hierbei greifen wir auf das Know-how unseres Partners Schaeffler FAG zurück, der als Lagerhersteller seine langjährige Erfahrung im Bereich der Schwingungsanalyse einbringt. Für den Anwender wird der Einsatz dadurch sehr einfach: Das FAG-SmartCheck-Modul – als integrierter Teil unseres e-F@ctory OEE Control Packs für das Energie- Monitoring – muss nur am Elektromotor angebracht werden. Es lässt sich anschrauben oder ankleben, für Testzwecke auch mittels Magnet befestigen.
elektro Automation: Muss der Anwender denn an allen kritischen Stellen ein Modul befestigen?
Behler: Nein, das ist nicht erforderlich. Wir schlagen abhängig von der jeweiligen Konstruktion eine Stelle vor, an der sich mit nur einem Modul eine Reihe von Problemen identifizieren lassen. Konkret können auf diese Weise auch mehrere Lager überwacht – und eindeutig identifiziert werden. Nehmen wir als Beispiel ein Lüftungssystem, auf dem sich Staub abgesetzt hat, was in der Folge zu einer Unwucht führt. In der Schwingungsanalyse lässt sich auch diese Unwucht klar von einem Lagerschaden unterscheiden, ähnliches gilt für das häufig auftretende Problem von Achsfehlstellungen, die natürlich langfristig auch zu einem Lagerschaden führen. Die Schwingungsanalyse ist in der Tat so zuverlässig, dass wir in nahezu allen Fällen die Ursache eines Problems richtig identifizieren können – bislang liegt die Quote bei über 99 Prozent.
elektro Automation: Und habe ich das Problem erkannt, kann ich es lösen…
Behler: …und damit frühzeitig einen größeren und wesentlich teureren Schaden vermeiden. Noch entscheidender ist vielleicht, dass der Anwender einen günstigen Zeitpunkt für einen Anlagenstillstand zur Wartung selbst bestimmen kann – und nicht die Anlage durch einen Ausfall diesen erzwingt. Deswegen rechnet sich auch das Condition Monitoring sehr schnell, wenn man die Kosten eines ungeplanten Anlangenstillstands und die dann wesentlich höheren Reparaturkosten miteinbezieht. Plane ich sowieso die Einführung eines Energiemanagements, lohnt sich die Ergänzung zum Condition Monitoring umso mehr. Umgekehrt profitiert übrigens auch das Energiemanagement. Denn beispielsweise ein über einen längeren Zeitraum nicht erkannter Lagerschaden führt ja seinerseits wieder zu einem höheren Stromverbrauch, den ich bei vorausschauender Wartung vermieden hätte. Und insbesondere bei großen Anlagen macht sich schon ein Mehrverbrauch von zehn Prozent sehr schnell bemerkbar. Sind bereits Lagergeräusche zu hören oder ist gar ein Temperaturanstieg festzustellen, kann zudem die Zeit für eine geplante Reparatur knapp werden.
elektro Automation: Arbeitet das SmartCheck-Modul denn mit einer Standardeinstellung oder muss es mehr oder weniger an der jeweiligen Position ‚trainiert‘ werden?
Behler: Das muss es – eine Out-of-the-box-Lösung lässt sich in diesem Bereich nicht realisieren, dafür ist die Varianz der Eingangssignale viel zu hoch. Eine Maschine kann ja beispielsweise auf einer massiven Beton-Bodenplatte stehen oder in einem Schiff verbaut sein – dann ergibt sich jeweils ein gänzlich anderes ‚Hintergrundrauschen‘. Eine benachbarte Presse macht sich in ähnlicher Weise bemerkbar. Konkret lösen wir das so, dass zunächst in einem Teach-in-Modus der Ausgangszustand erfasst und gespeichert wird. Anschließend lassen sich Abweichungen von diesem Zustand dann als Störungen erkennen und analysieren. An dieser Stelle arbeiten der Maschinenbauer, Schaeffler FAG und wir Hand in Hand. Denn es ist wichtig, mögliche Fehlalarme auszuschließen. Vereinfacht gesagt definieren wir einen Schwellwert, ab dem wir von einem Problem ausgehen. Dieser Schwellwert muss aber in einem vorab definierten Zeitraum mehrfach überschritten sein, bevor eine Fehlermeldung als Vor- oder Hauptalarm ausgegeben wird. All das wird bei der recht umfangreichen Parametrierung festgelegt, ist aber in der Regel schnell erledigt. Klar ist auch, dass das nicht auf jedem Motor Sinn macht, im Fokus stehen sehr teure, schwer zu beschaffende und produktionsrelevante Komponenten.
elektro Automation: All diese Vorteile lassen sich also mit nur wenigen SmartCheck-Modulen nutzen. Wie lassen sich denn diese Infos in das Prozessleitsystem übertragen und visualisieren?
Behler: Das Gerät besitzt selbst einen Prozessor und die Mess- sowie Erfahrungswerte bezüglich Frequenzgängen und Amplituden sind in ihm gespeichert. Wird ein Vor- oder Hauptalarm generiert, wird dieser über unseren SmartController – einen der Melsec-L- oder -Q-Serie – über das Netzwerk an das Prozessleitsystem übertragen und dort angezeigt. Der Clou ist, dass dann ein Experte in umgekehrter Richtung direkt auf das SmartCheck-Modul zugreifen und sich die dort gespeicherten historischen Messergebnisse ansehen kann. Die Entscheidung, was zu tun ist, liegt also bei einem Menschen. Hinzuziehen lässt sich bei Bedarf auch ein Spezialist von Schaeffler FAG, denn über den integrierten Webserver ist auch ein Fernzugriff möglich.
elektro Automation: Sagen Sie uns abschließend noch, für welche Anwendungen sich das Modul besonders eignet?
Behler: Typische Einsatzgebiete sind Elektro- und Getriebemotoren, Flüssigkeits- und Vakuumpumpen sowie Ventilatoren. Das System eignet sich aber auch für Kompressoren, Spindeln an CNC-Werkzeugmaschinen sowie Separatoren oder Dekanter – da hier aufgrund der extrem hohen Rotationsgeschwindigkeiten Unwuchten sehr schädlich sind; auch die Resonanzfrequenz-Messung ist möglich. Einen Zusatznutzen gibt es übrigens bei der Qualitätssicherung: Mit den SmartCheck-Modulen lässt sich der Auslieferungszustand einer Maschine dokumentieren. Läuft nach dem Transport nicht alles rund, kann ein Transportschaden viel leichter nachgewiesen werden.
elektro Automation: Herr Behler, vielen Dank für das Gespräch.

INFO-TIPP
Anlässlich der SPS IPC Drives sprach die elektro Automation mit Christoph Behler über das Thema Overall Equipment Efficiency – OEE, unter anderem auch über die Verbindung von Energie- und Condition-Monitoring.
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