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Know-how für mehr Sicherheit bei Isolationsfehlern

Stromversorgungskonzepte im Vergleich
Know-how für mehr Sicherheit bei Isolationsfehlern

Bislang kommt das ungeerdete IT-System vor allem in sicherheitskritischen Anwendungen wie Intensivstationen oder in der Bahn-Signaltechnik zum Einsatz, wo ein Ausfall der Stromversorgung fatale Folgen hätte. Außerhalb dieser Bereiche ist diese Netzform in der Praxis kaum verbreitet, obwohl sie in puncto Sicherheit und Verfügbarkeit Vorteile bietet. In vielen Fällen wäre sie die bessere Alternative.

Nach Informationen von Bender in Grünberg

Inhaltsverzeichnis

1. Gefährdung durch Erdung?
2. Nicht ohne Begleitschutz
3. Betriebsstörungen minimieren

Bei der elektrischen Stromversorgung ist darauf zu achten, dass Personen sowie die Anlagen vor den Gefahren des elektrischen Stroms geschützt werden und die Systemverfügbarkeit sichergestellt ist. Planern stehen grundsätzlich verschiedene Netzformen zur Auswahl, die sich im Aufbau hinsichtlich der Erdungsverhältnisse von Stromquelle und Betriebsmittel sowie in der Ausführung des Neutralleiters und des Schutzleiters unterscheiden. In TN-Systemen ist der Sternpunkt der speisenden Transformatoren geerdet, und die Körper der elektrischen Anlage sind über Schutzleiter mit dem Betriebserder des Netzes verbunden. Auch in TT-Systemen wird der Sternpunkt niederohmig geerdet, aber die Körper der elektrischen Anlage sind unabhängig von der Systemerdung geerdet. In IT-Systemen hingegegen sind alle aktiven Teile entweder gegen Erde isoliert oder über eine hochohmige Impedanz mit Erde verbunden.

Gefährdung durch Erdung?

Zur Einspeisung bei ungeerdeten IT-Systemen kommen entweder ein Transformator oder eine Stromquelle wie eine Batterie oder ein Generator zum Einsatz. Da kein aktiver Leiter mit der Erde verbunden ist, fließt hier im Falle eines Körper- oder Erdschlusses kein Kurzschlussstrom. Was entsteht, ist lediglich ein geringer Fehlerstrom, dessen Größe von den Isolationswiderständen und der Kapazität der Leiter und Systemkomponenten gegen Erde abhängt.
Entsteht in einem Schutzklasse-I-Betriebsmittel ein satter Erdschluss (sehr niederohmiger Isolationsfehler) gegen das schutzgeerdete Gehäuse des Betriebsmittels, so fließt in einem 230-V/50-Hz-IT-System mit 1 mF wirksamer Netzableitkapazität ein Fehlerstrom von etwa 72 mA über den Schutzleiter. Selbst bei einem schlechten Schutzleiterwiderstand von 1 Ω ergibt sich an dem berührbaren Gehäuse gegen Erde eine Spannung unter 100 mV. Diese Berührungsspannung stellt keinerlei Gefährdung dar. Der geringe Fehlerstrom könnte zu Not dauerhaft im Schutzleiter fließen, ohne diesen zu schädigen. Auch ist bei diesen geringen Strömen die ursächliche Entstehung von Bränden aufgrund der geringen Energie sehr unwahrscheinlich.
Im Gegensatz dazu reden wir beim gleichen Fehlerszenario im geerdeten TN-System über Fehlerströme deutlich über 100 A und Berührungsspannungen am schutzgeerdeten Gehäuse von über 100 V. Hier muss schnell abgeschaltet werden. Der Schutzgedanke im geerdeten System basiert auf der Grundidee, im Fehlerfall einen genügend großen Fehlerstrom zu treiben der zu einer schnellen Abschaltung der Stromversorgung führt. Selbst für den Fall der indirekten Berührung eines schutzgeerdeten Gehäuses bedeutet dies, dass gefährliche Berührungsspannungen entstehen, die bei bestimmungsgemäßer Nutzung des Betriebsmittels zu gefährlich hohen Fehlerströmen über den Menschen führen. Zum Schutz des Menschen sind Schutzeinrichtungen wie Sicherungen und FI-Schalter vorgeschrieben, um die Anlage abzuschalten, bevor der Mensch nachhaltig geschädigt wird. Da dieses System nur sicher funktionieren kann, wenn die Schutzeinrichtungen im Fehlerfall ihre Bestimmung erfüllen, müssen sie regelmäßig getestet werden – FI-Schutzschalter zum Beispiel alle sechs Monate. Wesentlicher Vorteil des ungeerdeten Systems ist, dass selbst bei einem satten Erdschluss die Stromversorgung nicht sofort abgeschaltet werden muss. Darum sind IT-Systeme in kritischen Anwendungen wie Intensivstationen vorgeschrieben, denn der Betrieb der lebenserhaltenden Geräte ist selbst im Falle eines Isolationsfehlers weiter sichergestellt. Ein IT-System im einfachen Fehlerfall ist vergleichbar mit einem fehlerfreien geerdeten System.

Nicht ohne Begleitschutz

Für den Betrieb eines IT-Systems schreibt die Norm den Einsatz eines Isolationsüberwachungsgerätes vor. Dieses befindet sich zwischen aktiven Netzleitern und Erde und überlagert dem Netz eine geringe Messgleichspannung. Tritt ein Isolationsfehler auf, so schließt sich an dieser Stelle der Messkreis zwischen Netz und Erde. Infolgedessen stellt sich ein dem Isolationsfehler proportionaler Messgleichstrom am Überwachungsgerät ein, der ausgewertet und bei Überschreitung eines Grenzwertes signalisiert wird. Die vorhandenen Netzableitkapazitäten werden dabei lediglich auf die Messgleichspannung aufgeladen und beeinflussen das Messergebnis nicht.
Basierend auf den Informationen, die das Isolationsüberwachungsgerät bereitstellt, kann der Netzbetreiber Wartungs- und Instandhaltungsmaßnahmen langfristig planen. Während sich in geerdeten Systemen Fehlerströme auch mit hochentwickelter Differenzstromtechnik (RCM-Technik) lediglich im einstelligen Milliampere-Bereich auflösen lassen, ist der Betreiber mit einem überwachten IT-System in der Lage, eine Verschlechterung des Isolationsniveaus frühzeitig zu erkennen und zu beheben. Eine Verschlechterung des Isolationsniveaus lässt sich im geerdeten System bei 400-V-Netzspannung und einer Auflösung von 10 mA des Messgeräts meist unterhalb von rund 40 kΩ erkennen. Dagegen erlaubt das IT-System eine Messung im Megaohmbereich und wenn erforderlich sogar im Gigaohmbereich, unabhängig von der Größe der Ableitströme.

Betriebsstörungen minimieren

Mittels mobiler oder stationärer Einrichtungen zur Isolationsfehlersuche (IFLS) können Isolationsfehler im ungeerdeten System sowohl im laufenden Betrieb als auch im abgeschalteten Zustand lokalisiert werden. In geerdeten Systemen ist dies lediglich in eingeschalteten Anlagen möglich. Während im geerdeten System nur asymmetrische Isolationsfehler identifiziert werden können, erkennt ein Isolationsüberwachungsgerät im IT-System auch symmetrische Fehler, die durch Isolationsverschlechterungen gleicher Größenordnung auf allen Außenleitern entstehen.
Ein Isolationsüberwachungsgerät im IT-System ist in AC-, DC- und AC-Netzen mit DC-Anteilen problemlos einsetzbar. Es misst aktiv und kann sowohl an- und abgeschaltete IT-Systeme als auch allpolig abgeschaltete TN-Systeme überwachen. Die Überwachung abgeschalteter Systeme ist zum Beispiel wichtig für Weichenheizungen, Feuerlöschpumpen oder redundante Kühlsysteme in Atomkraftwerken, denn so kann der Betreiber Isolationsfehler permanent ermitteln, bevor die Anlage in Betrieb genommen wird und im entscheidenden Moment versagt. Auch für die Überwachung von Frequenzumrichtern bietet das IT-System Vorteile. Hier verhindert es selbst bei einem satten Isolationsfehler die Zerstörung der induktiven Elemente von speisenden Generatoren und Transformatoren. Speziell für diesen Fall entwickelte Geräte ermöglichen bei kritischen Anlagenzuständen eine automatische Abschaltung von geregelten Antrieben. Darüber hinaus reduzieren IT-Systeme auch die Brandgefahr durch Isolationsfehler auf ein Minimum. (ge)
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