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Virtuelle und reale Welt wachsen zusammen

Siemens: Weichenstellung für die Produktion von Morgen
Virtuelle und reale Welt wachsen zusammen

Die Stärke des Maschinen- und Anlagenbaus sind innovative Produkte. Dennoch wurde in der Vergangenheit vor allem in betriebswirtschaftliche Software investiert. Auf Dauer genüge das nicht, findet Siemens-CEO Anton S. Huber, die Wettbewerbsfähigkeit könne verloren gehen, wenn die Bereitschaft zum Software-Einsatz insbesondere in der wertschöpfenden Produktentwicklung nicht steige.

Michael Corban, Chefredakteur elektro AUTOMATION

„In Europa stellen wir fest, dass die Bereitschaft zum Einsatz von Software geringer ist als die der Unternehmen in den USA sowie generell außerhalb Europas“, berichtete Anton S. Huber, CEO der Siemens-Division Industry Automation, anlässlich der Pressekonferenz im Vorfeld der Hannover Messe in Nürnberg. Während in Deutschland hohe Investitionen im Bereich der betrieblichen Software getätigt wurden, sei der Bereich der Produktentwicklung – und damit der Bereich der eigentlichen Wertschöpfung! – außen vor geblieben, so Huber weiter. Dies sei ein Nachteil: „Wenn wir in dieser Geschwindigkeit fortfahren, werden wir nicht wettbewerbsfähig bleiben.“
Auf Nachfrage erläuterte der Siemens-Chef, dass das Problem unter anderem eine zu starke Fokussierung auf die kurzfristige Rendite (ROI – Return on Investment) sei. „Bei vielen IT-Themen geht es ja um Basistechnologien – wer hier Investitionen hinausschiebt, kann das später nur schwer aufholen.“ Mit Blick auf das Siemens-eigene Softwareangebot ist diese Aussage zwar nicht ganz uneigennützig, gleichwohl ist insbesondere in deutschen Unternehmen häufig eine Dominanz der ERP-Welt festzustellen. Das lässt sich durchaus mit der in diesem Bereich einfacheren Berechnung des ROI begründen, ist aber vor dem Hintergrund, dass die Stärke vieler Maschinen- und Anlagenbauer innovative Produkte sind, kaum zu verstehen. Die auf das jeweilige Produkt konzentrierte Betrachtungsweise des Product Lifecycle Managements (PLM), das neben Siemens auch von allen anderen großen Anbietern mit Wurzeln im CAD-Bereich weiterentwickelt wird, eignet sich prinzipiell besser, die Bedürfnisse im Bereich der Produktentwicklung zu adressieren – und darüber bestimmt sich letzten Endes die Wettbewerbsfähigkeit. Das PLM umfasst inzwischen übrigens weit mehr als die CAx-Tools und reicht bis hin zu Service- und letztlich Kundenmanagement.
Die Diskussion um das Thema Industrie 4.0 wird die Entwicklung hin zu einer noch stärker digitalisierten Welt sicherlich vorantreiben. Basierend auf der Erfahrung mit Technologien wie ‚Totally Integrated Automation‘ (TIA) und ‚Integrated Drive Systems‘ betont Siemens deswegen die Wichtigkeit einer ‚Digital Enterprise Platform‘. „Die fortschreitende Digitalisierung und Vernetzung sowie das Zusammenwachsen von virtueller und realer Welt sind entscheidende Treiber in der produzierenden Industrie“, so Huber weiter. „Mit der Digital Enterprise Platform arbeiten wir an einem übergreifenden Ansatz, der PLM-Software mit Engineering-Anwendungen und durchgängiger Automatisierung verbindet.“
Durchgängigkeit bis zur Automatisierung ist wünschenswert
Ziel muss es damit sein, den Bruch zwischen den Welten der Produktentwicklung einerseits und der Automatisierung andererseits zu schließen. In der Praxis setzt hier bislang der Automatisierer bei der Programmierung der Steuerungstechnik noch ‚neu‘ an, obwohl die Grundlagen – beispielsweise rund um die Bewegungssteuerung – bereits digital definiert worden sind, um etwa Aussagen zur Leistungsfähigkeit einer Maschine oder Anlage treffen zu können. Gerade Siemens hat hier aber das Potenzial, diese Lücke basierend auf den Tools im CAx- und Automatisierungs-Bereich zu schließen.
Einen Überblick über den Stand der Technik können sich Interessenten auf dem Siemens-Stand in Hannover verschaffen. „Entlang der fünf Schritte Design, Planning, Engineering sowie Execution und Services zeigen wir neue Produkte und Lösungen – und jeder Schritt wird am Stand mit einem eigenen Highlight-Exponat in Szene gesetzt“, fährt Huber fort. Und speziell im ‚Future Forum‘ können Besucher einen Blick auf die Forschungsthemen aus allen Bereichen des Konzerns werfen, sinngemäß ein Blick in die Zukunft.
Das TIA Portal wurde übrigens in der zuletzt vorgestellten Version 13 in mehreren Bereichen ergänzt – etwa beim Diagnosekonzept, beim Know-how-Schutz und in der synchronisierten Zusammenarbeit bei größeren Projekten im Team. Zudem wurden weitere Engineering-Tools wie die Scada-Software Simatic WinCC V13 in die einheitliche Arbeitsumgebung integriert sowie auf der Antriebsseite die Projektierung der Umrichterfamilie Sinamics G110M für die Projektierung im TIA Portal erweitert. In Kombination mit dem 2013 präsentierten Konzept ‚Integrated Drive Systems‘ (IDS) zeigt Siemens hier, wie sich per Vorkonfiguration des Umrichters in Verbindung mit dem Motor die Inbetriebnahme beschleunigen lässt (über Details hierzu wird die elektro AUTOMATION in kommenden Ausgaben berichten). Zur Bedeutung des Service-Geschäfts finden Sie zudem auf der folgenden Seite ein Interview mit Dirk Hoke, CEO der Siemens-Division Customer Services.
Hannover Messe: 9-D35
„Unternehmen außerhalb Europas setzen schneller auf Software.“

PRAXIS PLUS

In Hannover zeigt Siemens auch die fehlersichere CPU Simatic S7-1518F, die die Controller-Generation Simatic S7-1500 erweitert. Die neue Fail-safe-CPU soll sich für High-end-Standard- und Safety-Anwendungen in der Maschinen- und Anlagen-Automatisierung eignen, zusätzlich ergänzt die CPU Simatic S7-1516F die Linie der fehlersicheren CPUs. Im Engineering-Tool Step 7 Safety Advanced V13 kann der Anwender dazu bei gleichem Engineering- und Bedienkonzept sowohl Standard- als auch sicherheitsgerichtete Aufgaben lösen. Datenkonsistenz-Funktionen synchronisieren dabei automatisch Standard- und sicherheitsgerichtete Programmteile.

Interview: „Remote-Service senkt Wartungskosten drastisch“

Das Gespräch führte Axel Hahne aus der Nachbarredaktion des Industrieanzeigers, der wie die elektro AUTOMATION in der Konradin Mediengruppe erscheint.
Hahne: Herr Hoke, mit welchen Anliegen kommen Ihre Kunden auf Sie zu und welche Chancen bieten insbesondere Daten-basierte Dienste?
Hoke: Zum einen sind das Kunden, die tatsächlich Probleme haben, zum Beispiel weil sie Betriebsausfälle haben. Zum anderen handelt es sich um Kunden, die nach Möglichkeiten suchen, systematisch ihre Wartungskosten zu reduzieren. Daten-basierte Dienste bieten gerade den kleinen und mittelständischen Unternehmen die Möglichkeit, ihre Wartungskosten zu senken. Wenn etwa in einem Unternehmen mittlerer Größe ein Service-Einsatz erforderlich ist, der nicht in der Garantiezeit erfolgt, müssen wir normalerweise einen Experten entsenden. Steht kein Experte zur Verfügung, steht die Anlage, was zu hohen Kosten führt. Können wir uns aber – im Falle eines Schadens und mit Einwilligung des Kunden! – per Remote-Service aufschalten und erste Tests selbst durchführen, reduzieren sich die Kosten in der Regel drastisch. Auf diese Weise lassen sich die meisten Probleme schon in kurzer Zeit lösen und die Anlage kann wieder in Betrieb gehen. Die Kosten hierfür liegen bei einem Bruchteil derer, die bei einer Entsendung eines Service-Mitarbeiters entstehen. Gerade für kleine und mittlere Unternehmen ist das ein entscheidender Erfolgsfaktor.
Hahne: Welche Rolle spielen bei Ihnen Industrie-4.0-Themen?
Hoke: Die zunehmende Vernetzung und Digitalisierung stellt für kleine und mittelständische Unternehmen natürlich eine Chance, aber auch ein Risiko dar: Einerseits müssen sie schnell genug sein, diese Technologien zu nutzen, was aber in der Regel auch hohe Investitionen erfordert. Andererseits müssen sie sich auch vor den Gefahren, die daraus entstehen, schützen – beispielsweise vor Datenspionage beziehungsweise Fehlern, die von außen hereingebracht werden und die den Produktionsbetrieb stören könnten. Diese Themen gehen wir natürlich an.
„Daten und Know-how sind zu schützen.“
Um wettbewerbsfähig zu bleiben, sollten sich Unternehmen für derartige Dienstleistungen öffnen – und gezielt einen Partner aussuchen. Wir als Service-Anbieter müssen natürlich über entsprechende Security-Konzepte, die individuell auf den Partner zugeschnitten sind, zeigen, dass wir in der Lage sind, seine Daten und sein Know-how zu schützen.
Hahne: Da kommt schnell die Frage auf, wo und wie die Daten gespeichert werden und wer diese einsehen kann…
Hoke: …was Themen sind, die wir transparent dem Kunden gegenüber offenlegen; bei denen wir aber auch zeigen können, dass wir das sehr professionell beherrschen.
Hahne: Inwiefern verändern sich damit auch die Anforderungen an die Service-Leistungen und wie reagieren Sie darauf?
Hoke: Wir sehen, dass mit Industrie 4.0 eine Profilveränderung stattfinden wird. Die Jobs werden sich verändern, es wird einen Trend zu neuen Profilen geben, die es heute noch gar nicht gibt. Wir werden auch im Service-Bereich darauf reagieren müssen, indem wir Mitarbeiter frühzeitig nicht nur Richtung Industrie, sondern auch Richtung IT stärker ausbilden, damit sie die Konvergenz dieser beiden Branchen besser verstehen und beherrschen. Das wird sehr, sehr schnell erfolgen: Wir sehen ja heute schon, dass die Komplexität deutlich zunimmt. Hier müssen wir durch Qualifizierung unserer Mitarbeiter frühzeitig dafür sorgen, dass diese darauf vorbereitet sind. Zum Teil bedeutet das auch, dass wir neue Fachkräfte einstellen müssen, da wir nicht alles über Weiterqualifizierung erreichen werden können.
Hahne: Was kann ich auf der Hannover Messe als Besucher Ihres Messestands erwarten?
Hoke: Bei uns sehen Sie eine Erweiterung des Produktsystemportfolios, das zeigt, welche Dienstleistungen für unsere Kunden im Hintergrund möglich sind, um die Verfügbarkeit und damit die Produktivität und Effizienz zu steigern. Das Thema Training – das gerade in Zeiten wachsender Komplexität immer wichtiger wird – werden wir ebenfalls behandeln. Eines der Highlights ist das Exponat ‚Service Factory‘, wo Besucher unsere neuen Data-Driven Services entdecken können. Diese daten-basierten Services reichen vom Energiedaten-Management über prädiktive Instandhaltung bis hin zu Industrial Security Services. Ich glaube, wir zeigen eine sehr umfangreiche Darstellung des gesamten Service-Portfolios in Hannover, das in dieser Art einzigartig auf der Messe ist.
Hahne: Herr Hoke, vielen Dank für das Gespräch.
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