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High-end-SPS-Performance mit CNC-Funktionalität verbinden

Türzargen-Produktionslinie profitiert von durchgängiger Steuerungs- und Antriebstechnik
High-end-SPS-Performance mit CNC-Funktionalität verbinden

Der Maschinenbauspezialist Kraft hat eine komplexe Fertigungslinie für hochwertige Türzargen realisiert, die sowohl schnell als auch variantenreich bis hinab zur Losgröße Eins produziert. Die Anforderungen an die Steuerungstechnik – neben SPS- auch CNC-Funktionalitäten – ließen sich PC-basiert mit PC-Control von Beckhoff erfüllen. Von Vorteil war neben der Skalierbarkeit die Durchgängigkeit des Systems bis hinein in die Antriebstechnik.

Stefan Sieber, Branchenmanagement Holzbearbeitung, Beckhoff Automation

Das Angebotsspektrum der G. Kraft Maschinenbau GmbH in Rietberg-Mastholte, spezialisiert auf Sondermaschinen in den unterschiedlichsten Bereichen, reicht von der Planung über die Errichtung bis hin zu Programmierung und Inbetriebnahme von Automatisierungssystemen, einzelnen Maschinen und kompletten, voll automatisierten Produktionsanlagen. Besonders umfangreiches Know-how hat man im Bereich Türen- und Zargenfertigung aufgebaut. Ein aktuelles Beispiel ist eine neue Türzargen-Fertigungslinie für einen Hersteller von Türen mit Echtholzfurnier. Die komplexe Anlage ist rund 46 m breit und 110 m lang und darauf ausgelegt, das Optimum aus Taktleistung und Produktflexibilität zu erzielen. „Die Taktzeit liegt bei sehr kurzen 20 Sekunden, das heißt pro Minute liefert die Anlage drei komplette Türzargen – das sogenannte Loch aus zwei Längszargen und einem Querteil“, berichtet Tobias Walkenfort, Leiter Automatisierungstechnik bei Kraft.
„Die enorme Leistungsfähigkeit der Produktionslinie wird klar, wenn man bedenkt, dass es hier nicht um die Standardloch-Fertigung geht“, ergänzt Andreas Wapelhorst, Technischer Leiter bei Kraft. „Vielmehr lässt sich eine äußerst flexible, gemischte Produktion realisieren, das heißt eine sehr große Teile- beziehungsweise Produktvarianz in Losgröße Eins umsetzen.“ Das betrifft nicht nur die Zargengröße, sondern auch unterschiedliche Ausgangsmaterialien, Dekore, Dichtungsarten oder Beschläge. Der Bearbeitungsprozess beginnt mit dem Einfahren und Vereinzeln der gestapelten Futterbretter. Hierbei identifiziert ein Barcodeleser jedes Teil, damit dieses sich mit der passenden Falz- und Zierbekleidung kombinieren lässt. Die in zwei parallelen Bearbeitungslinien entstandenen Rohteile müssen dann auf drei Linien – für ein Zargenquer- und zwei -längsteile – aufgeteilt werden, um auch im weiteren Verlauf mit der zeitaufwändigeren Enden-, Band- und Schließblechbearbeitung sowie der automatischen Band- und Schließblechmontage die hohe Taktrate sicherzustellen. Nach dem Einziehen und Kappen der Dichtungen folgt dann das Demontieren der einzelnen Zargenteile für das abschließende Verpacken an Handarbeitsplätzen.
Automatisierungssoftware erschließt SPS- und CNC-Aufgaben
Die herkömmliche SPS-Technik stieß bei ähnlichen Projekten zunehmend an Grenzen, weswegen die Automatisierer von Kraft bei der neuen Fertigungslinie auf die hohe Performance von PC-Control setzten, der durchgängig PC-basierten Steuerungstechnik von Beckhoff. „Hätten wir das nicht getan, wären zusätzliche, überlagerte Steuerungen – beispielsweise für die Koordination der verschiedenen Teiletransporte – notwendig gewesen“, erläutert Tobias Walkenfort. Die Anwendung profitiert angesichts der Umsetzung individueller Anforderungen von der Skalierbarkeit des Beckhoff-Steuerungssystems, insbesondere auch hinsichtlich der Software. „Die Produktionsanlage erfordert eine sehr hohe SPS-Funktionalität, beinhaltet aber zusätzlich auch ein gewisses Maß an CNC-Aufgaben – dies ließ sich durch die hohe Skalierbarkeit von PC-Control in Verbindung mit der Software Twincat umsetzen.“
Als Automatisierungssoftware setzt Kraft Twincat 3 ein, was aus Sicht von Walkenfort zahlreiche Vorteile mit sich bringt: „Zunächst profitieren wir von der Integration in Visual Studio, da wir mit diesem Standard-IT-Tool ohnehin unsere eigene Visualisierung und Fertigungsleitrechnerapplikationen erstellen.“ Durch die Integration komme der bislang dabei noch fehlende Baustein der IEC-61131-3-Programmierung hinzu und komplettiere somit alle zur Automatisierung von Maschinen und Anlagen erforderlichen Programmiersprachen in einem Tool. „Darüber hinaus ist es nun möglich, auf einfache Weise leistungsfähige Sourcecode-Verwaltungstools zu nutzen – in unserem Fall ist dies der Microsoft Team Foundation Server (TFS), der von Twincat 3 vollständig unterstützt wird.“
Weitere Vorteile ergeben sich bei der Integration der unterschiedlichen Funktionsbereiche in die Steuerungssoftware. So nutzt Kraft bei allen CNC-Bearbeitungsmaschinen die umfassende Multi-Core-Unterstützung von Twincat 3, um SPS, NC, CNC und Visualisierung jeweils getrennt auf einem eigenen Prozessorkern ablaufen zu lassen. „Daraus ergeben sich wesentlich bessere Zugriffszeiten auf die Antriebsregler“, betont Tobias Walkenfort. „Zu Beginn hatten wir alle Funktionen auf einem Core realisiert, was aber im Bereich der Antriebstechnik beziehungsweise CNC aufgrund der zu langen Lageregeltaktzeiten problematisch war – diese sind nun wesentlich kürzer, so dass die Schwierigkeiten nicht mehr auftreten.“ Auch die Leistungsfähigkeit der Software erfüllt die hohen Anforderungen: „Bei den Mehrkanal-CNC-Maschinen setzen wir die Twincat 3 CNC Channel Packs ein, mit denen wir unsere Maschinen mit bis zu zwölf CNC-Kanälen ausstatten können.“
Anlagenlayout unterstützt Flexibilität und hohe Stückzahlen
Im Gegensatz zu typischen Zargen-Bearbeitungszentren verteilt die aktuelle Fertigungslinie die Bearbeitungsschritte auf mehrere Maschinen und ist somit prädestiniert für die hohen Stückzahlen der Serienproduktion. Dennoch lässt sich die enorme Produktvarianz bis hin zur Losgröße-Eins-Fertigung abbilden – was Kraft mit dem individuell ausgelegten Anlagenlayout sowie der durchgängigen Steuerungs- und Antriebstechnik erreicht. Dabei spielt die leistungsfähige und durchgängige Kommunikationstechnik von PC-Control eine wichtige Rolle. „Ethercat ist als I/O- und Antriebsbus extrem performant, einfach in Betrieb zu nehmen und im Markt auch bei Drittanbietern sehr weit verbreitet“, führt Walkenfort aus. „Die Kommunikation über Twincat ADS von der Steuerungs- zur Fertigungsleitebene bietet zudem den großen Vorteil, dass geänderte Steuerungsdaten automatisch gemeldet werden.“ Damit entfalle das bei der SPS-Technik notwendige Datenpolling, was die Netzwerklast reduziere und die Reaktionszeiten deutlich verkürze. „Hinzu kommt die Realtime-Ethernet-Kommunikation zwischen den einzelnen Steuerungen, inklusive der Übertragung sicherheitsrelevanter Daten – mit ihr lassen sich etwa Prozessfreigaben zwischen den einzelnen Produktionsbereichen komfortabel realisieren.“
Außerdem profitiert Kraft laut Tobias Walkenfort insgesamt von der Offenheit des Beckhoff-Systems, zum Beispiel bei der Realisierung eines einheitlichen Bedienkonzepts für SPS, CNC und Fertigungsleitrechner. Schließlich müsse gerade eine Anlage mit solch hohem Komplexitätsgrad einfach bedienbar bleiben. Die Offenheit sei zudem entscheidend bei der Einbindung in das Unternehmensnetzwerk, zum einen für eine komfortable Fernwartung und zum anderen zur individuellen Kopplung des Fertigungsleitrechners an die zentrale Dateninfrastruktur des Kunden. Im letzteren Fall hat Kraft als Dienstleistung auch den entsprechenden Datenaustausch realisiert.
Dynamische und effizient installierbare Servoantriebstechnik
So komplex die gesamte Anlage sich darstellt, so umfangreich ist auch die notwendige Antriebstechnik. So sorgen in den einzelnen Linienbereichen je Steuerungsrechner teilweise über 30 Beckhoff-Servoachsen für präzise und dynamische Prozessabläufe, die sich – so Tobias Walkenfort – problemlos über Twincat ansteuern lassen: „Bei der zuvor eingesetzten SPS-Technik wären wir hier erneut an technische Grenzen gestoßen, zumal die von den Kunden geforderten Anlagen zunehmend komplexer werden.“ Hier biete PC-Control deutlich mehr Möglichkeiten und Flexibilität.
Verbaut sind 126 Beckhoff-Servomotoren der Serie AM8000. Angesteuert werden diese – zusammen mit rund 90 Servomotoren eines Drittanbieters – von insgesamt 213 Servoverstärkern der Baureihe AX5000. „Aufgrund der zahlreichen Antriebe profitieren wir hier in besonderem Maße von der One Cable Technology (OCT)“, ergänzt Andreas Wapelhorst. „Diese Einkabelanschlusstechnik spart Zeit bei der Installation, ermöglicht kleiner dimensionierte Schleppketten und reduziert gerade bei unseren meist großen Kabellängen deutlich die Kosten.“ Außerdem wirke die Anlage durch die geringere Kabelanzahl aufgeräumter.
Architektur mit einem Leit- und zehn Steuerungsrechnern
Neben den vielen Servomotoren verdeutlicht die große Anzahl an digitalen Ein- und Ausgängen die Komplexität der Gesamtanlage: Mehr als 3700 Ein- und 2100 Ausgänge sind über Ethercat-Klemmen realisiert. Hierzu zählen auch über 400 fehlersichere Twinsafe-Ein- und 100 Twinsafe-Ausgänge. Zusammen mit den sicheren Servoantrieben sind damit sämtliche Sicherheitsfunktionen umgesetzt worden. Beispiele sind Not-Halt und die Überwachung von Schutztüren, Lichtgittern sowie der Rotorscanner der in der Anlage fahrenden Querwagen. Zentral gesteuert wird all das über einen als Fertigungsleitrechner fungierenden Schaltschrank-PC C6930, mit Intel-Core-i7-Prozessor, sowie über ein Multitouch-Control-Panel CP3921 mit 21,5-Zoll-Widescreen-Display und Tastererweiterung. „Die Optik ist für uns ein wichtiger Aspekt – und hier vermittelt das Control Panel einen wertigen und designorientierten Eindruck“, erläutert Tobias Walkenfort dazu. „Hinzu kommen der Vorteil der gehärteten Glasfront und die Möglichkeiten, die Multitouch für die Zukunft bietet.“ Erforderlich sei auch die hohe Rechenleistung des C6930, da der Leitrechner insgesamt zehn verteilte Steuerungsrechner betreut. Dies sind gleichfalls Schaltschrank-PCs vom Typ C6930, ausgestattet mit Intel-Core-i3, -i5- oder im CNC-Umfeld ebenfalls mit i7-Prozessoren.
Übrigens: Ende 2014 wurden noch zwei weitere, fast ebenso komplexe Anlagen für namhafte Türenanbieter realisiert. Die eine mit über 1300 Digital-Ein- und fast 1000 Digital-Ausgängen, mehr als 200 TwinSafe-Ein- und über 40 TwinSafe-Ausgängen sowie 86 Beckhoff-Servoachsen; die andere mit über 1000 Digital-Ein- und fast 800 Digital-Ausgängen, nahezu 200 TwinSafe-Ein- und über 30 TwinSafe-Ausgängen sowie 84 Servoachsen. co
Hannover Messe: 9-F06

INFO & KONTAKT
Beckhoff Automation GmbH & Co. KG
Hülshorstweg 20
33415 Verl
Tel. 05246 963-0
Welche übergeordneten Aspekte sich aus dem Einsatz der PC- basierten Steuerungstechnik für die Fertigungsflexibilität ergeben, lesen Sie in der Titelstory „Durchgängigkeit punktet“ in der Ausgabe 1/2015 der develop3 systems engineering.

PRAXIS PLUS
Die hier beschriebene Produktionsanlage erfordert sowohl eine sehr hohe SPS-Funktionalität als auch ein gewisses Maß an CNC-Aufgaben. Beides lässt sich mit der Automatisierungssoftware Twincat 3 gut umsetzen. Mit deren Multi-Core-Unterstützung können SPS, NC, CNC und Visualisierung getrennt auf einem eigenen Prozessorkern ablaufen. Von Vorteil ist zudem die Kommunikation über Twincat ADS von der Steuerungs- zur Fertigungsleitebene, wodurch das sonst notwendige Datenpolling entfällt.
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