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Was ändert sich mit der EN 60204 bei elektrischer Maschinenausrüstung

Was ändert sich bei der elektrischen Ausrüstung von Maschinen gemäß DIN EN 60204-1
Der Bemessungskurzschlussstrom muss ermittelt werden

Nachdem schon Jahr 2016 die sogenannte Maschinensicherheitsnorm IEC 60204-1 in aktualisierter Form veröffentlich wurde, ist vor kurzem die europäischen bzw. deutsche Ausgabe als DIN EN 60204-1 erschienen. In der neuen Ausgabe der Norm sind die grundlegenden Sicherheitsanforderungen an die elektrische Ausrüstung von Maschinen vertieft worden. Dabei wurden wichtige Kapitel überarbeitet und hilfreiche Anhänge ergänzt.

 

Dirk Meyer ist Manager Special Applications bei Eaton in Bonn

Inhaltsverzeichnis

1. Leistungsschalter begrenzen den Strom
2. Fehlerstromschutz und Frequenzumrichter
3. Vorgaben für die Dokumentation

Die wesentliche Änderung der Norm besagt, dass nun der Bemessungskurzschlussstrom der gesamten elektrischen Ausrüstung ermittelt und in der Dokumentation angegeben werden muss. Dafür stehen drei Verfahren zur Verfügung. Eine Möglichkeit besteht darin, die Konstruktionsregeln auszuwerten, den Bemessungskurzschlussstrom anhand vorhandener Daten zu berechnen bzw. geeignete Typprüfungen durchzuführen.

Für den Nachweis der Kurzschlussfestigkeit der Anlage kann die IEC 61439-1 zugrunde gelegt werden. Eine Tabelle in der EN 61439-1 eignet sich als Checkliste, die sich auf eine typgeprüfte Referenzanlage bzw. die sogenannte Referenzkonstruktion bezieht. Können die einzelnen Punkte der Tabelle mit „Ja“ beantwortet werden, so gilt die Kurzschlussfestigkeit als gegeben. Soll auf eine Typprüfung der Anlage verzichtet werden, sollte die Berechnungsmethode angewendet werden. Die Berechnung des Bemessungskurzschlussstroms erfolgt am besten mittels eines geeigneten Softwaretools.

Stromkreise von Schaltgerätekombinationen gelten als Sonderfälle, für die unter bestimmten Voraussetzungen kein Nachweis erforderlich ist. Das gilt für Schaltgerätekombinationen mit einer Bemessungskurzzeitstromfestigkeit oder einem bedingten Bemessungskurzschlussstrom von höchstens 10 kAeff. Bei Schaltgerätekombinationen oder Stromkreisen, die mit strombegrenzenden Komponenten ausgestattet sind, darf der maximale Durchlassstrom dieser Schutzgeräte einen Spitzenwert von 17 kA nicht überschreiten.

Leistungsschalter begrenzen den Strom

Leistungsschaltern tragen aufgrund ihrer besonderen Eigenschaften ideal dazu bei, die Normen zu erfüllen. In die EN 60204-1 wurden unter dem Punkt „Einrichtungen zum Trennen und Ausschalten“ nun auch solche Einrichtungen aufgenommen, die die Energiezufuhr unterbrechen und damit beispielsweise den unerwarteten Anlauf einer Maschine verhindern. Ein so geeigneter Hauptschalter – der korrekte Begriff aus der Norm ist Netztrenneinrichtung – kann zur Verhinderung des unerwarteten Anlaufs eingesetzt werden, wenn er die definierten Anforderungen an eine „Netztrenneinrichtung nach DIN EN 60204-1“ erfüllt. Darüber hinaus kann der Schalter als strombegrenzende Einrichtung genutzt werden, sodass der Nachweis der Kurzschlussfestigkeit mittels Ableitung oder Berechnung entfällt. Oft lassen sich die Anforderungen auch durch die Kombination von entsprechend dimensionierten Schaltern optimal erfüllen.

Durch die Auswahl der richtigen Schaltgerätetechnik lassen sich also nicht nur die Anforderungen der Norm recht einfach erfüllen, es bieten sich darüber hinaus auch Möglichkeiten, aufgrund der erforderlichen Maßnahmen zusätzliche Funktionalitäten zu nutzen. Die digitalen Leistungsschalter der NZM-Reihe von Eaton beispielsweise erfüllen nicht nur die oben genannten Anforderungen an eine Netztrenneinrichtung sowie zur Strombegrenzung, sondern sie bieten auch eine präzise Energiemessung und ein integriertes Lifecycle Management zur Steigerung der Anlagenverfügbarkeit.

Fehlerstromschutz und Frequenzumrichter

In das Kapitel „Schutz der Ausrüstung“ wurde auch der Erdschluss- bzw. Fehlerstromschutz aufgenommen. Es erfolgt ein direkter Hinweis auf die IEC TR 60755, die die Fehlerstromschutzeinrichtungen (RCD) zum Inhalt hat. RCDs sind ein probates Mittel zum Schutz von Personen vor elektrischen Schlägen sowie zur Vermeidung von Bränden. Waren in der Vorgängerversion RCDs für Steckdosenkreise bis 20 A nur optional, so sind in der aktuellen Fassung FI-Schutzschalter mit einem Bemessungsdifferenzstrom von 30 mA generell vorgeschrieben. Ihr Einsatz ist auch dann unerlässlich, wenn Frequenzumrichter zum Einsatz kommen.

In der aktuellen Fassung der DIN EN 60204-1 ist auch eine Prüfung von Antriebssystemen vorgeschrieben. Obwohl gerade die Frequenzumrichter der neuesten Generation über einen integrierten Überlast- und Kurzschlussschutz verfügen, der beim Auftreten eines Fehlers sowohl Umrichter als auch Motor eigenständig abschaltet, kann jedoch auch eine externe Schutzeinrichtung diese Aufgabe übernehmen. Dann muss als Voraussetzung die Schleifenimpedanz des Stromkreises geprüft werden. Nur so ist sichergestellt, dass eine geeignete Schutzeinrichtung zum Einsatz kommt und auch zuverlässig anspricht. In der aktuellen Fassung der DIN EN 60204-1 wurde außerdem festgelegt, dass die Unterbrechung der Energiezufuhr durch die Netztrenneinrichtung zur Aktivierung der Stopp-Funktion eines Frequenzumrichters als Stopp der Kategorie 0 angesehen werden kann.

Vorgaben für die Dokumentation

Wer den Aufbau der Anlage gemäß der DIN EN 60204-1 dokumentieren möchte, muss den Bemessungskurzschlussstrom ermitteln und angeben sowie eine Wärmebilanz erstellen, um so die Überhitzung des Schaltschranks während des Betriebes zu vermeiden. Die IEC 61439 gibt einen Überblick über die möglichen Verfahren. Zu den Vorgaben gehört, dass Schaltgerätekombinationen mit einem Anlagennennstrom von mehr als 1.600 A gemäß IEC 61439 grundsätzlich geprüft werden müssen, für Bemessungsströme bis 1600 A ist eine Berechnung ausreichend. Ströme bis 630 A kommen im Maschinenbau häufig vor. Die Berechnung erfolgt nach dem sogenannten RDF-Verfahren (Rated Deversity Factor), bei Strömen bis 1.600 A erfolgt die Berechnung gemäß IEC 60890. Der Bemessungsbelastungsfaktor ist gemäß DIN EN 61439 -1 der vom Hersteller einer Schaltgerätekombination angegebene Prozentwert des Bemessungsstroms, mit dem die Abgänge dauernd und gleichzeitig belastet werden können, unter Berücksichtigung der gegenseitigen thermischen Beeinflussung. In der Regel geben die Schaltgerätehersteller für ihre einzelnen Geräte die jeweiligen Verlustleistungen an, aus denen sich die Wärmeentwicklung einfach ermitteln lässt. Dazu bieten auch die Schaltschrankhersteller geeignete Software-Tools, um die Temperaturverteilung im Schaltschrank zu ermitteln.

Gemäß Neufassung der DIN EN 60204-1 sind nun auch EMV-Störfestigkeits- bzw. entsprechende Emissionstests zu dokumentieren. Erfüllen aber die eingesetzten elektrischen Komponenten die relevanten EMV-Anforderungen bereits gemäß der geltenden Normen und Nachweise, kann darauf verzichtet werden. In der Regel wird dies durch die CE-Kennzeichnung belegt. Bei der Montage dieser Komponenten ist jedoch auf die Betriebsanleitungen der Hersteller zu achten. In die Norm wurde auch die Prüfung der Umgebungsbedingungen aufgenommen. Die Komponenten des Schaltschranks sind demgemäß zu überprüfen, ob sie die Anforderungen bezüglich der Vibration-, Stoß- und Schockfestigkeit erfüllen. Zu beachten ist auch die Höhe über N.N. des zukünftigen Betriebsortes. (ge)

www.eaton.com

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