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Welten verbinden

Intelligente Kommunikations-Netzwerke im Einsatz von Industrie 4.0
Welten verbinden

Sind für die Umsetzung von Industrie 4.0 neue Technologien nötig? Nicht unbedingt. Vielmehr geht es darum, bestehende Technologien so zu ertüchtigen, dass sie auch zukünftige Anforderungen erfüllen. Profinet bietet hierfür bereits gute Voraussetzungen, da PI (Profibus & Profinet International) bereits wichtige Basisarbeiten geleistet hat.

Sabine Mühlenkamp ist freie Autorin für die Profibus Nutzerorganisation

Ob Industrie 4.0, Internet der Dinge oder Big Data – die enge Vernetzung von Automatisierungskomponenten, Maschinen, Anlagen und IT-Systemen kann nur mit einer standardisierten und durchgängigen Kommunikation funktionieren. Gleichzeitig ist der oberste Wunsch der Anwender, dass solche Lösungen einfach und modular funktionieren. Schließlich sollen Geräte- und Produktionsdaten nahtlos in Geschäftssysteme integrierbar sein, um etwa erweiterte Analyseverfahren anzuwenden. Dabei haben sich Netzwerke, die auf der Ethernet-Technologie basieren, als besonders geeignet herausgestellt, und zwar sowohl in der Produktions- als auch in der Geschäftswelt. Allerdings haben sich diese Technologien in den beiden Bereichen unterschiedlich weiter entwickelt. Naturgemäß waren und sind die Anforderungen in der Produktion in Bezug auf Zuverlässigkeit, Umgebungsbedingungen, Echtzeitverhalten und Robustheit höher als die in der Geschäftsebene.
Doch diese unterschiedlichen Ausprägungen müssen nicht in Stein gemeißelt bleiben. So besteht durchaus die Chance, dass ein gemeinsames Modell die meisten Anforderungen beider Welten erfüllen kann. Zu den drängendsten Aufgaben gehört aus Sicht der Produktion etwa eine deutlich verbesserte Cyber Security oder die formelle Beschreibung von Anwendungsfunktionen, wie Messen und Steuern, sowie ein höheres Maß an Interoperabilität. Um die Herausforderungen von Industrie 4.0 zu meistern, müssen zudem die heutigen Systemarchitekturen deutlich verbessert werden. Dies muss die verstärkte Digitalisierung von Geräten und Prozessen und das höhere Datenvolumen, das von smarten Feldgeräten erzeugt wird, berücksichtigen. Auch die stärkere Dezentralisierung und ein damit einhergehender erhöhter Bedarf an Netzwerk-Bandbreite muss beachtet werden. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Standardisierung von Software und Hardware auf Grundlage bestehender oder erweiterter Normen.
Gelingt es, diese Aufgaben zu erfüllen, bietet Industrie 4.0 eine echte Chance für Betreiber und Anwender. Auf der Grundlage von durchdachten Ethernet-Konzepten lässt sich ein besseres Verständnis für Produktionsprozesse erreichen, womit Kosten gesenkt und die Produktivität gesteigert werden kann. Damit ist beispielsweise die Datenerfassung deutlich einfacher, so dass diese etwa für Asset-Management-Anwendungen zur Verfügung steht.
Informationen zuverlässig austauschen
Dabei muss das Rad nicht neu erfunden werden – im Gegenteil! Ein Beispiel, wie man eine bestehende Technologie für zukünftige Industrie-4.0-Anwendungen erweitern kann, bietet derzeit Profinet, das auf dem Standard-Ethernet basiert. Profinet nutzt die TCP/IP-Protokoll-Suite ohne Einschränkung oder Änderungen. Automatisierungsspezifische Aufgaben wie Geräteparametrisierung, Konfiguration oder Netzwerkdiagnose (SNMP) werden über den TCP/IP-Kanal abgewickelt.
Für Anwendungen wie Remote-IO und Antriebsanwendungen mit hohen Anforderungen an Geschwindigkeit und Determinismus ist dagegen TCP/IP mit seinen umfangreichen Overhead-Daten und den langen Stack-Durchsatzzeiten nicht ausreichend. Zur Behebung dieser Probleme haben die Experten von PI einen zusätzlichen Real-Time-Kanal (RT) für die Echtzeitübermittlung von zeitkritischen Daten hinzugefügt. Bei dieser Methode kommen die standardmäßige Ethernet-Hardware und die entsprechenden Netzwerkkomponenten (Switches) zum Einsatz, doch es erfolgt eine Priorisierung der Datagramme in den Switches durch Prioritäts-Tagging gemäß IEEE. Dies ermöglicht deterministische Antwortzeiten im Bereich von 0,25 bis 10 Millisekunden und öffnet das Ethernet für völlig neue Industrieanwendungen.
Für die Echtzeitkommunikation mit anderen Remote-IOs und weiteren Feldgeräten von Profinet wird der RT-Kanal genutzt. Da sowohl Ethernet als auch drahtloses LAN auf dem Normensatz IEEE 802.xx basieren, kann Profinet einfach für die Drahtloskommunikation über Zugangspunkte erweitert werden.
Für leistungsstarke Anwendungen im Bereich von Motion Control, zum Beispiel zur mikrosekundengenauen Koordinierung hunderter Achsen, umfasst Profinet auch einen isochronen Real-Time-Kanal (IRT – Isochronous Real-Time). Profinet mit IRT bietet zusätzliche Hardware-Unterstützung durch standardmäßige Profinet-ASICs, um einen besonders hohen Synchronisierungsgrad zu erreichen. Mit reservierten Zeitfenstern werden Datagramme in einer zuverlässigen zyklischen Abfolge übermittelt, während die verbleibende Zykluszeit für die standardmäßige TCP/IP-Kommunikation genutzt wird.
Ohne Zusammenarbeit keine gute Kommunikation
Die Herausforderung bei Industrie 4.0 liegt sicher auch darin, dass es immer wieder neue Marktteilnehmer, Technologien und Aufgaben geben wird. Um dennoch eine nachhaltige Interoperabilität zu gewährleisten, müssen gemeinsame standardisierte Methoden entwickelt werden. Ziel ist es, dass Produkte miteinander interagieren können, aber trotzdem genug Raum für die Unternehmen verbleibt, um bei ihren Produkten ein eigenes Profil zu entwickeln. Die verschiedenen Gremien, Fach- und Industrieverbände müssen daher eng zusammen arbeiten, um hier eine gemeinsame Strategie zu entwickeln. Einige Beispiele sollen dies verdeutlichen:
  • Industrie 4.0 wird OPC UA (Unified Architecture) als serviceorientierte Architektur (SOA) übernehmen. Experten schätzen, dass diese Technologie die Basis für die Entwicklung von Industrie 4.0 sein wird. PI und die OPC Foundation arbeiten bereits seit Jahren zusammen. Diese Zusammenarbeit wird intensiviert, um die Integration der OPC UA in die Systemarchitektur von Profinet zu ermöglichen. Entsprechende Arbeiten haben bereits begonnen. Es ist geplant, die derzeit vorhandenen, speziell für Industrie 4.0 entwickelten allgemeinen Dienste, auf der Grundlage von OPC UA zu nutzen.
  • PI arbeitet derzeit auch an Lösungen für die Zustandsüberwachung (Condition Monitoring). Auf Grundlage des Referenzmodells für die Zustandsüberwachung des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) definiert PI ein Kommunikationsprofil, welches einen Zugriff auf die Zustandsüberwachung über Profinet ermöglicht.
  • Zudem arbeitet eine Task-Group des IEEE derzeit an Verbesserungen des Echtzeitverhaltens unter dem Titel ‚Time Sensitive Networks‘ (TSN). Wenn die Technologie verfügbar sein wird, wird PI prüfen, unter welchen Bedingungen der Einsatz von TSN in Industrienetzen von Vorteil sein wird und inwiefern sich TSN in Profinet integrieren lässt.
  • Märkte und Ausblick
  • Mehr als ein Jahrzehnt nach der Markteinführung von Ethernet hat sich der ‚Nebel gelegt‘ und die Marktpositionen der fünf führenden industriellen Ethernet-Protokolle freigelegt. Untersuchungen von ARC zufolge hat Profinet 2013 die Führungsposition bei der Anzahl der industriellen Ethernet-Geräte mit einem bestimmten Protokoll übernommen. Generell prognostiziert ARC ein deutliches Wachstum für den industriellen Ethernet-Markt. Dessen Akzeptanz ist in den vergangenen Jahren deutlich größer geworden und ARC erwartet zwischen 2013 und 2018 einen jährlichen Anstieg des Geräteabsatzes von knapp 20 Prozent – eine Verdopplung des Marktes in fünf Jahren. Als Marktführer dürfte Profinet davon profitieren.
Obwohl die Arbeiten an Industrie 4.0 erst angefangen haben, ist die die Dynamik der aus diesem Konzept freigesetzten Ideen und Konzepte in der verarbeitenden Industrie beeindruckend. So wurde ein neues Bewusstsein für eine gemeinsame IT-getriebene Vision zur Zukunft der Produktion geschaffen. Dabei wird eins deutlich: Um von Industrie 4.0 zu profitieren, müssen die fertigenden Unternehmen ihre IT-Strategien überdenken und die neuen Anforderungen eines wirklich informationsgetriebenen Unternehmens berücksichtigen. Dies beinhaltet sowohl Anwendungen auf der Unternehmensebene für die geschäftliche Planung und Ausführung als auch Anwendungen für die Produktion als Quelle der Informationen aus den Produktionsprozessen. Eine durchdachte und zukunftsfähige Automatisierungsarchitektur wird darüber entscheiden, ob Industrie 4.0 auch nachhaltig Bestand hat. co

Kontakt

info

Profibus Nutzerorganisation e.V. KarlsruheDr. Peter Wenzel
peter.wenzel@profibus.com
www.profibus.com
Details zu Profinet:
www.profibus.com/technology/profinet

Überzeugende Vernetzung

PLUS

Seit jeher ist die Offenheit der Technologien eine wichtige Maxime und letztendlich auch der Grund für den Erfolg der PI-Technologien – das gilt insbesondere auch im Zusammenhang mit Industrie 4.0. Auch die Übertragung hoher Datenmengen in Echtzeit hat für PI schon immer höchste Priorität. PI beherrscht aber nicht nur die Vernetzung von Technologien, sondern auch die Vernetzung von Anwendern, Herstellern und Verbänden. Seit Langem – oft schon bevor das Schlagwort Industrie 4.0 entstand – arbeitet PI mit wichtigen Gremien zusammen, um richtungsweisende Themen wie Semantik (eCl@ss, Automation ML), Condition Monitoring (etwa mit dem VDMA), Integration von OPC UA (mit der OPC Foundation) und Cloud-Diensten sowie Produktbeschreibungen voran zu treiben. Verstärkt werden nun diese Aktivitäten in dem neu gegründeten Arbeitskreis I4.0@PI. Hier werden die Technologien von PI vor dem Hintergrund der Anforderungen an Produktionssysteme für das Industrie-4.0-Zeitalter anhand konkreter Anwendungsfälle im Detail bewertet. Den Kern bildet dabei Profinet, das die Rolle des Backbones in den Automatisierungssystemen einnimmt. Wie auch immer Industrie 4.0 in Zukunft aussehen wird, PI wird dafür sorgen, dass Vorgaben wie Zuverlässigkeit, Offenheit und Interoperabilität sowie sicheres Echtzeitverhalten eingehalten werden – und damit die Anwendung einfach bleibt.
Karsten Schneider, Chairman PI (Profibus & Profinet International e.V.)

Im Interview

TIPP

Anlässlich der SPS IPC Drives 2015 sprach die elektro AUTOMATION mit Karsten Schneider, dem Vorstandsvorsitzenden der Profibus Nutzerorganisation über die Zusammenarbeit mit der CLPA sowie der OPC Foundation und das Zusammenspiel von Fabrik- und Prozessautomatisierung.
www.wirautomatisierer.de/sps2015/pi-pno
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