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„Software bestimmt Funktionalität der Hardware“

Durchgehende Toolkette vereinfacht Realisierung von Embedded-Lösungen
„Software bestimmt Funktionalität der Hardware“

Komplexe Embedded-Anwendungen zum Messen, Steuern und Regeln lassen sich mit der Plattform CompactRIO von National Instruments effizient umsetzen, durchgehend vom Prototyping bis zur Implementierung. Speziell für Embedded-Lösungen eignet sich das System-on-Module (SoM) NI sbRIO-9651. Der Vorteil: Das Modul bietet eine vollständige Middleware-Lösung und ein schlüsselfertiges, integriertes Linux-basiertes Echtzeitbetriebssystem. Über die Hintergründe sprach die elektro AUTOMATION mit Rahman Jamal, Global Technology & Marketing Director bei National Instruments (NI).

Das Interview führte Michael Corban, Chefredakteur elektro AUTOMATION

elektro AUTOMATION: Herr Jamal, der Flugzeugbauer Airbus arbeitet an der Erfassung von Montagedaten mittels tragbarer Geräte. Was zeichnet dieses Projekt aus?
Jamal: Airbus setzt tatsächlich um, was sonst im Rahmen von Industrie 4.0 eher theoretisch diskutiert wird. So müssen etwa für bestimmte Teilbaugruppen eines Flugzeugs rund 400.000 Stellen nachvollziehbar verschraubt werden – das angesichts der verschiedenen Drehmomenteinstellungen und Werkzeuge prozesssicher zu realisieren, ist für mich die Umsetzung der Smart Factory; sprich eine intelligente, auf den Bediener ausgerichtete Produktion einschließlich der Zusammenarbeit mit Maschinen. Naheliegend ist, dass dabei enorme Datenmengen entstehen und zu verwalten sind, wir sprechen in diesem Zusammenhang von Big Analog Data. Das in den Griff zu bekommen, erfordert eine modulare Plattform mit einem hohen Abstraktionsgrad, die Anwendung und Implementierung voneinander trennt – CompactRIO erfüllt diese Anforderungen mit dem Graphical System Design, also abstrahierender Software, Rekonfigurierbarkeit und Bausteinen wie dem System-on-Module. Entscheidend ist ja, dass man Cyber-Physical Systems auch bauen kann und nicht nur über die Interoperabilität auf den oberen Ebenen redet.
elektro AUTOMATION: Welche Rolle spielt bei Airbus speziell NIs System-on-Module-Technologie?
Jamal: Viele unserer Kunden nutzen CompactRIO zum Prototyping, bevor es im nächsten Schritt darum geht, die gefundene Lösung als Embedded-System „verschwinden“ zu lassen. Unser Mitte 2014 vorgestelltes System-on-Module bietet hier die erforderliche Kompaktheit und ist eine Weiterentwicklung auf Basis von NI Single-Board RIO; in einer anderen Größe, mit einem anderen Prozessor – aber gleicher Philosophie, und genau die ist entscheidend. Ich nutze CompactRIO zum Prototyping und kann dann die gesamte Toolkette 1:1 weiterverwenden, ein Umstieg auf Embedded-Tools samt Neuprogrammierung entfällt! Airbus hat in Bezug auf die zu realisierenden tragbaren Geräte etliche Systems-on-Modules sowie Embedded-Einplatinenrechner evaluiert. Die Ingenieure schätzen, dass die Zeit bis zur Auslieferung mit dem NI SoM ein Zehntel der Zeit alternativer Ansätze ausmacht – nicht zuletzt zurückzuführen auf Produktivitätssteigerungen aufgrund des Einsatzes von NI Linux Real-Time als Betriebssystem und LabView FPGA Module für die Entwicklung von FPGA-Anwendungen für NI-RIO-Hardwarezielsysteme.
elektro AUTOMATION: Die CompactRIO-Plattform hat 2014 ja gerade ihren zehnten Geburtstag gefeiert. Wie kam es zu ihrer Entwicklung?
Jamal: In der Tat hat NI 2004 den ersten Software-designten Controller vorgestellt. Vorausgegangen war die Erkenntnis, dass es im Bereich Messen, Steuern und Regeln zu viele Geräte gab, sprich zu viele starre, monolithische Boxen. Nach einem Besuch der Kongressmesse Messcomp sagte unser CEO Dr. James Truchard: „We need to solve the Messcomp problem.“ Das war die Geburtsstunde von CompactRIO, direkt nach dem Messebesuch entstanden die ersten Zeichnungen. Zeitgleich untersuchte NI FPGAs, die damals noch nicht so leistungsfähig wie heute waren. Die Frage war, inwieweit sich diese rekonfigurierbar in eine offene Plattform integrieren ließen. Wir hätten das auch mit einem normalen Prozessor realisieren können, aber das war uns nicht flexibel genug – die Idee war, dass die Software die Funktionalität der Hardware bestimmt, ohne dass man diese immer wieder verändern muss! Interessanterweise sieht man genau das heute auch bei den mobilen Geräten: Eine maßgeschneiderte App legt fest, ob das Gerät beispielsweise ein In-Vehicle-Datenlogger oder eine Plattform zur Steuerung eines Mikroskops ist.
elektro AUTOMATION: Hardwarespezifische Eigenschaften lassen sich aber dennoch nutzen?
Jamal: Exakt. Nicht alle Aufgaben lassen sich ja mit FPGAs lösen, so dass aktuell der Zynq-Chip von Xilinx – ein All-Programmable System-on-a-Chip – eine hochinteressante Plattform darstellt. Mathematik-intensive Berechnungen erledigt hier der Prozessor, die Logik der FPGA – quasi in einem Gehäuse, gewissermaßen als Weiterentwicklung der Idee einer per Software konfigurierbaren Plattform. Diese lässt sich also sehr flexibel und vor allem rekonfigurierbar einsetzen; auch eine Profinet-Anbindung ist übrigens über unseren Alliance Partner Comsoft verfügbar.
elektro AUTOMATION: Ein Kernelement des eingangs von Ihnen angesprochenen Graphical System Designs ist zudem die Software NI LabView …
Jamal: … als grafische Sprache, so dass unsere Plattform disziplinübergreifend genutzt werden kann; eine Ingenieurssprache zur Lösung von Ingenieursaufgaben, von der Mechanik über die Elektrotechnik bis hin zur Physik. Einbinden lassen sich verschiedenste mathematische Modelle, auch aus anderen Sprachen – denn entscheidend ist ja wiederum die Durchgängigkeit der Toolkette. Und als Abstrahierungsschicht trennt LabView wiederum die Anwendung von der Implementierung, so dass sich der Anwender ganz auf sein Kern-Know-how konzentrieren kann. Er muss also nicht mehr klären, in welcher Weise die I/Os konkret angesprochen werden. Auf diese Weise lässt sich der Prozess kontrollieren, ohne den Weg durch die Elektronik betrachten zu müssen.
elektro AUTOMATION: Sagen Sie uns abschließend noch kurz, was Big Analog Data von Big Data unterscheidet?
Jamal: Für uns ist die analoge Welt die größte Signalquelle – wir sprechen deswegen von Big Analog Data, weil Big Data häufig im Kontext von Social Media genannt wird. Zudem adressieren wir mit Big Analog Data neben der Datenerfassung auch die Analyse und Darstellung der Ergebnisse, bei letzterem spielt unter anderem unsere Software Diadem eine Rolle (siehe Kasten). Nur Unmengen von Daten zu erzeugen, ergibt ja keinen Sinn, solange ich nicht daraus die wirklich relevanten Informationen ableiten kann. Ein konkretes Beispiel ist das Thema Sensorfusion, das wir letztes Jahr im Rahmen des Aachener Werkzeugmaschinen-Kolloquiums zusammen mit unseren Partnern vorgestellt haben. Hintergrund ist, dass heutige Sensoren eigentlich nicht für Industrie-4.0-Anforderungen der Produktion geeignet sind. Im Kontext von Cyber-Physical Systems geht es ja nicht um die Lieferung von Rohdaten, sondern um die gewünschten Informationen – Sensoren müssen dazu in der Lage sein, Daten online zu verarbeiten. Abhilfe schaffen die von uns vorgestellten Cyber-Physical Sensor Systems, die derzeit entwickelt werden (siehe Hinweis am Ende des Textes).
elektro AUTOMATION: Herr Jamal, herzlichen Dank für Ihre Informationen.
Hinweise:
Eine Zusammenfassung des Vortrags zum Thema Sensorfusion mit dem Titel „Von der Datensammlung zur Information“ findet sich in elektro AUTOMATION 7-8/2014, S. 20ff.
Eine ausführlichere Darstellung der Anwendung bei Airbus folgt in Ausgabe 4/2015 der elektro AUTOMATION zur Hannover Messe.
embedded world: 4-460
„Entscheidend ist, dass man Cyber-Physical Systems auch bauen kann und nicht nur über die Interoperabilität auf den oberen Ebenen redet.“

VIDEO-TIPP

Über die technologischen Treiber für das Internet der Dinge und die Vorgehensweise von National Instruments sprach die elektro AUTOMATION mit Rahman Jamal auch anlässlich der SPS IPC Drives 2014.

Praxis Plus

Mit dem Softwarewerkzeug Diadem lassen sich Mess- und Simulationsdaten schnell finden und verarbeiten – und damit fundiertere Entscheidungen treffen. Daten können aus beliebigen Dateiformaten geladen und mittels intuitiver Suchfunktionen durchsucht werden, so dass dem Anwender mehr Zeit für die wesentlichen Aufgaben zur Verfügung steht, etwa die Gewinnung der relevanten Informationen. Darüber hinaus können aussagekräftige Berichte zu den jeweiligen Daten erstellt werden.
ni.com/diadem/whatsnew/d

INFO & KONTAKT

National Instruments Germany GmbH
Ganghoferstr. 70 b
80339 München
Tel.: 089 7413130
Fax: 089 7146035
ni.com/germany
Weitere Informationen speziell zum System-on-Module finden sich hier:
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