elektro AUTOMATION: Welche Gründe sprechen für die Integration von KI-Algorithmen in lokale Anwendungen bzw. Steuerungen oder Edge-Devices? Welche Vorteile ergeben sich gegenüber cloudbasierten Lösungen und welche Rolle spielt das Thema Daten-Sicherheit?
Lucian Dold (Omron): Ein wesentlicher Grund für den Ansatz von ‚KI auf der Maschine für die Maschine‘ von Omron liegt auf der Hand: die Reduktion der Komplexität und die damit verbundene schnelle Umsetzung von Nutzen durch KI. Unser Ansatz favorisiert die Verbindung von effizienten Produktionsmethoden mit den Vorteilen von digitalisierter Hochautomatisierung. Ein nicht optimierter Produktionsprozess wird durch KI nicht besser. KI weitet den Flaschenhals einer schlanken und optimierten Produktion. Wichtig ist aus unserer Sicht die Unterscheidung zwischen ‚Edge‘ im Sinne von Linien- oder Fabrikintelligenz und Maschinenintelligenz, was eher dem ‚Fog‘ entspricht, oder einem ‚Drop‘, der als Beispiel der Granularität betrachtet werden kann. Security ist dabei nur ein Element, das Fog- oder Drop-Ansätze interessant macht, denn das System bleibt gekapselt und beherrschbar.
elektro AUTOMATION: Während Steuerungsaufgaben meist in harter Echtzeit ablaufen, erfordern KI-Algorithmen nicht zwingend Echtzeit – wie lassen sich diese beiden Anforderungen lokal verbinden?
Dold: Der Begriff von Echtzeit ist unserer Auflassung nach immer relativ zum Prozess zu betrachten. Wir sehen vielmehr den Unterschied in der Strenge der Deterministik. Während die Maschinensteuerung genau der Sequenz und Logik zu folgen hat, wird die KI-Engine lernen und sich adaptieren. Damit ändert sich folglich deren Zeitverhalten innerhalb zu definierender Grenzen. Der Nutzen einer maschinennahen KI ist die autonome Optimierung von Parametern und/oder die Erkennung von Anomalien innerhalb eines Zeitintervalls, um angemessen zu reagieren. Da KI bei der Sysmac mit auf der technologischen Plattform implementiert und in der Leistungsfähigkeit frei skalierbar ist, kann je nach den Prozessanforderungen die KI im Sinne des Prozesses auch in Echtzeit optimieren.
elektro AUTOMATION: Wann stoßen lokale KI-Anwendungen aufgrund der Rechenleistung an ihre Grenzen und welche Anwendungen sind dafür geeignet?
Dold: Wenn KI maschinennah eingesetzt wird, erfordert das mehr als einfach nur die Mechanismen von Hochleistungssystemen oder Performance aus einer Cloud heraus zu portieren. Weniger ist mehr lautet der Schlüssel zum Erfolg. Zum einen muss daher der Prozess schlank und optimiert sein. Des Weiteren ist es geboten, den Flaschenhals zu identifizieren und die verfügbaren Datenquellen am kritischen Prozess frei zu legen. Gerne zitieren wir hier die Aussage von Alan Mackworth von der University of British Columbia: ‚The data that are easy to get may not be the most informative.‘ Werden dann, wie im Falle von Sysmac, speziell für die maschinennahe Anwendung geeignete Algorithmen verwendet, optimiert und analysiert das KI-System lokal ohne zwangsweise an die Leistungsgrenzen zu geraten.
elektro AUTOMATION: Gibt es aus Ihrer Sicht auch Anwendungsszenarien, die sich nur in der Cloud sinnvoll abbilden lassen; beispielsweise standortübergreifende Analysen?
Dold: Die Leistungsfülle einer Cloud bietet in jedem Fall für die Anwendung eine Bühne, die mit einem hohen Aufkommen von überbestimmten, teils willkürlich gesammelten Daten die ‚Nadel im Heuhaufen‘ finden muss. Dies bietet sich an, wenn Kausalitäten nicht beschrieben sind oder mit vertretbarem Aufwand zu beschreiben sind. Die Cloud ist aber auch der ideale Partner für Drop, Fog und Edge, die eine kaskadierte Intelligenz nutzen. Erkannte Anomalien oder lokale Lernsätze können mit einer übergeordneten Cloud in der Tiefe analysiert werden und die Parameter der lokalen KI optimieren.
Lucian Dold, General Manager Marketing Product and Solution EMEA bei Omron in Langenfeld