Startseite » Industrial Ethernet »

Systemintegrierte Messtechnik für den Einsatz direkt im Feld

Dezentrale Vor-Ort-Messdatenerfassung mit robusten IP-67-Modulen (SPS IPC Drives: 7-406)
Systemintegrierte Messtechnik für den Einsatz direkt im Feld

Mit den EtherCAT-Box-Modulen von Beckhoff lassen sich Messdaten in Maschinen und Anlagen dezentral erfassen – so dass der Anwender nicht nur von kurzen Reaktionszeiten auf Prozessereignisse profitiert, sondern auch von einem reduzierten Aufwand für Engineering, Installation und Inbetriebnahme und der nahtlosen Integration in die Steuerungstechnik. Das Spektrum der Messmodule ermöglicht die Erfassung auch komplexer Signalformen in der IP-67-Welt.

DER AUTOR Dirk Bechtel ist Produktmanager Feldbussysteme bei Beckhoff Automation in Verl.

PC-based Control und die EtherCAT-Kommunikation bilden nicht nur für traditionelle steuerungstechnische Aufgaben – wie SPS, Motion Control und Regelungstechnik – eine leistungsfähige Plattform. Der ganzheitliche Ansatz der ‚Scientific Automation‘ von Beckhoff integriert nahtlos auch Bereiche wie die Robotik und die anspruchsvolle Messdatenverarbeitung bis hin zu Condition Monitoring und Energie-Monitoring. Dabei ist die Messtechnik keine komplexe, aufwändig einzubindende Black Box, sondern sie kann ohne großen Aufwand über Standard-I/O-Komponenten im gewohnten Engineering direkt mit umgesetzt und auch nachgerüstet werden. Der Hauptvorteil liegt in der grundlegenden Systemstruktur: Die Messdaten werden auf einfache, kostengünstige und skalierbare Weise direkt in den EtherCAT-Klemmen oder IP-67-Modulen erfasst und anschließend zur Bearbeitung über die schnelle EtherCAT-Kommunikation an einen Industrie-PC übertragen.
Ergänzend zum breiten Spektrum an IP-20-Messtechnikklemmen hat Beckhoff schon früh damit begonnen, entsprechende Funktionen auch in Schutzart IP 67 abzubilden. Entstanden ist so die EtherCAT-Box-Familie, die kontinuierlich ausgebaut wird. Die Module der IP-67-Serie haben durchgängig ein direktes EtherCAT-Interface, das heißt die hohe Performance von EtherCAT bleibt bis in jedes Modul erhalten. Dies eröffnet neue Möglichkeiten:
  • Schnelle Prozessdatenkommunikation mit eXtreme Fast Control (XFC),
  • integrierte Antriebstechnik-Funktionen sowie eine
  • hochgenaue Messtechnik direkt im Feld.
Die EtherCAT-Module decken das typische Anforderungsspektrum der IP-67-I/O-Signale ab: digitale Eingänge mit unterschiedlichen Filtern (3,0 ms oder 10 μs), digitale Ausgänge mit 0,5- und 2-A-Ausgangsstrom, Kombi-Module mit frei wählbaren Ein- oder Ausgängen, analoge Ein- und Ausgänge mit 16-bit-Auflösung, Thermoelement- und RTD-Eingänge sowie Schrittmotormodule. Mit der XFC-Funktionalität erschließt die EtherCAT Box EP1258 zudem viele neue Anwendungen, die bislang nicht mit einem IP-67-Modul möglich waren. Sie erfasst mit acht digitalen Eingängen schnelle binäre Signale aus der Prozessebene und überträgt sie galvanisch getrennt zur Steuerung. Die Signale werden mit einem Zeitstempel versehen, der mit einer Auflösung von 1 ns den Zeitpunkt des letzten Flankenwechsels angibt. So lassen sich Signalverläufe zeitlich exakt nachvollziehen und systemweit mit den Distributed Clocks (verteilten Uhren) von EtherCAT in Beziehung setzen.
Integrierte Beschleunigungs- und Winkelmessung
Diese Vielfalt erlaubt es, nahezu jeden Sensor- und Aktortyp anzuschließen sowie auch komplexe Signalformen zu erfassen. Ein gutes Beispiel ist die neue EtherCAT Box EP1816-3008. Sie erfasst mit 16 digitalen Eingängen binäre Steuersignale aus der Prozessebene und verfügt als Besonderheit über zwei integrierte 3-Achs-Beschleunigungssensoren. Damit lässt sich, kostengünstig und einfach zu montieren, direkt im Feld eine Vibrations- und Schock-/Schwingungserfassung realisieren. Die Neigungserfassung in X- und Y-Achse ist ebenfalls möglich. Die Beschleunigungssensoren, mit 16-bit-Auflösung in den wählbaren Bereichen ±2 g, ±4 g, ±8 g und ±16 g, sind als sogenannte MEMS (Micro-Electronic-Mechanical Systems) realisiert. Diese Lösung ist – verglichen mit der konventionellen Kombination von Sensor und getrennter Messwerterfassung – kostengünstiger sowie einfacher zu montieren und in das Steuerungssystem zu integrieren. Hinzu kommt ein weiterer Vorteil: Durch die beiden, um 90° gegeneinander versetzten Sensoren bietet die EP1816-3008 einerseits ein redundantes Messsystem. Andererseits lassen sich die Ergebnisse in der Steuerung zuverlässig verifizieren. Eine typische Anwendung der 3-Achs-Beschleunigungs-Box sind Vibrations- beziehungsweise Schock-/Schwingungserfassung an Maschinen und auch Gebäuden. So lassen sich über die gemessenen Beschleunigungen beispielsweise die Schwingungen von Roboterarmen exakt und ohne großen Aufwand erfassen. Bei Holzsägemaschinen kann die EP1816-3008 – auf dem Bearbeitungstisch befestigt – mit ihrer schnellen Signalerfassung zuverlässig die Winkelverstellung des Sägeblatts überwachen.
Druckluftmessung der kurzen Wege
Die ebenfalls neue Differenzdruckmessbox EP3744 ist eine kompakte Komplettlösung zur Messung, Überwachung und Analyse der in fast allen industriellen Automatisierungsbereichen vorhandenen Druckluftversorgung. Diese EtherCAT Box verfügt über sechs digitale Ein- und zwei digitale Ausgänge sowie über vier Druckeingänge mit integrierten 6-mm-Fittings. Die Druckmessung erfolgt als Differenzwert zum fünften Druckanschluss, der für die IP-67-Konformität über einen Schlauch in eine geschützte Umgebung geführt wird. Damit steht für Druck-Monitoring und -Überwachung ein kompaktes und leichtes Stand-alone-Gerät für den direkten Einsatz im Feld bereit. So entfallen einerseits lange Wege beziehungsweise Schlauchverbindungen vom Prozess in den Schaltschrank, andererseits ist die häufig vorgeschriebene Trennung von Elektrik und Pneumatik auf einfachste Weise möglich. Einsetzen lässt sich die EP3744 unter anderem bei der Betriebsdrucküberwachung. Die dezentrale und systemintegrierte Druckmessung ist zudem die ideale Lösung, um Leckagen frühzeitig zu erkennen und zu lokalisieren. Und auch zu einem reibungslosen Bearbeitungsablauf kann die EP3744 beitragen: So lässt sich beispielsweise bei einem Pick-and-Place-Automaten ohne großen Aufwand der für den Greifvorgang notwendige Unterdruck überwachen. Die EtherCAT Box muss hierfür lediglich über einen einfachen Abzweig (T-Stück) in die Druckluftversorgung des Sauggreifers integriert werden.
Portfolio mit Infrastruktur-Komponenten
Um die Messdatenerfassung einer Maschine beziehungsweise Anlage konsequent dezentral auslegen zu können, sind entsprechende Infrastrukturkomponenten unverzichtbar. Im Falle der neuen Smart-Power-Box EP9224 wird diese Aufgabe sogar mit Messtechnik-Funktionalität kombiniert: Diese 4/4-Kanal-Powerverteilung ermöglicht den Anschluss von vier EtherCAT-Box-Spannungsversorgungszweigen. In jedem 24-V-Zweig wird der Stromverbrauch für Steuer- und Peripheriespannung überwacht, begrenzt und gegebenenfalls abgeschaltet. Alle Eingangsspannungs- und Ausgangsstromwerte können über die Prozessdaten in der Steuerung ausgewertet werden. Im Fehlerfall profitiert man außerdem von einem kontinuierlichen Data-Logging relevanter Daten, wie Stromwerten oder auch Temperaturen. Diese lassen sich aus einem Ringpuffer abrufen, um Fehlerursachen besser eingrenzen zu können.
Die EtherCAT-Technologie unterstützt übrigens nahezu beliebige Topologien, die durch die EtherCAT-Box-Module auch direkt im Feld verzweigt werden können. Wenn im Rahmen der Sterntopologie mehrere Abzweige an einer Stelle erforderlich sind, kann ein EtherCAT-Sternverteiler eingesetzt werden um die Topologie weiter zu verzweigen. Analog zu den Infrastrukturkomponenten in IP 20 bietet der 8-fach-EtherCAT-Sternverteiler EP9128 die Möglichkeit, auch in der IP-67-Welt die Verzweigungen der Topologie mit einer möglichst geringen Zahl an Komponenten aufzubauen. Das EtherCAT-Netzwerk wird an den Eingangsport des Sternverteilers angeschlossen und kann an den übrigen sieben Ports erweitert werden.
Die EtherCAT/Industrial-Ethernet-Module EP9521 und EP9522 für Industrial-Fast-Ethernet/100 MBaud dienen als Medienkonverter von Lichtwellenleiter- auf Kupfer-Physik und umgekehrt. Beide Medienkonverter sind für Multimode-Lichtwellenleiter geeignet. Mit der 2-kanaligen EP9522 können neben dem Kupferabzweig durch den zweiten LWL-Port weiterführende Lichtwellenleiter-Topologien aufgebaut werden, während die 1-kanalige EtherCAT Box EP9521 zum direkten Übergang von einem ins andere Medium genutzt wird. Weitere wichtige Infrastrukturkomponente ist der IP-67-Ethernet-Switch CU2608. In einem kompakten Kunststoffgehäuse bietet er unter anderem acht D-kodierte M12-Ethernet-Ports, 10/100 MBaud, Halb- oder Vollduplex, automatische Baudratenerkennung, Cross-over-Detection sowie übersichtliche und schnelle Diagnose.
Software zur Einbindung der Messtechnik
In besonderem Maße wird die neue, in Microsoft Visual Studio integrierte Software-Generation TwinCAT 3 den Anforderungen von Scientific Automation – also der Verbindung von Automatisierung und Messtechnik – gerecht. Die Echtzeitumgebung ist hier so aufgebaut, dass nahezu beliebig viele SPSen, Sicherheits-SPSen und C++-Tasks auf einem oder auf unterschiedlichen CPU-Kernen ausgeführt werden können. Vor allem die neue TwinCAT-3-Condition-Monitoring-Bibliothek nutzt diese Möglichkeiten: Rohdaten können mit einer schnellen Task aufgezeichnet und mit einer eher langsameren Task weiterverarbeitet werden. So lassen sich hervorragend Messdaten kontinuierlich aufzeichnen und diese unabhängig davon in einer zweiten Task mit zahlreichen Algorithmen analysieren. Die einzelnen Funktionsbausteine der Condition-Monitoring-Bibliothek legen ihre Ergebnisse in einem globalen Transfer-Tray, einer Art Speichertabelle, ab. Von dort aus kann man die Ergebnisse in Variablen umkopieren oder mit Hilfe anderer Algorithmen weiterverarbeiten und sich so eine individuelle Mess- und Analysekette zusammenstellen.
Für das Erstellen von Matlab/Simulink-Modulen sind keinerlei Beckhoff-spezifische Bausteine oder andere Modifikationen des ursprünglichen Modells notwendig. Durch die Matlab- und Simulink-Coder wird C++-Code erzeugt, der dann in ein TwinCAT-3-Modul kompiliert wird. Eine mehrfache Nutzung der Module durch Instanziierung ist ohne weiteres möglich. Das Blockschaltbild aus Simulink kann direkt in TwinCAT dargestellt und beispielsweise zum Setzen von Breakpoints genutzt werden. TwinCAT Scope bietet als Werkzeug die Möglichkeit zur Darstellung aller relevanten Signale einer Scientific-Automation-Software. Seine View-Komponente dient dabei der Visualisierung von Signalen in Charts, die Server-Komponente zeichnet die Daten auf dem entsprechenden Zielgerät auf. Mit Scope lassen sich Messwerte zyklusgenau auch im μs-Bereich ablesen sowie etwa die Oversamplingwerte der EtherCAT-Messtechnikklemmen veranschaulichen.
Die EtherCAT- und Signalverdrahtung in Schutzart IP 67 vereinfacht sich übrigens durch vorkonfektionierte EtherCAT-, Power- und Sensorleitungen. Verdrahtungsfehler werden weitgehend vermieden und somit Inbetriebnahmezeiten optimiert. Zudem stehen feldkonfektionierbare Stecker und Kabel für eine hohe Flexibilität zur Verfügung. Kombi-I/O-Module und die hohe Signalgranularität führen ebenfalls zu geringen Systemkosten. co

INFO-TIPP
Wie zukunftsträchtig die Messtechnik-Integration entsprechend dem ganzheitlichen Ansatz von Scientific Automation ist, zeigt beispielhaft das von Beckhoff als Konsortialführer geleitete Innovationsprojekt ScAut im Spitzencluster it’s OWL (Intelligente Technische Systeme OstWestfalenLippe). Hier sollen – auch im Sinne von Industrie 4.0 – die ständig wachsenden Leistungsreserven der PC-Technologie zur Implementierung wissenschaftlicher Erkenntnisse auf Standard-Maschinensteuerungen genutzt werden. Konkretes Beispiel ist das prozessoptimierte Bohren, bei dem Spindelstrom und -leistung, Vorschubstrom und -leistung, Schwingung von Spindel und Werkstück sowie Bohrloch-Temperatur, Spanbildung und Bohrbild als Regelparameter zur Optimierung der Fertigung dienen.

PRAXIS PLUS
Gehäuse in Schutzart IP 67 und IP 69K: Die Module EP mit Kunststoff-Industriegehäuse sind voll vergossen und daher ideal geeignet für nasse, schmutzige oder staubige Umgebungsbedingungen. Der Anschluss der Sensorik und Aktorik erfolgt je nach Einsatzfall über schraubbare Steckverbinder in M8 oder M12 oder über D-Sub-Stecker. Dabei sind die EtherCAT-Box-Module mit 30 mm Breite, 126 mm Höhe und 26,5 mm Tiefe äußerst kompakt; ebenso wie die lediglich doppelt so breite 16-Kanal-Baureihe. Qualifiziert mit dem erweiterten Temperaturbereich von -25 bis +60 °C können sie auch in extremen Klimazonen eingesetzt werden. Ergänzt wird diese Familie durch die Module EQ mit Edelstahlgehäuse. Sie sind vollständig im ‚Hygienic Design‘ ausgelegt, können also in extremer, rauer und korrosionsgefährdeter Industrie-Umgebung eingesetzt werden. Somit sind sie ideal für Anwendungen in der Lebensmittel-, Chemie- oder Pharmaindustrie geeignet, welche die Schutzklasse IP 69K erfordern.
Newsletter

Abonnieren Sie unseren Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Hier finden Sie aktuelle Whitepaper

Videos

Hier finden Sie alle aktuellen Videos


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de