Eigentlich ist der Einsatz von Blei schon lange verboten. Bei Kupferlegierungen allerdings gibt es bis jetzt eine Ausnahmeregelung. So sind darin bis zu 4 % Bleianteil erlaubt, um die Zerspanbarkeit zu verbessern. Dazu gehört auch Messing, das in Kabelverschraubungen verarbeitet wird. Endet die Ausnahme, darf auch Messing kein Blei mehr enthalten, das legt die europäische Richtlinie RoHS (Restriction of Hazardous Substances) fest. In der REACH-Chemikalienverordnung steht Blei zudem auf der Kandidatenliste der ‚Substances of very high concern‘, die schon bald verboten werden könnten.
Kundeninteresse an der bleifreien Verschraubung ist vorhanden
So lange wollte die U.I. Lapp GmbH mit Sitz in Stuttgart aber nicht warten: Schon seit August 2020 bietet das Unternehmen Kabelverschraubungen in einer bleifreien Messingvariante an. Die ersten Reaktionen der Anwender sind sehr positiv. „In den ersten Wochen haben wir vielfach erlebt, dass das Thema für unsere Kunden eine Rolle spielt und sie darauf gewartet haben, bis einer den ersten Schritt macht und endlich eine bleifreie Variante präsentiert“, erklärt Produktmanagerin Lisa Schlingmann.
Zerspanbarkeit von Messinglegierungen sicherstellen
Doch der Verzicht auf Blei war nicht so einfach. Bisher wurde für Messingprodukte zwischen 2 und 4 % Blei beigemengt, um die Zerspanbarkeit der Messinglegierungen zu verbessern. Der Grund: Blei wirkt in Kupferlegierungen als Spanbrecher und Schmiermittel. Durch die geringere Materialhärte lässt sich die Verschraubung schneller und einfacher bearbeiten.
Fertigungsprozesse erfordern eine Anpassung
Auf der Suche nach einer Alternative hat Lapp monatelang unterschiedliche bleifreie Legierungen untersucht. Dazu gehörten Tests in der Fertigung, um die Prozesssicherheit und die Tauglichkeit der Werkzeuge sicherzustellen. Schließlich wurde ein Werkstoff gefunden, der sehr zufriedenstellende Ergebnisse bei der Herstellung der Zwischenstutzen und Hutmuttern für die Kabelverschraubungen liefert. Trotzdem waren aufwändige Prozessanpassungen notwendig. Hierfür mussten teils neue Werkzeuge angeschafft werden.
Produkteigenschaften bleiben erhalten
Sowohl das Labor von Lapp sowie externe Prüfinstitute haben bestätigt, dass die Eigenschaften der Produkte vergleichbar sind mit denen der bleihaltigen Varianten. Das gilt
- für die mechanischen Eigenschaften,
- die Korrosionsbeständigkeit sowie
- die EMV-Eigenschaften.
Auch erfüllen die bleifreien Varianten die Schutzart IP68. Das neue Material ist zwar aufwändiger zu verarbeiten, dennoch hat sich Lapp entschieden, das Material ins Standardsortiment aufzunehmen. „Nachhaltigkeit ist uns wichtig“, betont Guido Ege, Leiter Produktmanagement und -entwicklung bei Lapp. „Deshalb handeln wir bereits jetzt und warten nicht ab, bis ein Gesetz uns dazu zwingt.“
Erste bleifreie Kabelverschraubungen
Zum Start gibt es die gängigsten Kabelverschraubungen von Lapp auch in einer bleifreien Variante. Zu den ersten Produkten gehören die Modelle
- Skintop MS-M und
- MS-SC-M sowie
- die Gegenmutter Skindicht SM-M.
Für vielseitige Anwendungen im Maschinen- und Anlagenbau, in der Mess-, Steuer- und Regeltechnik sowie bei hohem Anspruch an die mechanische und chemische Stabilität ist die Skintop MS-M erste Wahl. Sie bietet optimale Zugentlastung, große Klemmbereiche, viele Zulassungen und eine hohe Schutzart. Die EMV-Verschraubung Skintop MS-SC-M mit hochleitfähiger, flexibler EMV-Kontaktfeder hat einen niederohmigen Schirmkontakt zur EMV-gerechten Erdung des Schirmgeflechts. Alle diese Varianten sind in den metrischen Größen M12 bis M63 sofort lieferbar ab Lager. Schrittweise werden weitere Produktgruppen um bleifreie Varianten ergänzt.
Auch die bisherigen Varianten bleiben vorerst weiterhin ab Lager verfügbar. Das bedeutet für Lapp einen deutlich höheren Aufwand in Bezug auf das Material- und Spänemanagement. Die Prozesse sind schlichtweg doppelt zu managen. „Mit den bleifreien Kabelverschraubungen hat sich Lapp erfolgreich den Herausforderungen eines alternativen Werkstoffs gestellt“, fasst Produktmanagerin Lisa Schlingmann aber noch einmal die Motivation zusammen.
Auch bleihaltige Kabelverschraubungen sind sicher
Anwender, die trotzdem noch die bleihaltigen Kabelverschraubungen verwenden, müssen sich keine Sorgen machen. Die Standard-Messingverschraubungen von Lapp sind mit Nickel veredelt. Somit kommt der Anwender mit der Messinglegierung selbst gar nicht in Kontakt. Auch mit Trinkwasser kommen die Verschraubungen nicht in Berührung. „Von unseren Kabelverschraubungen selbst, die einen geringen Bleianteil enthalten, geht keine Gefahr für die Anwender aus“, so Schlingmann abschließend. „Uns ist aber dennoch wichtig, den gesamten Materialkreislauf zu beeinflussen und dahingehend zu wirken, dass Blei künftig aus der gesamten Wertschöpfungskette verbannt werden kann.“ (co)
Mehr zu den Skintop Kabelverschraubungen:
hier.pro/16tFs
Kontakt:
U.I. Lapp GmbH
Schulze-Delitzsch-Straße 25
70565 Stuttgart
Tel. +49 711/7838-01
info@lappkabel.de
www.lappkabel.de
REACH und ROHS
Was ist REACH?
REACH ist die Europäische Chemikalienverordnung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe. Darin wird definiert, dass Hersteller, Importeure und Anwender die Verantwortung für ihre Chemikalien übernehmen müssen. Sie müssen garantieren, dass Chemikalien, die sie herstellen und in Verkehr bringen, sicher verwendet werden können. Für die Nutzung von Chemikalien gibt es ein detailliertes Regelwerk. Unter anderem steht auch Blei als einer der Stoffe auf der Liste der für eine Zulassung in Frage kommenden besonders besorgniserregenden Stoffe (SHVC-Liste).
Was ist ROHS?
Dabei handelt es sich um die Richtlinie 2011/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2011 zur Beschränkung der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten. Besonders beschränkt werden darunter Kupferlegierungen mit einem Massenanteil von bis zu 4 % Blei (derzeitige Ausnahme 6c in Anhang III der RoHS-Richtlinie).