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Profinet gibt Gas!

Höhere Produktivität durch einfache Integration per Performance Upgrade
Profinet gibt Gas!

Sowohl Endanwender als auch Maschinenbauer können nun von einem leistungsstärkeren Profinet profitieren. Über ein Performance Upgrade lassen sich entsprechend der Profinet-Spezifikation V2.3 Zykluszeiten von 31,25 µs erreichen. Die dafür erforderliche Integration in die Feldgeräte lässt sich mittels der verfügbaren Basistechnologien leicht umsetzen. Das reduziert nicht nur den Entwicklungsaufwand, sondern ermöglicht auch eine nachhaltige Steigerung der Produktivität der jeweiligen Maschine.

DER AUTOR Dipl.-Ing. Wolfgang Schroeder ist Produkt Manager Profinet Technologie bei der Siemens AG in der Business Unit Industrial Automation Systems am Standort Nürnberg.

Produktivität ist für jede industrielle Fertigung ein entscheidendes Kriterium. Ein Anlagenbetreiber erwartet, dass neue Maschinengenerationen immer mehr Güter in immer kürzerer Zeit produzieren können, ohne dass dafür die Kosten signifikant steigen. Damit die Maschinenbauer die Produktionsgeschwindigkeit steigern können, sind intelligente und leistungsstarke Automatisierungslösungen sowie ein zuverlässiges Zusammenspiel zwischen Steuerung und Feldgeräten gefragt. Eine performante Kommunikation bildet dabei das Rückgrat jeder dezentralen Automatisierungslösung.
Durch die steigenden Anforderungen an die schnelle Übertragung von Prozessdaten zwischen Steuerung und Feldgeräten müssen auch die Zykluszeiten immer kürzer werden. Eine ausschließliche Fokussierung auf die Kommunikationszyklen wird jedoch einer modernen Maschine nur bedingt gerecht: Produktionsdaten werden zwischen den Maschinen ausgetauscht, überlagerte Manufacturing-Execution-Systeme (MES) sowie ERP-Systeme überwachen den gesamten Produktionsprozess und Qualitäts-Managementsysteme speichern umfangreiche Track&Trace-Daten. So gewinnt auch die Anbindung der Maschinen an das Produktionsnetzwerk immer stärker an Bedeutung.
Als Industrial-Ethernet-Standard verbindet hier Profinet die Offenheit in der Kommunikation mit der Echtzeitfähigkeit bei der Automation. Neben schneller I/O-Kommunikation können Standarddaten per TCP/IP rückwirkungsfrei parallel übertragen werden. Die für die Echtzeitfähigkeit notwendigen Erweiterungen des Ethernet-Standards schränken dabei die offene Standardkommunikation in keiner Weise ein. Erfahrene Entwickler der Mitgliedsfirmen von Profibus & Profinet International (PI) haben dazu eine Architektur geschaffen, die durch eine weitreichende Skalierbarkeit geprägt ist. So ist es heute möglich, Maschinen und Anlagen von der Prozessindustrie über die Fabrikautomatisierung bis hin zu schnellen Motion-Control-Applikationen mit Profinet zu vernetzen. Damit schafft Profinet die Voraussetzungen für beides – sowohl für eine hohe Produktivität als auch für eine nahtlose Integration der Maschinen und Anlagenteile in die Gesamtproduktion.
Skalierbare Echtzeit je nach Anforderung
Für Anwendungen mit Kommunikationszyklen bis zu einer Millisekunde und ohne Notwendigkeit einer Synchronisation steht der Real-Time-Modus (RT) zur Verfügung. Er basiert auf dem Prinzip, Profinet-Telegramme aufgrund ihres speziellen Ethertypes und höchster Virtual-Local-Area-Network-Priorität (VLAN) auf schnellstem Weg durch ein Netzwerk zu transportieren. Da diese Priorisierung keine synchronisierte Kommunikation erfordert, lässt sich RT ohne besondere Anforderungen an die Hardware in Feldgeräten realisieren – Profinet mit RT kann durch eine einfache Erweiterung der Firmware integriert werden.
Für Applikationen, die kürzere Zykluszeiten als eine Millisekunde und vor allem eine synchrone Kommunikation benötigen, wurde der Isochronous-Real-Time-Modus (IRT) entwickelt. Dabei wird je Zyklus eine gewisse Zeitdauer ausschließlich für den IRT-Verkehr reserviert, die sogenannte IRT-Phase. So lässt sich sicherstellen, dass alle Daten in dieser Phase gesendet werden und zum Ende der Phase sowohl im Controller als auch in den Geräten zur Verfügung stehen. Nach der IRT-Phase werden dann wieder sämtliche Standarddaten wie TCP/IP-Telegramme versendet. Das Timing der Phasen und die Synchronisation aller Geräte erfordert dabei eine entsprechende Hardware-Unterstützung, weshalb die Integration von IRT den Einsatz entsprechender Technologien voraussetzt.
Die Leistungsfähigkeit von Profinet lässt sich nun mit einem Performance Upgrade für IRT entsprechend der Spezifikation V2.3 steigern. Waren bislang Zykluszeiten von 250 µs erreichbar, lassen sich mit den Mechanismen ‚Fast Forwarding‘, ‚Dynamic Frame Packing‘ und ‚Fragmentation‘ (siehe Kasten) taktsynchrone Zykluszeiten von 31,25 µs erzielen. Das Besondere ist, dass auch bei dieser leistungsstarken Echtzeitkommunikation uneingeschränkt parallel per TCP/IP auf alle Teilnehmer zugegriffen werden kann. Das genau ermöglicht eben die nahtlose Einbindung in überlagerte Systeme und vereinfacht die Diagnose von Maschinen und Anlagen.
Das Performance Upgrade verkürzt die Zykluszeiten um den Faktor Acht. Da im Allgemeinen Zykluszeit und Produktivität einer Maschine in einem direkten Verhältnis zueinander stehen, bedeutet das, dass durch das Performance Upgrade die Möglichkeit geschaffen wurde, die Produktivität von Maschinen ebenfalls um den Faktor Acht zu steigern. Natürlich lässt sich diese Steigerung nicht in einem Schritt realisieren, weil sowohl die Feldgeräte als auch die Mechanik einer Maschine die höheren Produktionsmengen verarbeiten können müssen. Während Mechanik und Architektur der Maschine in der Hand des Maschinenbauers liegen, muss dieser sich bei den Feldgeräten auf seine Lieferanten verlassen können. Diese müssen ihre Geräte um das Performance Upgrade erweitern.
Einfache Integration in Feldgeräte
Für den Einsatz von Profinet mit IRT muss die erforderliche Hardware-Unterstützung in den jeweiligen Technologiekomponenten enthalten sein, die protokollspezifischen Aufgaben übernimmt ein Firmware-Stack. So muss sich der Entwickler nicht mit den Switching-Details der Profinet-Kommunikation befassen und alle Teile des Stacks einzeln adressieren. Vielmehr kann er sich voll auf seine Geräteentwicklung konzentrieren und seine Applikation einfach über eine Anwenderschnittstelle mit Profinet verbinden. Viele der in der PI aktiven Technologieunternehmen bieten kostengünstige Lösungen an, so dass die Integration ohne detaillierte Kenntnisse der Protokollmechanismen erfolgen kann.
Für die Integration des Performance Upgrades sind im Wesentlichen drei Technologievarianten geeignet:
  • ASICs (Anwendungsspezifisch integrierte Schaltungen) sind dediziert für die leistungsstarke Profinet-Kommunikation ausgelegt. Sie verfügen über optimierte Hardware-Unterstützung und umfangreiche Ressourcen, die eine performante Kommunikation ermöglichen.
  • Mikrocontroller sind für unterschiedliche Aufgaben und häufig als Multiprotokolllösung einsetzbar. Unterschiedliche, für den Einsatz mit Profinet optimierte Mikrocontroller, verfügen über eine für IRT geeignete Architektur.
  • FPGAs (field-programmable gate arrays) lassen sich sehr flexibel einsetzen und bieten ebenfalls die Möglichkeit, einen IRT-Switch mit Performance Upgrade zu realisieren. Die Leistungsfähigkeit des Gesamtsystems hängt jedoch sehr stark vom verwendeten FPGA ab.
Bei der Wahl der richtigen Technologie spielen mehrere Faktoren eine entscheidende Rolle. Da jedes Feldgerät unterschiedliche Anforderungen hinsichtlich Größe, Leistungsbedarf für applikative Berechnungen, Kostenoptimierung und vieles mehr hat, ist jeweils im Einzelfall abzuwägen, welches die richtige Lösung ist (siehe Tabelle).
Klemme-Klemme-Reaktionszeit exakt bestimmen
Kurze Zykluszeiten sind elementar für eine schnelle Kommunikation, doch sie allein reichen nicht aus für eine schnelle Reaktion der Maschine auf Ereignisse. Bei Profinet lässt sich allerdings auch die Reaktionszeit sehr einfach bestimmen. Dazu genügen drei Parameter, die allesamt bekannt sind: Ti, To und die Zykluszeit. Ti ist die Zeitdauer, die ein Feldgerät benötigt, um einen Eingangswert zu verarbeiten; bei einer analogen Eingangsklemme ist dies die Sampling-Zeit. To ist die Zeitdauer, die ein Feldgerät benötigt, um einen Ausgangswert auszugeben beziehungsweise zu stellen. Ti und To werden durch den Gerätehersteller spezifiziert und sind in der Profinet-Gerätebeschreibungsdatei (GSDML) zu finden, die Zykluszeit stellt der Anwender selbst ein. Auf diese Weise kann die Klemme-Klemme-Reaktionszeit einfach und exakt bestimmt werden.
Bei der Verwendung von IRT mit einem taktsynchronen Anwendungsprogramm ist sichergestellt, dass Eingangsdaten im Feldgerät ausreichend früh erfasst werden, so dass sie exakt zu Beginn der IRT-Phase übermittelt werden können. Bei den Ausgangsdaten setzt das Feldgerät den Ausgang innerhalb der spezifizierten Zeit.
Interessanterweise zeigen Analysen, dass sich ein Großteil der heute üblichen Zykluszeiten bei verbreiteten Applikationen in der Automatisierungstechnik nach wie vor im Bereich von 500 µs bis 10 ms bewegt. Für Feldgerätehersteller stellt sich damit natürlich die Frage, inwieweit eine Integration des Performance Upgrades notwendig beziehungsweise wirtschaftlich sinnvoll ist. Das Performance Upgrade ist aber zunächst einmal nur eine Erweiterung der Leistungsfähigkeit von IRT – die Grundmechanismen, die bei IRT zum Einsatz kommen, bleiben auch bei Verwendung des Performance Upgrades gleich. Folglich integrieren aktuell nahezu alle Technologieanbieter, die Lösungen mit IRT anbieten, das Performance Upgrade in ihre Technologieprodukte. Für Feldgerätehersteller bedeutet das, dass in absehbarer Zeit alle für IRT verfügbaren Technologien auch das Performance Upgrade von Profinet unterstützen. Eine Integration führt daher zu keinerlei Mehrkosten. Es sollte jedoch vor Beginn der Entwicklungsarbeiten sichergestellt sein, dass die ausgewählte Plattform für das Performance Upgrade vorbereitet ist. Denn dann ist die Gerätehardware fit für die Zukunft, da sich der Trend zu immer kürzeren Zykluszeiten nicht umkehren lässt. Maschinenbauer können und werden die Produktivität ihrer Maschinen weiter nachhaltig steigern. Kommunikationsseitig sind die Voraussetzungen mit dem Performance Upgrade auf alle Fälle geschaffen. co

INFO-TIPP
Neue Mechanismen beschleunigen Profinet: Für den Isochronous-Real-Time-Modus (IRT) wurde die Leistungsfähigkeit von Profinet in der Spezifikation V2.3 weiter gesteigert, statt Zykluszeiten von 250 µs lassen sich nun mit den Mechanismen ‚Fast Forwarding‘, ‚Dynamic Frame Packing‘ und ‚Fragmentation‘ taktsynchrone Zykluszeiten von 31,25 µs erzielen.
  • ‚Fast Forwarding‘ senkt die Verzögerungen in den Geräten auf zirka 1,2 µs, da es die Weiterleitung von Telegrammen im integrierten Switch eines Geräts beschleunigt.
  • Über ‚Dynamic Frame Packing‘ (DFP) wird die genutzte Bandbreite optimiert, indem die Daten für mehrere in Linie verbundene Geräte in einem einzigen Telegramm übertragen werden. Im Gegensatz zum Summenrahmentelegrammverfahren ist DFP ein dynamisches Verfahren, so dass keine leeren Datencontainer transportiert werden.
  • Mittels ‚Fragmentation‘ werden TCP/IP-Daten auch bei kürzesten Zyklen zuverlässig übertragen, denn sie zerteilt große TCP/IP-Telegramme in kleine Einheiten. In den IRT-Switches werden die Original-TCP/IP-Telegramme wieder hergestellt, so dass den Applikationen die Fragmentierung verborgen bleibt.
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