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Maschinensicherheit in China

In Anlehnung an die europäische Maschinenrichtlinie
Maschinensicherheit in China

Für die exportierenden deutschen Maschinenbauer wird China zu einem immer wichtigeren Markt. Nach Angaben des „China National Statistical Yearbook“ von 2011 importierte China allein im Jahr 2010 rund eine Million Werkzeugmaschinen. Für den Maschinenbau stellt sich somit immer häufiger die Frage, welche Anforderungen der Maschinensicherheit zu beachten sind, wenn die Maschinen und Anlagen in China eingesetzt werden?

Tingqi Wang (MBA), Produkt Application Manager Safety & Automation Technology, Schmersal Industrial Switchgear, Shanghai/China, und Frank Schmidt, Leiter Normen-, Gremien- und Verbandsarbeit der K.A.Schmersal GmbH & Co. KG in Wuppertal www.schmersal.com

Schon 1998 hat China eine Richtlinie zur Verbesserung und Überwachung der Sicherheit eingeführter Maschinen/Anlagen herausgebracht: die „Verwaltungsregeln der Normen für importierte elektromechanische Produkte“ (1998-3-1), die aber kaum noch genutzt wird. Heute lehnt sich das Land an europäische Regelwerke an. Dabei hat sich auch die Maschinenrichtlinie 2006/42/EG bewährt. Zudem arbeitet das Land inzwischen auch in den einschlägigen ISO- und IEC-Gremien mit.
Neue Anforderungen
Für die europäische exportierende Industrie ist vor allem die Frage interessant, welche nationalen Anforderungen zu berücksichtigen sind, wenn die Maschinen oder Komponenten in China zum Einsatz kommen. Hier sind aktuell Änderungen zu erwarten: Nach Aussage der zuständigen Behörde CNCA (State Administration for Certification & Accreditation) soll es 2013 erstmals Zertifizierungen für Komplettmaschinen aus nationaler Fertigung geben – zunächst auf freiwilliger Basis. Zudem zeichnet sich ab, dass an einem landesweiten Sicherheits-, Überwachungs- und Zertifizierungssystem gearbeitet wird.
Was ist zu berücksichtigen?
Bei der Recherche nach gültigen Anforderungen sind vier Ebenen zu beachten:
  • Nationale Gesetze und Vorschriften,
  • Regionale/lokale Richtlinien und Verwaltungsvorschriften,
  • Nationale/regionale verbindliche Normen,
  • Produktzertifizierungen.
Da sich die Struktur der Ministerien und Behörden sowie ihre Zuständigkeiten mit jedem Fünfjahresplan ändern, ist vieles im Fluss und es gibt viel Interpretationsspielraum.
Die wesentlichen Gesetze der Ebene 1 „Nationale Gesetze und Vorschriften“, die von der Behörde AQSIQ verantwortet werden, sind:
  • Standardization Law,
  • Product Quality Law,
  • Import & Export Commodity Inspection Law,
  • Regulations on Compulsory Certification (CCC),
  • Regulations on Safety Supervision of Special Equipment.
Von diesen Gesetzen und Normen, die mehrmals pro Jahr durch Amendments erweitert werden, beinhaltet das Produktqualitätsgesetz (Product Quality Law) zurzeit das größte Einflusspotential für Exportgüter nach China. Unter dieses Gesetz fallen alle in der Volksrepublik China produzierten, verkauften und verwendeten Produkte. Laut CNCA ist dieses Gesetz bis jetzt nicht für Industrieausrüstungsgüter „scharf geschaltet“ worden. Damit ist aber zu rechnen. Wichtig ist z.B. Paragraph 27, der Hinweise zur Beschriftung gibt: Die Sprache der Betriebsanleitung und die Sprach-/Schriftzeichen der Bedienelemente und Warnhinweise ist Chinesisch.
Regionale und lokale Vorschriften
Im Zusammenhang mit den nationalen Gesetzen und den (primär) „mandatory standards“ haben einzelne Regionen spezielle Ausführungsrichtlinien erlassen. Da es derzeit kaum übergeordnete Sicherheitsregularien gibt, heißt das: Die meisten Anforderungen zur Maschinensicherheit sind in zahlreichen regionalen und lokalen Verwaltungsvorschriften zu finden. Diese lokale Landschaft ist intransparent und muss ggf. vor Lieferung vor Ort analysiert werden.
Die Maschinensicherheit ist primär durch nationale und branchenbezogene Normen des „Standardization Law“ von 1998 abgedeckt. Es gliedert die chinesische Normung in vier Ebenen. Die nationalen Normen mit „GB“-Angabe sind universell gültig und haben gesetzlichen Charakter. Rund 50 % der nationalen GB-Normen beruhen auf außerchinesischen Referenzstandards (z. B. DIN, ISO, IEC, ANSI, JIS). Es gibt folgende Gruppen:
  • GB – Nationale gesetzlich-verbindliche Norm (mandatory),
  • GB/T – Nationale unverbindliche Norm (voluntary),
  • GB/Z – National Standardization Guiding Technical Documents.
Die Branchennormen haben ebenfalls Gültigkeit in allen Regionen, aber nur für eine Branche, und sie dürfen keiner nationalen Norm widersprechen. Jede Branche hat eine zweistellige Abkürzung (z.B: Maschinenbau – JB, Eisenbahnwesen – TB). Auch hier haben Normen, die nur das Branchenkurzzeichen tragen, gesetzlichen Charakter:
  • JB – Gesetzlich-verbindliche Maschinenbau-Norm (mandatory),
  • JB/T – Unverbindliche Maschinenbau-Norm (voluntary).
Regionale Standards gelten für eine Region. Sie beschreiben z.B. die Anforderungen an die Sicherheit und Hygiene von industriellen Produkten, die lokal produziert/verarbeitet werden. Weiterhin decken diese Standards regionale Besonderheiten der Sicherheit, der Ernährung, des Bauwesens oder des Verkehrswesens ab. Gekoppelt mit dem Kurzzeichen haben ca. 60 Wirtschaftssonderzonen, Metropolen und Regionen eigene vierstellige Abkürzungen, z.B. die Beijing Municipality (Peking) DB 11 und die Shandong Province DB 37. Auch hier haben Normen nur mit dem Regionenkurzzeichen gesetzlichen Charakter. So bezeichnet z.B. DB 11 eine verbindliche Norm in Beijing und DB11/T eine unverbindliche Norm im selben Geltungsgebiet.
Unternehmensbezogene Entwicklungs-, Fertigungs- und Qualitätshandbücher werden als Unternehmensstandards bezeichnet und sind Außenstehenden nicht zugänglich. Der Normen-Code, beginnend mit einem Q, gibt Hinweise auf das Unternehmen und seinen Standort. Ein Beispiel: Q/LL EEE NNNN-YY (LL = Region, EEE = Unternehmen, NNNN = behördlich zugeordnete Nummer).
Gliederung der Normen
In jedem Fall relevant sind die Standards für funktionale, elektrische und allgemeine Maschinensicherheit. China ist in allen relevanten ISO- und IEC-Komitees als P-Member aktiv, und für die jeweiligen TC (Technical Committees) gibt es nationale Spiegelkomitees. Dabei hat sich China voll an die aus Europa bekannte A-B-C-Struktur (Basis, Group und Product Safety) angepasst und viele internationale und europäische Normen übernommen. Zurzeit sind auf der nationalen GB-Ebene und der Maschinenbau-Ebene JB circa 400 Normen vorhanden, darunter viele umgesetzte EN- und ISO-Normen. Die wichtigsten TC für Maschinensicherheit sind:
  • Chin. TC 208 (ISO TC 199) – Safety of Machinery,
  • Chin. TC 231 (IEC TC 44) – Electrotechnical Aspects of Machinery Safety,
  • Chin. TC 124 (IEC TC 65) – Industrial-process Measurement & Control.
Das SAC/TC 208 hat übergeordnete Bedeutung, denn es ist zuständig für die Koordinierung, Entwicklung, Umsetzung und Förderung der nationalen Maschinensicherheits-Normen sowie für die Umwandlung und Anpassung der europäischen Normenstruktur. Viele EN- und ISO-Normen sind bereits in chinesische Normen umgesetzt. Die überwiegende Mehrheit von elektrotechnischen Produkten, die an Maschinen verwendet werden, ist in den 23 Produktkatalogen des CCC- Zertifizierungssystems (China Compulsory Certification) gelistet und somit prüfpflichtig. Das gilt auch für Sicherheits-Schaltgeräte. Anträge auf Zertifizierung können beim CQC (China Quality Certification Center) gestellt werden. Inzwischen liegen gute Erfahrungen mit der Internet-Direktbeantragung vor. Für kleinere Ersatzteillieferungen kann eine Befreiung beantragt werden. Verursacht ein Produkt Schäden an Mensch oder Maschine und kann nachgewiesen werden, dass es nicht oder nur teilweise den einschlägigen Normen erfüllt, muss der Hersteller oder Importeur mit Sanktionen rechnen. ge

INFO-TIPP
Im Regelfall entsprechen Maschinen, die die internationalen/europäischen Standards erfüllen, auch den chinesischen Anforderungen und können exportiert werden. Dennoch ist es für den europäischen Maschinen- und Anlagenbau äußerst wichtig, sich frühzeitig mit den in China geltenden Bedingungen sowie der Normensituation und den Prüfpflichten auseinanderzusetzen. Verbände wie VDMA, VDW und ZVEI haben Spezialisten bzw. Büros vor Ort in Beijing und Shanghai, die Auskunft geben können:
Ein Link zur Normenrecherche:

PRAXIS PLUS
Dieser Beitrag ist eine stark gekürzte Fassung eines Aufsatzes, der im Sommer in einer Buchveröffentlichung erscheint. Das von der K.A. Schmersal GmbH & Co. KG herausgegebene Buch „Maschinensicherheit in Europa“ wird in 26 Fachbeiträgen einen umfassenden Überblick über aktuelle Themen der Maschinensicherheit geben. Zu bestellen unter
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