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IO-Link als Enabling Technology

Trendinterview: Vieles spricht für die dezentrale Automatisierung in IP67
IO-Link als Enabling Technology

Der Einsatz von IP67-Komponenten sollte die Automatisierung ins Feld verlagern und den Aufwand beim Steuerungs- und Schaltschrankbau reduzieren. Obwohl der Technik gute Wachstumsraten prognostiziert wurden, mehren sich auch die Stimmen, dass IP67 weit hinter den Erwartungen zurück geblieben sei. Die aktuelle Situation sowie die weitere Entwicklung ist Thema des Trendinterviews der Ihnen vorliegenden Ausgabe von elektro Automation. Acht Experten diskutieren eine vielschichtige Problematik.

elektro AUTOMATION: Noch vor wenigen Jahren wurde der Feldverdrahtung mithilfe von IP67-Komponenten großes Wachstum prognostiziert. Haben sich diese Erwartungen erfüllt, wie sehen Sie die aktuelle bzw. mittelfristige Entwicklung?

Adelmann (Wago): Nein, das haben sie nicht. Aktuell werden verstärkt IP20-Lösungen eingesetzt. Ursprüngliche Prognosen sagten noch vor wenigen Jahren einen Marktanteil von circa 20 bis 25 % für IP67-Komponenten gegenüber IP20 voraus. Dies hat sich jedoch nicht bestätigt. Heute liegt der Anteil in etwa bei 10 bis 15 % und konsolidiert sich auf diesem Niveau. Ein Grund dafür ist die weitaus größere Komponentenvielfalt und Flexibilität in IP20. In Verbindung mit dem bauartbedingt einfacheren Aufbau sind für Hersteller und Kunden Anwendungen leichter und kostengünstiger umsetzbar. Auch spielt die Vielfalt herstellerübergreifender IP20-Alternativen durch Zweitlieferanten eine wesent- liche Rolle bei der Entscheidung, in IP20 oder IP67 zu automatisieren. Wago verzeichnete zuletzt ein deut- liches Wachstum bei IP67.
Feinäugle (Balluff): Die Verbreitung der IP67-Installationstechnik ist verständlicherweise direkt abhängig von einer ausreichenden Verfügbarkeit diesbezüglicher Komponenten. Hier sehen wir eine komplett veränderte Situation durch den Markteintritt von IO-Link. IO-Link ist eine Schnittstelle für Sensoren und Aktoren, die in IEC61131-9 international genormt ist. Mit IO-Link ist es erstmals möglich, auch komplexere Geräte ohne gesteigerten Aufwand in IP67 auszuführen. Wo bisher vielpolige Sondersteckverbinder und geschirmte Sonderleitungen an der Tagesordnung waren, wartet IO-Link mit einem 4-poligen M12 und einem schlichten Standard-Sensorkabel auf. Beides ist hervorragend geeignet für IP67 bei gleichzeitig unschlagbarem Kostenvorteil. IO-Link ist damit geradezu die enabling technology für IP67 geworden. Es ist zu erwarten, dass sich der Markt dadurch signifikant in Richtung IP67 bewegen wird.
Gemke (Phoenix Contact): Die verkauften Stückzahlen von IP67-Komponenten haben sich bei Feldbus- und Industrial-Ethernet-Geräten unterschiedlich entwickelt. Mit Feldbus-Systemen wie Interbus wurden insbesondere im Automobilbau de facto schaltschranklose Applikationen aufgebaut. Die Gründe dafür: Es gibt bei den Feldbus-Systemen Geräte in unterschiedlichen Ausprägungen, zudem ist das System-Know-How in Planung und Instandhaltung verbreitet und es sind Tools zur Inbetriebnahme und Diagnose eingeführt. Das sah bei Industrial Ethernet anders aus. Anwender haben sich mit den ersten Profinet-Schritten auf den Schaltschrank konzentriert. Insbesondere die anfänglich hohen Implementierungskosten haben der Dezentralisierung entgegengewirkt. Heute gibt es entsprechende IP67-Komponenten und Kunden planen wieder dezentral.
Hartmann (Bihl+Wiedemann): Wir können hier nur aus unserer Erfahrung sprechen. Für Bihl+Wiedemann haben sich die Erwartungen erfüllt. Wir verzeichnen gerade im IP67-Bereich gute Zuwächse. Ich denke, dass das Wachstum des Gesamtmarktes bei anderen hinter den Erwartungen zurück geblieben ist, liegt auch daran, dass sehr stark versucht worden ist, die höheren, ethernetbasierten Feldbusse wie Profinet ins Feld zu bringen. Hier ist es unter Kostenaspekten oft nicht rentabel, ein Modul mit vier Eingängen in eine Maschine zu bauen. Die Feldbusanschaltung ist bei diesen Systemen einfach relativ teuer. Bihl+Wiedemann setzt hier auf ein sehr feingranulares System auf Basis von AS-Interface. Wir sind der Meinung, dass die Signale dort eingesammelt werden sollten wo sie entstehen, und das ist eben in der Nähe des Sensors.
Hilmar Krauss (MTM Power): Wir sehen bei den Stromversorgungen in IP67 ein stetiges Wachstum. Der Markt dafür entwickelt sich kontinuierlich mit steigenden Zuwächsen. Da es sich bei Stromversorgungen in IP67 für on-maschine-Applikationen um eine vollkommen neue Produktgruppe von industriellen Stromversorgungen handelt, ist MTM Power von Anfang an mit realistischen Erwartungen gestartet. Man ist davon ausgegangen, dass es eine längere Zeit benötigt, bis sich derartige Systeme am Markt etablieren. Mittelfristig erwarten wir weiter einen zunehmenden Einsatz von IP67-Stromversorgungen. Besonders bei den Stromversorgungen werden weiterhin Lösungen im Schaltschrank den Markt dominieren.
Löpp (Weidmüller): Ob sich die Erwartungen erfüllt haben, ist differenziert zu betrachten: Im Bereich IP67-Systemverkabelung ist der Bedarf bei der Verbindung von Schaltschrank zu Schaltschrank bzw. vom Schaltschrank zur Maschine entsprechend hoch. Hier bieten wir ein durchgängiges Installationssystem, wie es beispielsweise auch die Automatisierungsinitiative der deutschen Automobilhersteller (AIDA) wünscht. Das Installations-System zur Übertragung von Energie, Signalen und Daten besteht aus abgestimmten Einzelsteckkomponenten, die zu ganzheitlichen Lösungen zusammengesteckt werden; sowohl in Kupfer- als auch in LWL-Technik. Bei der passiven Systemverkabelung haben sich unsere Erwartungen sicher erfüllt, mit mittelfristiger Tendenz nach oben. Anders sieht es bei aktiven Komponenten aus. Die Erstentwicklung dieser Geräte erfolgt in der Regel für die IP20-Welt, applikationsspezifisch zusammengestellt lösen die Geräte fast jede Automatisierungsaufgabe. Ein Schaltschrank bzw. ein Gehäuse, das die Geräte aufnimmt und schützt, ist kostengünstiger als eine Neuentwicklung in IP67. Deshalb sehen wir für aktive IP67-Geräte eher einen geringen Bedarf mit entsprechenden Marktanteilen.
Merget (Turck): Die Erwartungen sind sicher nicht ganz erfüllt worden. Besonders im Maschinenbau sehen viele Kunden hier bisher noch keinen Kosten-Vorteil im Vergleich zu einer IP20-Installation im Schaltschrank. Bislang setzen Anwender in der Regel Mischinstallationen aus IP67 und IP20 ein. Oft wurden IP67-Lösungen ebenso starr und zentralisiert umgesetzt wie zentrale IP20-Aufbauten, sodass für den Anwender kein wirklicher Vorteil zu erkennen war. Zukünftig wird es aber durch den Einsatz neuer Technologien und Topologien einfacher sein, kleine Einheiten mit der idealen I/O-Verteilung nah an der Maschine zu montieren und zu vernetzen. Turck sieht daher den Markt für IP67-Komponenten stärker wachsen als den vergleichbaren IP20-Markt. Da wir mit unserem umfangreichen IP67-Portfolio ebenso gut aufgestellt sind wir mit IP20-Lösungen, Sensorik und Anschlusstechnik, sehen wir diese Entwicklung mit Freuden.
Strauß (Murrelektronik): Unsere Erwartungen wurden erfüllt. Wir bei Murrelektronik sehen in diesem Markt ein großes Potenzial, um Maschinen effizienter zu fertigen. Immer mehr Firmen erkennen das Einsparpotenzial durch IP67-Komponenten. Wer traditionell per Klemmkästen und Reihenklemmen verdrahtet, benötigt Geduld und Fachwissen. Adern abisolieren, Aderendhülsen crimpen und die Adern auf Reihenklemmen auflegen – das dauert im Durchschnitt 2 Minuten pro Klemmpunkt. IP67-Komponenten mit M8- und M12-Anschluss bieten dagegen eine deutlich schnellere Installation, oftmals bessere Diagnosemöglichkeiten, eine klare Struktur in der Anlage und ein geringeres Fehlerrisiko. Die Zeit von der Installation bis zur Inbetriebnahme verkürzt sich um bis zu 80 % – was dem hohen Zeitdruck der Maschinen- und Anlagenbauern entgegenkommt. Nebeneffekte sind z.B. einfachere Anlagenerweiterung oder mehr Platz im Schaltschrank.
elektro AUTOMATION: Feldbusboxen und komplette I/O-Systeme in IP67 sind in den verschiedenen Varianten und Ausführungen verfügbar. Doch sind auch Stromversorgungen bzw. Energiebussysteme und Komponenten für die Antriebstechnik in IP67 lieferbar? Wie beurteilen Sie die Nachfrage nach den einzelnen Geräten?
Adelmann (Wago): Der Marktbedarf an IP67-Stromversorgungen ist durchaus gegeben. Allerdings gibt es zurzeit nur wenige wirklich überzeugend umgesetzte Konzepte, sodass sie kaum eingesetzt werden. Die Gründe hierfür liegen häufig in der fehlenden Wirtschaftlichkeit. Wenn der Preis dieser Stromversorgungen gleich hoch oder höher ist als eine vorverdrahtete IP20-Einheit aus Netzteil und Gehäuse, lohnt sich der Einsatz in der Regel nicht. Daneben fehlt aber auch die Flexibilität durch unterschiedliche Leistungsklassen und Anschlusstechniken – M23, 7/8 Zoll, M12 und M8 – in IP67. Der Marktbedarf an IP67-Ansteuerungen für die Antriebstechnik ist dagegen eher gering. IP20-Motoransteuerungen oder -Frequenzumrichter bieten hier reichlich Auswahl und werden zudem unterstützt durch direkt in den Antrieb integrierte Einheiten.
Feinäugle (Balluff): Mit unseren industriell tauglichen IP67-Netzteilen bedienen wir genau diesen Trend der schaltschranklosen Maschine. Der Vorteil für den Anwender liegt im geringen Footprint des Schaltschranks, der reduzierten Wärmeentwicklung und damit der erforderlichen Kühlleistung. Da gibt es eine hohe Resonanz besonders bei Anlagentopologien, die größere Strecken aufweisen, wie bei langen Förderbändern. Aber auch im Retrofitting und bei Erweiterungen werden die Vorteile erkannt und realisiert.
Gemke (Phoenix Contact): Wir liefern I/O-Geräte in IP67 unter dem Produktnamen Axioline E für sechs verschiedene Netzwerke in unterschiedlichen Konfigurationen und Gehäusen. Dabei ist die Spannungsversorgung für Feldgeräte mit dem Power-M12 in T-Kodierung gelöst. Das Spannungsversorgungs-System ist in der Lage, zweimal 12 A zu tragen. Im Zubehörprogramm gibt es Infrastruktur-Komponenten, um Spannungsversorgung und -verteilung direkt im Feld zu ermöglichen. Dezentrale Automatisierung in hoher Schutzart macht erst richtig Sinn, wenn auch die Spannungsversorgung sichergestellt ist.
Hartmann (Bihl+Wiedemann): Wir sehen hier einen klaren Vorteil von AS-Interface gegenüber den meisten anderen Systemen. Zum einen können bei AS-i-Daten und Energie auf einer ungeschirmten zweiadrigen Leitung übertragen werden. Falls man für die Ansteuerung der Antriebe noch zusätzliche Energie braucht, kann diese z.B. bei unseren Motormodulen für Rollen- oder Drehstromantriebe einfach über ein zweites Kabel zugeführt werden, das parallel zum AS-i Kabel verlegt werden kann. Und wenn sich an den Anforderungen an die Applikation etwas ändert, etwa, dass zusätzliche Module benötigt werden, dann lassen sich z.B. Aktoren ganz einfach mit Hilfe der Durchdringungstechnik dort anschließen, wo sie gebraucht werden. So lässt sich auch bei Änderungen oder Erweiterungen der Verdrahtungsaufwand auf ein Minimum reduzieren.
Hilmar Krauss (MTM Power): MTM Power liefert ein komplettes Programm an IP67-Stromversorgungen im Leistungsbereich 50 bis 200 W zur Versorgung von Sensorik und Aktorik im Feld. Für spezielle Anwendungen sind unsere IP67-Stromversorgungsgeräte auch als Version mit Limited Power Source verfügbar. Das reduziert den Verkabelungsaufwand im Feld und erleichtert das Design der zu versorgenden Komponenten. Gerade bei den OEM-Kunden sieht MTM Power eine steigende Nachfrage. Die Akzeptanz von On- Maschine-Stromversorgungslösungen außerhalb vom Schaltschrank wächst.
Löpp (Weidmüller): Energiebussysteme, Komponenten für die Antriebstechnik sowie Stromversorgungen in IP67 bieten wir als System unter der Bezeichnung FieldPower. Das Energiebussystem in IP67 unterstützt dezentral und modular aufgebaute Maschinen und Anlagen sowie Konzepte zum Einspeisen, Verteilen und Abzweigen von Energie. Das System wird von Partnern für die dezentrale Antriebstechnik genutzt. Der Anwender muss nur eine Anschlusseinheit im Feld montieren, er ist in der Motorauswahl frei und kann herstellerunabhängig auswählen. Ein vibrationssicher ausgeführtes Netzteil mit Energiebus in IP65 sorgt für hoch verfügbare dezentrale 24-VDC-Netze. Für eine effiziente Planung von Energieverteilungen in Linien- und Baumstrukturen steht ein Tool zur Verfügung, mit dem sich Spannungsfall und Leitungsauslastung ermitteln lassen. Das Energiebus-System in IP67 erfreut sich wachsender Beliebtheit.
Merget (Turck): Abhängig vom eingesetzten Konzept reichen die Produktportfolios von sehr umfangreich bis lückenhaft. Vollständig sind die Angebote im Bereich der Anwendungen für Block-I/Os mit M12-Signalanschlusstechnik, wo wahlweise mit M12 und 7/8-Zoll oder nach dem sogenannten AIDA-Konzept die Feldbus- und Energieversorgung erfolgt. Bei kleinen, verteilten Systemen mit M8-Anschlusstechnik gibt es aufgrund der noch geringen Nachfrage oft Lücken im Portfolio. Besonders bei Switches hoher Schutzart in Kombination mit Energieversorgung sind hier noch Ergänzungen erforderlich. Nur wenn die genannten Lücken geschlossen werden, werden Maschinen- und Anlagenbauer in großem Stil bereit sein für Installationen, die überwiegend im Feld erfolgen.
Strauß (Murrelektronik): Das Thema Stromversorgung im Feld haben wir für unsere Kunden mit dem Emparro67 gelöst, einem Netzgerät für den Einsatz im Feld. Normalerweise treten hohe Verluste auf, wenn Schaltnetzteile mit einer Ausgangsspannung von 24 VDC eingesetzt und die Energie über lange Leitungen zu den Verbrauchern transportiert wird. Durch den Einsatz unserer Lösung erfolgt die Wandlung der Spannung von 230 VAC auf 24 VDC erst direkt am Verbraucher. Die Leistungsverluste sind um ein Vielfaches geringer, die Energiekosten sinken. Die Auslagerung der Schaltnetzteile bietet weitere Vorteile: Schaltschränke können kleiner dimensioniert werden, in manchen Applikationen kann sogar komplett auf sie verzichtet werden. Wir sehen jedoch auch, dass sich IP67-Konzepte noch nicht in 100-%-Tiefe umsetzen lassen, da es im Bereich Steuerungen und Antriebstechnik noch einiges an ungenutztem Potenzial gibt. Auch vollständig umspritzte M23-Steckverbinder für den Anschluss von Servomotoren sind ein Schritt in dieselbe Richtung. Hier wird noch zu viel vorort konfektioniert, was mangelnde Dichtigkeit und ein hohes Fehler- und Manipulationsrisiko birgt.
elektro AUTOMATION: IP67 sollte den Aufwand für Schaltschränke reduzieren und mehr Connectivity ins Feld bringen. Welche IP67-Komponenten kommen heute bevorzugt zum Einsatz, was sind die üblichen Applikationen und wie sind sie typischerweise realisiert?
Adelmann (Wago): Die klassische IP67-Blockbauweise findet man aufgrund ihrer fehlenden Flexibilität immer weniger. Stattdessen werden heute bevorzugt modulare IP67-Systeme eingesetzt, die ähnliche Funktionalitäten anbieten wie modulare IP20-Systeme. Hierzu gehören zum Beispiel hohe Datenübertragungsraten, analoge Signalverarbeitung, detaillierte Diagnosen, Updatefähigkeit und Parametrierbarkeit. Auch unterstützen diese Systeme in der Regel bereits Technologien wie Safety und IO-Link sowie spezielle Protokolle zur seriellen Motoransteuerung, beispielsweise Movilink. Typische Anwendungen sind dabei weit verzweigte Anlagen für die Lagerung, Förderung und Verteilung von Gütern (z. B. Verpackungsanlagen) oder kompakte Bearbeitungszentren, die eine Belastung durch Staub, Wasser, Öle und Fette mit sich bringen (z. B. Holzbearbeitung und Werkzeugmaschinen).
Feinäugle (Balluff): Auch hier ist die Situation durch IO-Link drastisch verändert. Es gibt keine Notwendigkeit mehr für Parallelverdrahtung. Geschirmte Leitungen, um Analogsignale zum Schaltschrank zu führen, entfallen. Generell wird mit IO-Link weniger verdrahtet, und nur noch steckerfertig verbunden. IO-Link hat geschafft, was auf der Ebene der Sensoren und Aktoren längst überfällig war, nämlich eine wirklich einheitliche und standardisierte Installation unabhängig von Typ und Komplexität des Feldgeräts. Beispiele sind ana- loge Sensoren, die jetzt als IO-Link-Gerät keine geschirmte Leitung und keine Analogkarte mehr benö- tigen, Ventilinseln, die bisher parallel verdrahtet wurden und jetzt so einfach anschließbar sind wie ein binärer Sensor, oder eine Signallampe, deren Funktionalität in konventioneller Anschlussart schlicht un- denkbar wäre.
Gemke (Phoenix Contact): Die Hauptanschlusstechnik ist immer noch M12. Somit kommen bevorzugt I/O-Komponenten in 60 mm Baubreite zum Einsatz, die digitale Signale erfassen. Als wirkliches Universal-I/O stellen sich die IO-Link-Master dar. Diese können im IO-Link-Betrieb sowohl Devices wie Sensoren oder Aktoren vernetzen als auch mit IO-Link auf Analog-Signal-Konvertern punktgenau nicht-digitale Signale erfassen. Nicht benötigte IO-Link-Ports können als digitale I/O-Ports verwendet werden. Somit erlaubt diese Technologie eine bedarfsgenaue Adaption an das lokal aufkommende I/O-Volumen. Applikationen für die Feldinstallation mit aktiven I/O-Komponenten in IP67 gibt es im Umfeld von Automotive, Maschinen- und Anlagenbau. Diese Gewerke werden meist nicht als reine Applikation in IP67 ausgeführt, sondern als Kombination aus Komponenten der IP67-Feld- und der IP20-Schaltschrankinstallation. Deshalb bietet Phoenix Contact beide Produktgruppen unter dem Namen Axioline an.
Hartmann (Bihl+Wiedemann): Unsere Kunden verwenden meist die Module mit vier M12-Anschlüssen für Sensoren und Aktoren. Wir merken, dass vor allem die Granularität wichtig ist. Was nützt ein Modul mit acht Eingängen, wenn man bei der Hälfte der Sensoren eine 4 m lange Leitung zum Eingangsmodul braucht? Natürlich gibt es auch Anwendungen, bei denen sehr viele Eingänge auf engstem Raum benötigt werden. Hierfür gibt es dann selbstverständlich auch Module mit mehr Ein-und Ausgängen. Typische Applikationen finden sich im klassischen Maschinenbau, also bei Bearbeitungszentren oder bei Verpackungsmaschinen, aber auch in der Fördertechnik. Hier laufen dann für die Sensorik und die Aktorik nur noch ein oder zwei Kabel vom Schaltschrank zur Maschine oder entlang der Förderstrecke und alle Signale – egal, ob digitale, analoge, IO-Link oder auch sichere Signale – werden über die entsprechenden Module wie den IO-Link Master mit 4 Ports eingesammelt und über den Bus übertragen.
Löpp (Weidmüller): Im Maschinen- und Anlagenbau bestimmt die Modularität Engineering und Ausführung. Modulare Funktionseinheiten minimieren Ausfall- und reduzieren kostspielige Endmontagezeiten. Die in IP67 und IP69K ausgeführten M12- und M23-Rundsteckverbinder unterstützen und ermöglichen die genannten Trends und sind ideal für Applikationen im Maschinen- und Anlagenbau. Mit Sensor-Aktor-Interface-Modulen (SAI) lassen sich Stützpunkte in IP67 für eine Signalsammlung und -verteilung direkt vor Ort an der Maschine realisieren. Via Systemkabel oder Bussystem erfolgt die Anbindung an die Steuerung, welche sich im dezentral oder zentral angeordneten Schaltschrank befindet. Die aufgezeichneten Applikationen und Konzepte sind Beispiele, in denen IP67-Komponenten ihre Leistungsfähigkeit im täglichen Einsatz unter Beweis stellen. Das gilt beispielsweise bei Industrieverkabelungen für den Maschinen- und Anlagenbau sowie bei Herstellern von Robotern. Dafür bieten wir ein auf die Zukunft ausgerichtetes Verkabelungskonzept an, das die Anforderungen gemäß AIDA erfüllt.
Merget (Turck): Typische Anwendungen finden sich heute in der Automobilindustrie, im Anlagenbau sowie im klassischen Maschinenbau. Hier kommen zum einen passive Verteiler als Ersatz für kleine Verteilerkästen mit Klemmen zum Einsatz. Die Signale werden dann auf entsprechende Peripheriegeräte im Schaltschrank geführt. Vorteilhaft ist die Installation nur bei Anlagen mit überwiegend digitalen Signalen. Alle anderen müssen auf herkömmliche Art verdrahtet werden. Zum anderen werden aktive Block-I/O-Systeme genutzt, die zumeist aber nur mit digitalen I/Os und M12-Anschlusstechnik verfügbar sind. Modular aufgebaute Systeme wie Turcks BL67 weisen hier ein vollständiges Portfolio an I/O-Modulen auf, vergleichbar zu IP20-Systemen. Neben digitalen und analogen Modulen sind oftmals auch Technologiefunktionen wie RS485, SSI, IO-Link sowie auch Komponenten für die Antriebstechnik wie Motorstarter und Frequenzumrichter zu haben. Gerade die Automobilindustrie nutzt aufgrund der Vielzahl digitaler Signale typischerweise Block-I/Os mit M12-Anschlusstechnik; sowohl als Standard als auch mit Safety-Funktionalität. Darüber hinaus werden dort in verschiedenen Bereichen modulare Systeme mit integrierten Ventilinseln eingesetzt. Im Maschinenbau kommen bevorzugt Systeme zum Einsatz, die eine Kombination von M8 und M12 ermöglichen. Besonders wichtig sind hier Lösungen, die viele verschiedene Module zur Verfügung stellen und flexibel einsetzbar sind.
Strauß (Murrelektronik): Im Bereich der I/O-Verdrahtung sind sicherlich die meisten Bedürfnisse erfüllt, was sich auch darin zeigt, dass es kaum Applikationen bzw. Branchen gibt, wo sie keinen Einsatz finden. Die Dezentralisierung schafft Flexibilität in der mechatronischen Modularisierung der Anlage, Signale können an der Stelle angeschlossen werden, wo sie entstehen, und das reduziert den Aufwand immens. Mit unserer Beratungsmarke Connectivity by Murrelektronik unterstützen wir unsere Kunden tatkräftig, die optimale Installationslösung zu erarbeiten. Vorkonfektionierte Ventilstecker und Anschlussleitungen reduzieren den Aufwand und das Fehlerrisiko sinkt deutlich. Den Einstieg in die dezentrale IP67-Installation bieten sicher passive Verteiler, die Signale einsammeln und über ein dickes Kabel in den Schaltschrank weiterleiten. Wer einen Schritt weitergeht und eine Feldbuslösung installiert, bei dem entfallen auch die letzten manuellen Klemmpunkte. Die Lösung ist durchgängig gesteckt und bietet umfangreiche Diagnosemöglichkeiten. Ob dann Kompaktmodule oder modulare Feldbussysteme eingesetzt werden, hängt stark von der Applikation, den Kundenvorgaben und der Anzahl an I/Os ab. So ist bei kleinen Anlagen (< 30 IOs) im Feld die aktive Feldbustechnik nicht wirtschaftlich.
elektro AUTOMATION: Bei den IP20-Feldbussystemen sorgt die aktuelle Diskussion um Taktraten und Übertragungsgeschwindigkeiten besonders bei Industrial Ethernet für Aufmerksamkeit. Spielt diese Diskussion auch im Bereich der IP67-Feldverdrahtung eine Rolle?
Adelmann (Wago): Ja, auf jeden Fall. Der Trend hin zu schnellen Ethernet-basierten Feldbussen wie Ethercat, Profinet IRT und Sercos wird sich auch in IP67 weiter fortsetzen. Dabei liegt der Schwerpunkt dieser Anwendungen häufig im Umfeld der Antriebstechnik, wo eine große Datenübertragungsrate verbunden mit einer hohen Synchronität von Bedeutung ist. Hier sind Zykluszeiten im Mikrosekundenbereich systemweit erforderlich. Da bereits heute schnelle und kostengünstige IP67-Systeme wie Speedway 767 erhältlich sind, werden sie zunehmend für Standardanwendungen eingesetzt. Anwender haben somit den Vorteil, ihre Anlagen mit modernster Technik ausstatten zu können, und durch die Feldbusunabhängigkeit dieser IP67-Systeme heute Profibus und morgen Profinet IRT einsetzen zu können.
Feinäugle (Balluff): Ja, denn es werden tendenziell immer mehr Signale verarbeitet. Neben Taktrate und Übertragungsgeschwindigkeit gibt es noch weitere Aspekte, die zur Leistungsfähigkeit eines Systems beitragen. Ein IO-Link-Master als Feldbusteilnehmer ist z.B. in der Lage, über Sensorhubs eine große Zahl von Signalen einzusammeln. Verglichen mit konventionellen Feldbusboxen haben Sie dann deutlich weniger Feldbusknoten in der Anlage, die jedoch besser ausgelastet sind, was sich ebenfalls positiv auf die Gesamt-Performance auswirkt.
Gemke (Phoenix Contact): Wichtiger, als alle I/Os für High Speed zu ertüchtigen ist es, sich auf ein Netzwerk beschränken zu können. Wurden in der Vergangenheit mehrere Netzwerke parallel genutzt, um Kameras, I/O-Module und Antriebe zu vernetzen, ist das mit dem Einzug von Industrial Ethernet obsolet. In der Feldinstallation findet man sehr häufig die Anforderung nach Reaktionszeiten unterhalb 1 ms – nicht die µs. Die Geräte dürfen das Netzwerk, das den Schaltschrank und die Feldinstallation vernetzt, nicht in ihrer Performance degradieren. Funktionen wie Montierbarkeit, Diagnosefähigkeit und Robustheit spielen eine wichtigere Rolle.
Hartmann (Bihl+Wiedemann): Natürlich gibt es immer wieder Applikationen, bei denen die Taktraten oder die Zykluszeiten des Bussystems für die Sensoren eine Rolle spielen. Allerdings ist dies in vielleicht 5 % der Fälle wirklich ein Thema. Die meisten Maschinenbauer oder auch Fördertechniker können mit einer Zykluszeit von z.B. 5 oder 10 ms sehr gut leben.
Löpp (Weidmüller): Für die Feldbusverkabelung mit hohen Übertragungsgeschwindigkeiten im Bereich IP67 offeriert Weidmüller eine Vielzahl von Produktfamilien, dazu gehören die Rundsteckverbinder-Familien M12 und M23 sowie IE-Line-Steckverbindern mit Steadytec-Technologie. Bei diesen Steckverbindern setzen wir auf ein modulares Konzept mit durchgängigen IP67-Lösungen für die Kupfer- und LWL-Verkabelung; in vielen Ausführungen und mit freier Kombination der Einsätze. Der Diskussion um hohe Übertragungsgeschwindigkeiten begegnen Anwender bei der IP67-Feldverdrahtung mit dem Einsatz von Rundsteckverbinder M12-X-Type und RJ45-Steckverbindern, beispielsweise auf Basis Steadytec mit Übertragungsraten von bis zu 10 Gbit/s.
Merget (Turck): Ja, auch hier spielt dies eine Rolle. Wenn heute im Maschinen- und Anlagenbau ein IP67-System zum Einsatz kommt, dann muss dieses dieselben Aufgaben wie ein IP20-System erfüllen. Besonders kritisch sind die Zykluszeiten aufgrund der teilweise weitläufigen Installation und der erhöhten Anzahl an Teilnehmern. Hier ist es wichtig, dass Hersteller und Anwender im engen Austausch über die Topologie der Installation einig sind und so die optimale Lösung für jede Anwendung finden.
Strauß (Murrelektronik): Sicher ist Performance ein wichtiges Thema für die IP67-Feldverdrahtung, denn es werden ja die gleichen Funktionen gesteuert. Jedoch benötigt generell eine Vielzahl von einfachen Sensoren und Aktoren die aktuell diskutierten hohen Taktraten nicht. Das hat aber nichts mit IP20 oder IP67 zu tun.
http://mtm-power.com

DIE EXPERTEN
  • Ludwig Adelmann, Produktmanagement Automation bei der Wago Kontakttechnik GmbH & Co. KG in Minden
  • Albert Feinäugle, Leiter Marketing Intelligence bei Balluff GmbH in Neuhausen
  • Christian Gemke, Manager Market Management I/O Systems der Business Unit I/O and Networks bei Phoenix Contact Electronics GmbH in Bad Pyrmont
  • André Hartmann, Key-Account-Manager bei Bihl+Wiedemann GmbH in Mannheim
  • Hilmar Kraus, Geschäftsführer der MTM Power Messtechnik Mellenbach GmbH in Frankfurt/Main
  • Jana Löpp, Produkt Support Managerin bei Weidmüller GmbH & Co. KG in Detmold
  • Oliver Merget, Leiter des Geschäftsbereichs Automation Systems bei der Turck GmbH in Mülheim
  • Janko Strauß, Leiter Corporate Marketing bei Murrelektronik GmbH in Oppenweiler
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