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Die Komplexität reduzieren

Expertendiskussion: Wie modular ist der Schaltschrank in fünf Jahren?
Die Komplexität reduzieren

Der Maschinen- und Anlagenbau wird in Zukunft noch stärker als bisher einem wachsenden internationalen Wettbewerb ausgesetzt sein. Dieser Wettbewerb betrifft auch die vielen Steuerungs- und Schaltanlagenbauer, die als Dienstleister für die Automatisierung vieler Projekte verantwortlich sind. Wie sie dabei ihre Effizienz steigern können, diskutierten fünf Experten auf dem VDMA-Forum während der letzten SPS IPC Drives in Nürnberg. Die Modularisierung im Schaltschrank könnte einen wesentlichen Beitrag dazu leisten.

elektro AUTOMATION: Was sind die aktuellen Herausforderungen bei den Schaltschrank- und Steuerungsbauern? Welche Rolle spielen die Kosten, welche die Time-to-Market?

Scharf (Rittal): Sicher sind die Kosten ein treibendes Element. Das merken wir auch bei unseren Kunden, den Steuerungs- sowie den Maschinenbauern. Die Zeit der einfachen Kostenreduzierung beispielsweise durch Auswahl von preiswerteren Komponenten ist vorbei. Diese Potenziale sind meist gehoben. Zunehmend werden Kostenbetrachtungen über den gesamten Prozess angestellt, beginnend bei der IT, über das Datenmanagement im SAP zum Engineering und letztendlich über die Produkte bis in die Fertigung. Hier findet zurzeit ein Wandel statt, wobei sich die Maschinen- und Steuerungsbauer zunehmend mit dem Gesamtprozess beschäftigen. Dabei benötigen sie Unterstützung, um die noch vorhandenen Potenziale zu heben. Hier sehen wir einen Trend für die nächsten Jahre.
Engber (LQ Mechatronik): Kosten und die Time-to-Market müssen differenziert betrachtet werden. Ein Serienmaschinenbauer beispielsweise kann sich keine Verzögerungen leisten. Zeitverzüge und Fehler sind hier nicht tolerierbar. Im Maschinenbau insgesamt spielt der Faktor Zeit jedoch oft nur eine untergeordnete Rolle.
Siefert (Schneider Electric): Leider sind die Schaltschrankbauer noch immer die letzten in der Prozesskette, die nach der Mechanik- und Elektrokonstruktion unter Zeitdruck arbeiten. Deshalb sind wir der Meinung, die Kunden hier viel intensiver zu begleiten, was aber die gesamte Prozesskette betrifft. Das Thema Kosten wird definitiv aktuell bleiben, speziell für den deutschen Maschinenbau. Eine wichtige Rolle spielt die Innovation, nur damit können wir uns gemeinsam vom internationalen Wettbewerb abheben. Gemeinsam mit den Maschinebauern in Deutschland werden wir auch zukünftig unsere Stärken ausspielen können.
Schweiger (A. Schweiger): Wir sind intensiv in den Entwicklungsprozess der Maschinenbauer eingebunden. Es bringt sehr viele Vorteile, wenn Zulieferer und Steuerungsbauer früh in den Entwicklungsprozess einbezogen werden, um ihr spezielles Know-how zu nutzen. Maschinenbauer bauen Maschinen, der Steuerungsbau wird dabei oft noch immer stiefmütterlich betrachtet. Erst erfolgt die Mechanikkonstruktion, dann kommt die Elektrokonstruktion, die dann durchaus auch konstruktionsbedingte Fehler bereinigen muss. Auch die Time-to-Market spielt hier eine Rolle. Wir empfehlen deshalb den Weg, sich Dienstleister zu suchen, die dem Auftraggeber selbständig einen großen Teil der Aufgaben abnehmen. Bei Schwaiger sind wir früh involviert, um so auch sehr komplexe Aufgaben zu lösen. Dazu bekommen wir alle Informationen, mit denen wir unsere Kapazitäten optimal nutzen können, um Lösungen zu entwickeln und die Systeme zu liefern. So helfen wir unseren Kunden, den Prozess zu verkürzen.
Siefert (Schneider Electric): Eine große Rolle spielt auch die Bereitstellung von Komponenten. Zeiten, in denen sich Komponenten beim Kunden befinden, verursachen letztendlich Kosten. Niemand ist heute mehr bereit, große Lager zu finanzieren. On-Time-Delivery spielt eine zunehmend wichtige Rolle. Will ich die Prozesszeit verkürzen, kann ich nicht sequenziell arbeiten. Das ist letztendlich auch ein Grund, die Modularisierung im Schaltschrankbau voranzutreiben. Aus sequenziellen Prozessen muss ich parallele machen. Das ist jedoch im Maschinenbau aufgrund der bestehenden Strukturen noch immer kaum möglich. Unterschiedliche Ausbildungen, unterschiedliche Tools, und die daraus resultierende Schnittstellenproblematik sind bei weitem nicht gelöst. Da stehen die Steuerungsbauer auch weiterhin vor großen Herausforderungen, insbesondere die, die nicht nur für einen Auftraggeber arbeiten. Intern mit heterogenen Schnittstellen konfrontiert ist die Arbeit mit zehn verschiedenen Kunden eine Herausforderung. Verschiedene Datenformate sind zu handeln, egal ob bei der mechanischen oder der elektrischen Konstruktion.
Hanzel (Cadkabel): Der Steuerungsbauer hängt vom Engineering ab. Hat er keine Informationen, kann er nicht bauen. Eine erfolgreiche Modularisierung hängt deshalb auch vom Engineering ab. Kürzere Durchlaufzeiten lassen sich durch gezielteres Engineering erreichen. Man kann mit Tools und Generatoren arbeiten. Das ist schon deshalb erforderlich, weil die Modularisierung wirklich nicht trivial ist. Hier sollten Unternehmen investieren, um einen optimalen Prozess zu entwickeln. Der Aufwand ist hoch, der Nutzen im Designprozess vom Engineering bis zur Auslieferung der Maschinen rechtfertigt jedoch den Aufwand. Fakt ist auch, es fehlen Ingenieure, je effektiver ich also mit meinen Tools und Generatoren arbeite und je weitgehender ich modularisieren kann, desto schneller habe ich meinen Engineering-Prozess durchlaufen. Und die Entwickler-Kapazitäten werden für andere Aufgaben frei.
elektro AUTOMATION: Vor einigen Jahren hat es ein Projekt zur Modularisierung von Schaltschrank-Komponenten unter Federführung eines Maschinenbauers gegeben. War bzw. ist die Branche reif für solche Projekte? Hat ein Umdenken stattgefunden?
Engber (LQ Mechatronik): Das Projekt ist sicher nicht in der Versenkung verschwunden, solche Module sind noch immer im Einsatz und es werden jeden Tag Schaltschränke damit bestückt. Trumpf hat das Konzept nicht umsonst eingeführt und führt es auch heute noch weiter. Die Effizienzsteigerung, die sich damit erzielen lässt, ist längst bewiesen. Dabei geht es nicht um den Steuerungsbauer, es geht vielmehr um den Maschinenbauer. Es geht auch nicht darum, wie der Schaltschrank aufgebaut ist, es geht vielmehr darum, wie der Prozess gestaltet ist. Der Effekt tritt beim Maschinenbauer auf, dort müssen die Vorteile herausgearbeitet werden. Je höher in der Hierarchie eines Unternehmens darüber diskutiert wird, umso leichter ist es, die Vorteile klar zu machen. Kommen sie in die Werkstatt, sind die Widerstände der Mitarbeiter größer. Es ist ein langer Prozess der Umstellung. Das Thema ist nicht begraben, es benötigt jedoch Zeit und es gibt viele Möglichkeiten, Modularität in einer Schaltanlage darzustellen, es muss nicht immer ein Modul sein. Aber die Idee bleibt dieselbe.
Scharf (Rittal): Wir waren ebenfalls an diesem Projekt beteiligt, das seiner Zeit weit voraus war. Vielleicht war man beim mechatronischen Ansatz noch nicht weit genug, nicht reif diesen Weg zu gehen. Die Modularisierung macht aber auf jeden Fall Sinn. Hat man die Aufgabenstellung jedoch im Engineering noch nicht gelöst, dann kann man sie auch im Schaltschrank nicht umsetzen. Änderungen haben eben auch schwerwiegende Auswirkungen auf den Prozess beim Maschinenbauer, und die Änderungen erfolgen nicht von heute auf morgen und sicher auch nicht aus der Schaltschrankwerkstatt heraus. Deswegen ist es bisher ein mühsamer Weg gewesen. Dabei stand nie die Technik der Module zur Diskussion, es war immer der Zwang, kräftig in die Organisation der Unternehmen einzugreifen, um etwas zu erreichen. Die Bereitschaft dazu war jedoch nicht überall vorhanden. Modularisierung ja, sie erzwingt jedoch erst einmal eine konsequente Standardisierung. Das fängt in der Modulbildung im Engineering an, beim elektrischen sowie beim mechanischen und beim mechatronischen CAD. Sind diese Aufgaben gelöst, dann wird die Modularisierung voranschreiten. Zu beachten ist aber auch, dass es andere Methoden zur Effizienzsteigerung im Schaltschrankbau gibt, die sich häufiger schneller und einfacher umsetzten lassen. Beispiele sind effiziente Bearbeitungsmaschinen für Schaltschränke oder auch Maschinen zur automatischen Klemmenbestückung. Viele manuelle Tätigkeiten lassen sich automatisieren, um so weiteres Potenzial zu heben. Daran wird momentan ebenfalls intensiv bei uns bzw. unserer Tochter Kiesling gearbeitet.
Siefert (Schneider Electric): Auch wir waren bei diesem Projekt dabei. Fest steht, dass jeder Kunde letztendlich eine individuelle Lösung braucht und er selbst muss das Final Assembly durchführen. Die Lösung muss auch die Möglichkeit bieten, im Wartungsfall in kürzester Zeit ein Modul auszuwechseln. Das ist vor allem bei der Klientel der flexiblen Sondermaschinenbauer so. Auch wir sehen den Trend, demzufolge gerade im Hochlohnland Deutschland immer mehr Schritte automatisiert werden. Wir haben eben das Stichwort Klemmen besprochen: Wir haben mit einem Partner ein Projekt begonnen, bei dem auch Sicherungen, Schütze, etc. automatisch im Schaltschrank bestückt werden. Unsere Stärke ist das Know-how, auch diese Prozesse zu automatisieren und so dem Mangel an Fachkräften entgegen zu wirken. Die Serienmaschine, wo das Package sauber aufgeteilt ist und diese Aufgabenpakete an Steuerungsbauer gehen, ist kostengetrieben. Hier stellen sich die Fragen: Was kostet der Aufbau in der geforderten Zeit und in der geforderten Qualität. Da spielt die Modularisierung ihre Stärke aus.
Hanzel (Cadkabel): Ich muss leider immer wieder feststellen, dass im Engineering relativ wenig Innovationsfreude auszumachen ist. Wir sprachen über die Klemmen-Bestückung. Voraussetzung dafür ist, dass jeder Klemme im Stromlaufplan auch eine Artikelnummer zugewiesen wurde, nur dann kann sie automatisch bestückt werden. Außerdem müssen im ECAD-System auch den Signalen Informationen zugeordnet sein, beispielsweise Drahtattribute wie Farbe oder Querschnitt. Oft sind Klemmen aber Schüttware, die bekommen in der Praxis keine Artikelnummer. Genauso ist es bei der Verdrahtung. Beim ECAD sind viele nicht bereit, der Linie im Plan auch ein Verdrahtungsattribut zuzuordnen. Hier muss das Umdenken stattfinden. Das erfordert in Teilbereichen deutlich höheren Aufwand. Und man benötigt dazu Daten, Daten und nochmals Daten. Sind die aus dem Engineering nicht verfügbar, dann wird das Thema Modularisierung von vornherein scheitern.
Schweiger (A. Schweiger): Es wird auch in Zukunft keinen Maschinenbauer geben, der nicht von der Modularisierung überzeugt ist. Aber es gibt auf dem Weg dorthin noch viele Hindernisse zu überwinden. Zum einen ist der Kostendruck bisher nicht groß genug, zum anderen ist der Lebenszyklus von Maschinen mit etwa 8 Jahren so lang, dass ausreichend Zeit für die Entwicklung zur Verfügung steht. Auch die Paradigmen müssen sich ändern: „wir machen das auch weiterhin so“ funktioniert dann nicht mehr. Wichtig sind auch die Ressourcen, die Stückzahlen. Während es sich bei 1000 Autos in der Automobilbranche erst um die Vorserie handelt, erreicht ein Maschinenbauer mit 100 Maschinen pro Jahr eine hohe Stückzahl. Die personellen Ressourcen sind eben auch durch die im Maschinenbau vergleichsweise niedrigen Stückzahlen begrenzt. Umsätze sowie die hohen Qualitätsansprüche zwingen bisher kaum dazu, auf Modularisierung zu setzen. Es wird sich weiter in diese Richtung bewegen, aber es wird sehr langsam gehen.
elektro AUTOMATION: Was lässt sich modularisieren, wie weit kann die Modularisierung reichen und wo liegen die Grenzen?
Engber (LQ Mechatronik): Alles, der Hauptschalter, die Energieverteilung, die Sicherungen; sie können durch die ganze Welt des Schaltschranks gehen, es lässt sich alles modularisieren. Es ist nur die Sichtweise, wie sie die Module definieren und gestalten, sodass sie sie wiederverwenden können. Modularisierung heißt, wenn ich etwas einmal gemacht habe, muss ich es nicht noch einmal machen. Bei der Software haben wir das bereits vor 20 Jahren gelernt. Da käme heute niemand auf die Idee, etwas zweimal zu entwickeln. Man braucht Schnittstellen und aussagefähige Dokumentationen. Das einmalige definieren von Schnittstellen ist nicht trivial. Prinzipiell lässt sich alles modularisieren, man muss jedoch geeignete Tools einsetzen und gewisse Vorarbeiten leisten.
Siefert (Schneider Electric): Modularisierung bleibt ein spannendes Thema, wir sehen die Herausforderung darin, den Maschinenbau zu unterstützen. Die Aufgabe besteht zuerst darin, die Maschinen zu modularisieren. So kann eine komplette Antriebseinheit zukünftig dezentral im Maschinenmodul angeordnet werden. Damit wird auch die Energie aus dem Schaltschrank herausgebracht. So lässt sich ein Modul nicht nur mechanisch sondern auch elektrotechnisch dezentral aufbauen, um es dann mit einem Kabel anzuschließen und im Schaltschrank ein Stück Software zu aktivieren.
Schweiger (A. Schweiger): Man muss die Modularisierung ganz konkret auf den Anwendungsfall beziehen. Beim Sondermaschinenbau gibt es beispielsweise immer eine neue Maschine, die eventuell konfiguriert werden kann. Oft kann aus vorgefertigten Modulen gewählt werden. Nicht immer ist fällt die Entscheidung leicht, zu welcher Modulbaugruppe eine Funktion gehört. Es gibt Beispiele, wie man durch Auswahlverfahren bei Gerätegruppen oder Funktionen komplette Maschinen zusammenstellen kann. Das ist dann eher eine virtuelle Modularisierung. Am Ende steht wieder eine Stückliste, nach der die Steuerung zusammen zu bauen ist. Die Modularisierung beruht damit eher auf zugrundeliegenden Regeln. Wir bekommen einen vormontierten Schaltschrank, der bereits einen wesentlichen Teil der Funktionen enthält. Alle weiteren Komponenten stellen wir entsprechend der Applikation zusammen. Damit erreichen wir bereits einen hohen Grad der Modularisierung.
Scharf (Rittal): Auch wir sehen den Trend hin zu komplett virtuell abgebildeten Schaltschränken mit komplett digital verfügbaren Stücklisten. Dazu ist jedoch oft noch ein erheblicher Aufwand im Engineering zu leisten, den der Schaltschrankbauer prinzipiell oft nicht alleine erbringen kann und auch nicht möchte. Er müsste dazu eine große Menge an Gerätehersteller-Daten erfassen um beispielsweise Kabel zu konfektionieren oder automatisch zu verdrahten. Der Steuerungsbauer muss bei der Beschaffung dieser notwendiger Daten unterstützt werden damit er das eigentliche Engineering effizient durchführen kann. Erst wenn er alle Informationen zur Verfügung hat, kann er sich auf das intelligente Verdrahten der Komponenten und Module konzentrieren. Deshalb legen wir in der Friedhelm-Loh-Gruppe mit Eplan und Cideon großen Wert auf Software und Datenbereitstellung über das Eplan Data Portal. Nur so kann das Problem an der Wurzel gefasst und herstellerübergreifend gelöst werden.
Schweiger (A. Schweiger): Genau da sehen wir ein Ressourcen-Problem bzw. einen erforderlichen Paradigmen-Wechsel. Oft sind die Auftraggeber schon nicht in der Lage, den beschriebenen Aufwand zu erbringen. Dann müssen wir diese Dienstleistungen für unsere Kunden übernehmen, um so zu einer Lösung zu kommen.
Engber (LQ Mechatronik): Damit haben sie eine Steilvorlage für die Modularisierung geliefert. Noch immer müssen zu viele Einzelteile gehandelt werden und wir empfehlen seit Jahren, diese Einzelteile zu Funktionen zusammenzufassen. Das reduziert die Zahl der Bausteine und vereinfacht die Teileverwaltung. Nur wer Funktionen verwendet, reduziert die Komplexität. Es ist kaum sinnvoll, nur Tools zu entwickeln, um die Komplexität zu beherrschen. Es ist vielmehr sinnvoll, die Komplexität und damit viele der hausgemachten Fehler zu beseitigen. Das Problem liegt nicht in den CAD-Systemen und nicht in den Stücklisten, das Problem liegt eher darin, einen Schaltschrank mit einer Stückliste von 120.000 Positionen zu beschreiben.
Siefert (Schneider Electric): Eplan-Makros etc. bilden heute die Basis des Engineerings. Von der Verfügbarkeit dieser Daten profitieren alle Bereiche des Maschinenbaus. Die Branche jedoch, die einen erheblichen Nutzen aus der Modularisierung ziehen könnte, ist der Sondermaschinenbau. Zwischen dem Sonder- und dem Serienmaschinenbau liegt ein weites Feld. Diese Unternehmen müssen sich im internationalen Markt behaupten und von den vielen globalen Wettbewerbern differenzieren. Aufgabe des Maschinenbauers ist es deshalb, die Innovationen an seinerMaschine voranzubringen. Unsere Aufgabe als Zulieferer ist es dagegen, die Themen, die wir hier diskutieren, unseren Partnern abzunehmen. Ein guter Zulieferer konzentriert sich darauf, einen Added Value zu bieten.
Scharf (Rittal): Modularisierung und Standardisierung gehören fest zusammen, das eine geht nicht ohne das andere. Nur in welcher Dimension standardisiere ich am besten? Standardisiere ich Funktionen oder Aufgaben, spielt die Wahl des Herstellers keine Rolle. Viele Kunden müssen oder möchten herstellerabhängig Geräte einsetzen (Freigabelisten). Das ist auch eine Art der Standardisierung, die man nicht ignorieren kann. Hätte man z. B in der Vergangenheit bei Modular die Module gekapselt, hätten sie als Black Box vielleicht eine höhere Akzeptanz gefunden. Müssen einzelne Komponenten durch die anderer Hersteller ersetzt werden, ist eine Standardisierung nur schwer möglich. Deshalb macht es Sinn zu prüfen, in welcher Form der Maschinenbauer standardisieren kann. Der einzelne Maschinenbauer kann dann für sich die Modularisierung und Standardisierung sicherlich lösen, der Steuerungsbauer hat jedoch weiterhin eine große Zahl verschiedener Fabrikate zu handeln. Da wird es kurzfristig sicher keine Änderungen und keinen Ausweg geben. Ein großer erster Schritt wäre gemeinsame Standard Funktionen zu definieren, sich auf bestimmte Hersteller zu einigen ist unrealistisch.
Engber (LQ Mechatronik): Es wird nicht gelingen, Kunden im Maschinenbau davon zu überzeugen, alle Komponenten von Hersteller A oder B zu beziehen. Wenn sie aber modularisieren, haben sie sich für ein Modul entschieden, nicht aber, wie die Umsetzung dieser Funktion erfolgen muss. Wer einen Motorstarter benötigt, muss lediglich die Schnittstellen definieren. Der interne Aufbau ist davon unabhängig und die Grenze des Funktionsmoduls bleibt nach außen gleich. Es ist also kein neues Engineering erforderlich, weil sich die Gesamtfunktion des Moduls nicht ändert.
Hanzel (Cadkabel): Ein Kunde hat wiederum einen Kunden, der ihm vorgibt, von welchem Hersteller die Geräte einzusetzen sind. Beim Endkunden hängt es oft davon ab, welche Geräte dieser einsetzt und in seinem Lager hat. Letztlich bestimmt der Endkunde, welche Geräte er im Schaltschrank nutzen möchte. Das steht dem vorgetragenen Gedanken entgegen. Wir sind jedoch mittlerweile soweit, dass sich eine gute Bauteildatenbank aufbauen lässt. Es ist auch möglich, den Schaltschrank in Software aufzubauen und alle Dimensionen genau zu kennen. Wünschenswert wäre es, wenn möglichst viele Maschinen- und Schaltschrankbauer diese Daten und Tools nutzen würden. Damit ließe sich die Effizienz steigern.
elektro AUTOMATION: Das Thema der Diskussion lautet: Wie modular ist der Schaltschrank in 5 Jahren, wie wird der Schaltschrank generell in 5 Jahren aussehen?
Scharf (Rittal): Schon in der Vergangenheit wurde gemutmaßt, dass der Schaltschrank zukünftig verschwindet. Es gibt jedoch gute Gründe, die auch zukünftig für den Schaltschrank sprechen. Ein Schaltschrank ist und bleibt der sicherste, flexibelste und auch preiswerteste Schutz für hochwertige Elektrik und Elektronik. Natürlich gewinnen dezentrale Installationen im Feld an Bedeutung aber den Schaltschrank wird es auch in 15 Jahren noch geben, ergänzt um dezentrale Installationen auf der Basis kleinerer Schaltschränke sowie IP67-Komonenten.
Hanzel (Cadkabel): Der Schaltschrank wird auch weiterhin überlegen. Vor über dreißig Jahren gab es eine ähnliche Diskussion, nach der es zukünftig keine Schütze mehr geben und alles dezentral automatisiert werden sollte. Auch das ist so nicht eingetroffen. Das Statistische Bundesamt gibt vielmehr für Schütze, Sicherungen, Motorstarter, etc. hohe Steigerungsraten an. Und obwohl die dezentrale Automation an Bedeutung gewinnen wird, hat auch der Schaltschrank noch eine lange Lebenszeit.
Schweiger (A. Schweiger): Schaltschranke wird es so lange geben wie es Maschinen geben wird, wobei aber die Zahl der Kabel reduziert wird. Während große Leistungen bei Umrichtern in IP67 keinen Sinn ergeben, ist die Automatisierung von Verpackungsautomaten mittels IP67-Komponenten durchaus möglich und auch sinnvoll.
Siefert (Schneider Electric): Die Modularisierung im Schaltschrank wird zukünftig von der Modularisierung der Maschinen abhängig sein. Dort wo es sinnvoll ist, wird man die Leistungselektronik mit den Antrieben aus dem Schaltschrank verbannen und in die Maschine bringen. Auch der Schaltschrank in der klassischen Form wird sich verändern, er wird mehr und mehr dort an der Maschine positioniert, wo ausreichend Platz zur Verfügung steht. Denn eine der Herausforderungen besteht darin, die Aufstellflächen der Maschinen zu reduzieren. Der zentrale Schrank wird von dezentralen Schränken abgelöst. Man wird alle Innovationen nutzen, um den Platzbedarf der gesamten Maschinen zu reduzieren.
Engber (LQ Mechatronik): Es wird den Schaltschrank auch weiterhin geben, er wird kleiner werden, adaptiver und er wird in den Ecken der Maschinen verschwinden. Er wird in seinem Aufbau deutlich weniger komplex sein als er es heute ist. Denn die hohe Komplexität heutiger Schaltschränke werden wir uns zukünftig nicht leisten können. Eine Modularisierung jeglicher Art kann dabei behilflich sein.

DIE EXPERTEN
    • Hermann Engber, Leiter Entwicklung bei LQ Mechatronik-Systeme GmbH in Besigheim
    • Peter Hanzel, Sprecher des Vorstands bei der Cadcabel AG in Hohengandern
    • Uwe Scharf, Leiter des Produktmanagements bei der Rittal GmbH & Co. KG in Herborn
    • Dr. Chr. Schweiger, Geschäftsführender Gesellschafter der A. Schweiger GmbH in Sauerlach
    • Jürgen Siefert, Vice President Industry OEM bei Schneider Electric in Ratingen

INFO & KONTAKT
A. Schweiger GmbH
Ohmstr. 1
82054 Sauerlach
Tel. 08104 897-0
CadCabel AG
Verdrahtungssysteme
Halle-Kasseler-Str. 100b
37318 Hohengandern
Tel. 0306081 66-0
LQ Mechatronic-Systeme GMBH
Carl-Benz-Straße 6
74354 Besigheim
Tel. 07143 9683-0
Rittal GmbH & Co. KG
Auf dem Stützelberg
35745 Herborn
Tel. 02772 505-0
Schneider Electric GmbH
Gothaer Straße 29
40880 Ratingen
Tel. 02102 404-6000
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