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Einkabeltechnik vereinfacht Antriebsintegration

Expertendiskussion zu Anschlussmethoden
Einkabeltechnik vereinfacht Antriebsintegration

Die Einkabeltechnologie gehört zu den Trendthemen in der elektrischen Antriebstechnik. Die elektro AUTOMATION befragte eine Expertenrunde dazu, welche Vorteile sie Anwendern gegenüber konventionellen Anschlussmethoden bietet. Die Fachleute sind sich einig, dass die Anbieter mit dieser Technik den Nerv der Maschinenbauer getroffen haben. Besonders auffällig ist der Vorteil der Einkabeltechnologie bei kleinen Motoren, bei denen das Platzieren von zwei Steckern manchmal gar nicht möglich ist.

Johannes Gillar, Redakteur elektro AUTOMATION

elektro AUTOMATION: Die Einkabeltechnologie gehört zu den aktuell wichtigen Themen in der elektrischen Antriebstechnik. Welche Vorteile bietet sie Anwendern gegenüber konventionellen Anschlussmethoden?
Joachim Albach (LTI Motion): Die Einkabeltechnologie findet eine immer stärkere Verbreitung im Maschinenbau, da sie die Geberleitung komplett einspart. Dies wiederum spart Kosten bei Beschaffung, Installation und Wartung und senkt zudem noch den Platzbedarf. Wahrscheinlich werden wir uns in fünf Jahren fragen, warum wir überhaupt jemals zwei Leitungen verwendet haben, um einen Motor anzuschließen.
Clemens Bitsch (Sick): Wie der Begriff „Einkabeltechnologie“ beschreibt, gibt sie dem Anwender (Maschinenbauer) die Möglichkeit, sämtliche Servoachsen nur noch mit einem Anschlusskabel mit dem Servoregler zu verbinden. Dadurch können die Maschinen kompakter designed werden, was zu einer reduzierten Aufstellfläche führt. Durch die verringerte Anzahl an Steckverbindungen minimiert sich auch das Ausfallrisiko drastisch. Letztlich fallen Maschinen, welche die Einkabeltechnik einsetzen, durch ein “aufgeräumtes“ Erscheinungsbild auf. Bei einer wirtschaftlichen Berechnung ist es wichtig, das gesamte Antriebssystem zu bewerten. Was auf Ebene der Komponenten noch wie ein Nachteil aussieht, entpuppt sich bei einer ganzheitlichen TCO-Berechnung als großer Vorteil.
Johann Bücher (Hengstler): Zwei Aspekte überwiegen hierbei ganz klar: Einsparung von Platzbedarf und deutlich verkürzte Zeit für das Anschließen der Systeme. Das spart beim Endanwender bares Geld. Daneben spricht die Offenheit des Single-Cable-Solution- (Acuro link) Protokolls zudem noch für sich. Unser Leitkunde Bosch Rexroth setzt als Pionier auf Acuro link von Hengstler. In deren neuester Synchron-Servomotoren Baureihe Indradyn S – MS2N werden unsere AD37S- und AD58S-Drehgeber und Acuro-link-Protokoll eingesetzt. Die erwähnte Offenheit von Acuro link wird durch den Community Gedanken getragen. Unser Marktbegleiter Fritz Kübler GmbH, sowie weitere Unternehmen der Automatisierungstechnik, werden zukünftig ebenfalls Produkte anbieten mit Einkabeltechnologie, basierend auf demselben Protokoll. Dies bedeutet für Kunden mehr Auswahl bei den Produkten und ein Ausweg aus der Lieferantenbindung. „Single Cable Solution“ als Überbegriff wird zum Synonym für offene, sichere und zukunftsweisende Einkabeltechnologie.
Lothar Fischer (Rockwell Automation): Eine Einkabellösung, wie der Name schon sagt, benötigt nur ein Kabel anstatt zwei für Stromversorgung und Feedback. Das bedeutet natürlich: weniger Aufwand und weniger Kosten. Ein digitales Feedbacksystem kann zudem viel mehr Informationen liefern.
Andreas Golf (Beckhoff): Die One Cable Technology (OCT) haben wir Ende 2011 auf den Markt gebracht und etabliert. Es war schnell erkennbar, dass wir mit dieser Entwicklung den Nerv der Maschinenbauer getroffen haben. Derzeit liefern wir quasi alle unserer Servomotoren mit OCT aus. Die Vorteile dieser Technik liegen klar auf der Hand: weniger Materialeinsatz, weniger Fehlerquellen, weniger Platzbedarf sowie keine Nachteile hinsichtlich Biegeradius und maximal möglicher Kabellänge gegenüber der konventionellen Zwei-Kabel-Technik bzw. einer Hybridleitung. Hinzu kommen die mit dieser Technologie verbundenen Einsparungen in der Peripherie. Schleppketten können deutlich kleiner dimensioniert werden, der Maschinen-Footprint wird deutlich reduziert. Besonders auffällig ist der Vorteil von OCT bei kleinen Motoren, bei denen das Platzieren von zwei Steckern manchmal gar nicht möglich ist. Auch kostenmäßig lohnt sich der Einsatz von OCT: Der Motorpreis mit OCT-Geber liegt zwar etwas höher beispielsweise mit einem Resolver, aber bereits bei einer Kabellänge von 5 m ist der Einsatz von OCT gegenüber resolverbasierter Zwei-Kabel-Technik günstiger. Zudem genießt der Anwender die Vorzüge eines digitalen Typenschildes, eine höhere Auflösung, bessere Regeleigenschaften und umfangreiche Diagnosedaten. Diese Gründe sind ausschlaggebend für den großen Erfolg.
Marko Hepp (iC-Haus): Die Vorteile der Einkabel-Technologie sind weniger Verbindungstechnik, eine kompaktere Verkabelung, kleinere Schleppketten sowie geringere bewegte Massen und eine einfachere Lagerhaltung.
Alois Holzleitner (B & R): Unsere Kunden setzen bei neuen Maschinen und Anlagen inzwischen fast ausschließlich auf Motorhybridkabel. Bei dieser Technologie werden Geber- und Leistungskabel zusammengefasst. Der Verkabelungsaufwand und die Montagezeit werden damit auf ein Minimum reduziert und es können kleinere Schleppketten eingesetzt werden. Positiver Nebeneffekt ist zudem ein geringerer Logistikaufwand, da statt zwei Kabeln nur noch eines benötigt wird.
Dr.-Ing. Petr Osipov (Kollmorgen): In Kombination mit Standardservomotoren bietet die Einkabeltechnik Vorteile bei der Installation und Inbetriebnahme. Indem ich den Verkabelungsaufwand halbiere, benötige ich weniger Hardware und spare auch noch Zeit. Das Plus an Effizienz setzt sich fort bis hin zu abnehmenden Lagerkosten aufgrund sinkender Komponentenvielfalt. Aber auch im laufenden Betrieb bringt die Einkabelanschlusstechnik echten Nutzen. Zum einen steigt die Zuverlässigkeit durch bessere MTBF-Werte. Zum anderen bedeutet in hygienisch anspruchsvollen Anwendungen jedes eingesparte Kabel einen Gewinn, Maschinen schneller reinigen zu können und das Risiko von Schmutznestern von Beginn an auszuschließen.
Jörg Paulus (Posital): Anwender sparen sich erheblichen Verkabelungsaufwand, wenn Sie mit einem Kabel den Strom für den Motor sowie die Drehgebersignale übertragen können. Stecker, Kabel und Kabelverlegen sind aufwändig und teuer, so dass signifikante Effizienzgewinne erzielt werden können. Durch die Reduktion der elektrischen Verbindung werden gleichzeitig potentielle Fehlerquellen eliminiert. Das senkt die Fehleranfälligkeit.
Jürgen Rapp (AMK): Grundsätzlich liegt der größte Vorteil klar auf der Hand: Der Aufwand reduziert sich. Weniger Kabel, schnellere Montage und weniger Stecker. Da spart man Zeit und Kosten.
Daniel Reindl (Siemens): Zu den Vorteilen der Einkabeltechnologie gehören der reduzierte Installationsaufwand, z.B. durch weniger Kabeldurchführungen an Schaltschrank oder Maschine sowie weniger Verlegeaufwand der Kabelinstallation in der Maschine und Schaltschrank. Zudem bietet die Einkabeltechnik Vorteile durch eine leichtere Verlegung in Schleppketten und dem reduzierten Platzbedarf. Zudem punktet sie durch eine reduzierte Varianz im Lager-/Ersatzteilfall und bietet somit Kostenvorteile im gesamten Lebenszyklus.
Jonas Urlaub (Kübler): Alles wird einfacher – dies ist der Leitgedanke der offenen Schnittstelle Single Cable Solution. Platz und Kosten sparen ist der Mehrwert für den Kunden. Da nur noch ein Kabel verwendet wird, ist dieses schneller am Motor angeschlossen. Auch bei der Kabelverlegung punktet die Single Cable Solution. Bei konventionellen Anschlussmethoden ist eine räumliche Trennung zwischen Leistungs- und Sensorkabel notwendig. Dadurch benötigt man mehr Platz für die Kabeltrasse und verursacht mehr Kosten. Mit der Single Cable Solution sind Leistung und Sensorinformation in einem Kabel integriert, flexible Energieketten werden deutlich kleiner. Der Vorteil liegt also auf der Hand: Vereinfachung im Anschluss und in der Verlegung. Das spart Platz, Kosten und Zeit.
Karlheinz Wirsching (Baumüller): Anders als bei der klassischen Verkabelung, die immer ein Geber- und ein Motorkabel erfordert, ermöglicht die Einkabeltechnologie mit einer Kombination aus Signal- und Leistungskabel eine einfachere und weniger fehleranfällige Verdrahtung. Durch diese Anschlussmethode lassen sich der Inbetriebnahme-Aufwand reduzieren und die Kosten senken. Zudem ist die Einkabellösung platzsparender, es fallen zum Beispiel die Kabelkanäle kleiner aus, was v.a. auch bei der Robotertechnik wichtig ist.
elektro AUTOMATION: Es gibt verschiedene Lösungen – BiSS-Schnittstelle, Hiperface DSL, Ethercat P, Endat 22 – mit denen sich zum Beispiel Servomotoren anschließen lassen. Wie unterscheiden sich die einzelnen Technologien voneinander, welche Vor- bzw. Nachteile haben sie?
Albach (LTI Motion): Unter den verschiedenen Einkabeltechnologien ist Hiperface DSL besonders interessant, da es das einzige System am Markt ist, das mit nur zwei Adern in der Motorleitung sowohl die Geberinformation als auch die Geberversorgung übertragen kann. Das reduziert die Kosten der Motorleitung und sorgt für minimalen Leitungsquerschnitt und Biegeradius. Weiterhin lassen sich bestehende Steckverbinder beibehalten, wobei man vormals verwendete Pins für die Motortemperaturüberwachung nun für die Einkabellösung verwendet. Ein zusätzlicher Vorteil ist, dass die Hiperface-DSL-Geber als Safety Geber bis zu SIL3 zur Verfügung stehen. Endat 2.2 hingegen benötigt sechs und BiSS sechs bis acht Adern.
Bitsch (Sick): Durch Hiperface DSL von Sick hat die Einkabeltechnologie 2012 erstmals Einzug in die Servo-Antriebstechnik erhalten. Aufgrund der großen Vorteile hat sich Hiperface DSL rasch zu dem Standard in der Einkabeltechnik entwickelt. Grund dafür war, dass es die erste Schnittstelle war, welche bereits ab der Konzeptphase als Einkabeltechnologie ausgelegt wurde und deshalb den anderen Schnittstellen technisch überlegen ist. Oberflächlich betrachtet können natürlich alle anderen Schnittstellen auch als Einkabeltechnik ausgeführt werden, der Unterschied wird dann aber in der Detailbetrachtung deutlich, z. B. beim Kabelaufbau und den Steckerausführungen. Das spiegelt sich auch in der hohen Marktdurchdringung von Hiperface DSL im Antriebsmarkt wider und eröffnet dem Maschinenbau eine breite Anbieter-Auswahl.
Ethercat P ist gesondert zu betrachten, hierbei handelt es sich primär um eine Feldbussschnittstelle, welche sich jedoch auch bei den integrierten Antrieben gut positionieren kann.
Bücher (Hengstler): Acuro link ist als einziges Protokoll in der Lage das Gesamtsystem, inklusive Geber, in Hinblick auf funktionale Sicherheit bis zu SIL3, PLe, Kategorie 3 zu gewährleisten. Zudem bietet diese Lösung zukünftig die größte Produktpalette und den breitesten Einsatzbereich, da der Charakter eines offenen Protokolls sicherstellt, dass mehrere Technologieanbieter ausgewählt werden können. Acuro link erfüllt die Anforderungen an den Einsatz von hoch performanten Antrieben, z.B. an der Werkzeugmaschine, bis hin zu kostenoptimierten einfachen Stellantrieben. Das von Hengstler entwickelte Protokoll Acuro link unterstützt 2- und 4-Draht-Anwendungen. Dabei kann die robuste 4-Draht-Option einfach in bestehende Servoregler durch die physikalische Standardschnittstelle RS485 integriert werden.
Fischer (Rockwell Automation): Unterschiedliche Applikationen benötigen jeweils den richtigen Encoder zu kalkulierbaren Kosten mit den erforderlichen Genauigkeiten. Rockwell Automation verbaut in seinen Einkabelmotoren den Hiperface DSL Encoder, oder alternativ den Endat 2.2 beim VPC-Motor.
Golf (Beckhoff): Anders als Ethercat P sind die drei Lösungen BiSS, Hiperface DSL und Endat 2.2 allesamt digitale Encoder-Schnittstellen, die sowohl Komfortfunktionen als auch ein elektronisches Typenschild sowie Diagnosedaten zur Verfügung stellen. Die für mich wichtigen Unterschiede zwischen ihnen liegen in der Anzahl der erforderlichen Adern im Motorkabel: Endat 2.2 benötigt insgesamt sechs Adern zum Anschluss des Encoders: zwei Adern zur Spannungsversorgung, ein RS-485-Paar für das Taktsignal und ein weiteres RS-485-Paar für die im Halbduplex übertragenen Daten. Die höhere Anzahl der Adern erfordert ein im Durchmesser und Aufbau aufwändigeres Kabel.
BiSS benötigt wie Endat 2.2 zur Übertragung sechs Adern. Diese Schnittstelle wird ebenfalls von mehreren Encoder-Herstellern genutzt. Die interne Datenstruktur ist jedoch herstellerabhängig.
Hiperface DSL benötigt zwei Adern zur Geberversorgung (DC-Spannung) und Datenübertragung/Takt (AC-Spannung, Halbduplex). Dafür könnten die vorher für den Thermosensor erforderlichen Adern verwendet werden. Dadurch kann das Encoder-Signal ohne größeren Mehraufwand mit über das Motorkabel geführt werden.
Hepp (iC-Haus): Man darf hier keine Äpfel mit Birnen vergleichen, d.h. OCT-Lösungen nicht mit klassischen 6-adrigen Encoder-Schnittstellen. BiSS Line ist die 2- oder 4-Ader Technik für das Open-Source BiSS Protokoll mit seinen inzwischen weltweit über 400 kostenfreien Lizenzen. Die relevanten Unterscheidungsmerkmale innerhalb der Ein-Kabel-Technologien sind:
  • BiSS Line als offener Standard auch in Ein-Kabel-Technik gegenüber proprietären Lösungen.
  • Übertragung des TÜV-zertifizierten BiSS Safety Protokolls auch für SIL3 Anwendungen.
  • Zukunftsfähigkeit für mehr Performance (busfähig), mehr Sicherheit (gegen Störungen; low Jitter) und mehr Fehler-Rekonstruktionsmöglichkeiten (Forward Error Correction).
  • Produkt- und Anbietervielfalt gegenüber einer Single Supply Situation.
  • Einfache Umsetzbarkeit in Systemen durch einheitlichen Physical Layer mit Spannungsversorgung- und Übertragungsstandard.
  • Verwendung von kostengünstiger, robuster und skalierbarer Technologie.
  • Verfügbarkeit standardisierter Kabel- und Verbindungstechnik.
Osipov (Kollmorgen): Unterschiedliche Rückführungssysteme wirken sich beim Einkabelanschluss vor allem auf Leistungslängen, Biegeradien und die generelle Anzahl der Drähte im Inneren aus. Kollmorgen hat vor vier Jahren diese moderne Installation um Hiperface DSL erweitert, nutzt dafür aber das gleiche dünne Kabel, wie für unseren digitalen Resolver SFD3. Wir waren meines Wissens bereits 2003 – also vor 14 Jahren – die ersten, die einen digitalen Resolver auf den Markt brachten. Diese Lösung bringt robuste, preiswerte Resolver und digitale Datenübertragung zusammen. Mit Blick auf die Standardisierung nutzten wir für beide Rückführungen das gleiche Kabel – und das lässt sich mit einem Querschnitt von nur elf Millimetern sehr gut um die Ecke legen.
Paulus (Posital): Ein entscheidender Unterschied ist, ob es sich um proprietäre oder offen Schnittstellen handelt. Bei proprietären Schnittstellen wie Hiperface, Endat oder zukünftig auch Acuro link gibt es die verschiedenen Sensoren nur bei einem oder wenigen Anbietern. Der Motorhersteller oder Anwender ist also auf diese Hersteller angewiesen. Offene Standards wie BiSS Line stehen hingegen allen Anwendern zur Verfügung. Als Teil der BiSS User Community waren wir aktiv daran beteiligt, dieses Protokoll kürzlich als erste offene Schnittstelle für Einkabeltechnologie zu präsentieren. Aktuell arbeiten wir für unsere magnetischen Einbaukits, die wir auf der SPS/IPC/Drives als Innovation in Sachen Motorfeedback vorgestellt haben, an einer asynchronen BiSS-Schnittstelle.
Rapp (AMK): Es geht im Grunde immer um Einsparung von Material und Installationszeit – und da leistet sicher jede Technologie ihren wichtigen Beitrag. Aber auch der Einsatz von Multiachsgeräten hilft letztlich, Kabel einzusparen und ist somit auch eine gute Strategie den Installationsaufwand zu reduzieren. Den signifikant höchsten Beitrag dazu leistet unserer Erfahrung nach der Einsatz dezentraler Antriebe. Dabei findet ein Systemwechsel in der Verdrahtung statt. Weg von der Sternverdrahtung, hin zur Durschleifung von Leistung und Kommunikation. Das Einsparpotenzial ist enorm. Je Maschinentyp liegt das Einsparpotenzial der Kabel schnell bei 80 bis 90%, wohingegen die klassische Einkabeltechnologie eben maximal die zusätzliche Geberleitung einsparen kann.
Reindl (Siemens): Ethercat P ist eine Einkabellösung für Feldbus. Damit lassen sich keine Servomotoren betreiben. Beim Servomotoranschluss gibt es verschiedene Implementierungen der Schnittstelle in Physik und Protokoll:
  • Physik: In der Regel erfolgt die Realisierung als traditionelle serielle RS485-Schnittstelle in verschiedenen Ausprägungen. Eine weitere Möglichkeit ist Siemens OCC – diese Technik ist basiert auf dem Ethernet-Standard IEEE 802.3. Unterschiede gibt es bei Latenzzeiten und Datenrate. Mit der ethernetbasierten OCC-Drive-CLiQ-Lösung sind Spitzenwerte bei der Latenzzeit von nur 4,5 µs und eine Datenrate von bis zu 100 Mbit erreichbar, die RS485-Lösungen überlegen sind.
  • Protokoll: Bisher war die Unterstützung von Functional-Safety noch ein Unterscheidungsmerkmal. Dies ist wird jedoch zunehmend von allen Protokollen unterstützt. Weiterhin gibt es Implementierungen, welche neben den reinen Gebersignalen noch weitere Nutzdaten wie zum Beispiel Diagnosewerte oder Typenschildinformationen übertragen.
Urlaub (Kübler): BiSS und Ethercat P sind offengelegte Schnittstellen für Sensorhersteller. Entscheidend für den Kunden ist der Kosten-Nutzen-Faktor. Bei Ethernet P sind Hardware-Kosten im Vergleich zu seriellen Schnittstellen erheblich höher. Hiperface DSL und Endat 2.2 sind einer der ersten Einkabeltechnologien. Beide Schnittstellen sind proprietär und somit ist der Kunde in seinen Möglichkeiten begrenzt. Die Single Cable Solution ist das einzige Protokoll, welches offen in Richtung Drive und in Richtung Sensor ist. Für den Kunden stehen somit alle Möglichkeiten offen. Die Gestaltung von Applikationen ist dadurch einfacher und nahezu ohne Einschränkungen. Das Protokoll ist vom TÜV für die Funktionale Sicherheit zertifiziert bis zu SIL3 / PLe.
Wirsching (Baumüller): Ethercat P ist eine Technologie-Erweiterung, die Ethercat und Power auf einem 4-adrigen Standard-Ethernet-Kabel vereint. Diese Technologie wird jedoch nur zwischen Steuerungen, Umrichtern und I/O-Kopplern verwendet. Die anderen Schnittstellen werden als Rückführungssysteme zwischen Motor und Umrichter eingesetzt, wobei das eigentliche Motorkabel um eine Encoder-Kommunikation erweitert wird.
Bei Hiperface DSL erfolgt die Kommunikation zwischen Servoumrichter und Motor-Feedback-System nur über zwei Adern. Aus je einem Kabel für Motor- und Geberleitung wird ein Hybridkabel. Allerdings können noch nicht alle Antriebssysteme die Daten des Hiperface-DSL-Protokolls verarbeiten, da es sich bei dieser Schnittstelle um eine rein digitale Kommunikation handelt.
Endat 2.2 hat im Vergleich zu Hiperface DSL den Nachteil, dass im Hybridkabel nicht zwei, sondern sechs Adern zusätzlich eingebracht werden müssen. Die BiSS-Schnittstelle wiederum hat den Nachteil, dass sie im Vergleich zu den vorher genannten, auf dem Antriebsmarkt noch keine solide Verbreitung hat.
Der Vorteil aller oben genannten Systeme liegt darin, dass zusätzlich zu den eigentlichen zur Regelung benötigten Positionsdaten des Motors, noch weitere Daten vom Motor zum Regler geliefert werden können. Dies sind z.B. Motortemperaturen oder Parametrierungseinstellungen für den Regler, die im Speicher des Gebers, dem sogenannten elektronischen Typenschild, abgelegt werden und jederzeit aus diesem ausgelesen werden können.
elektro AUTOMATION: Bei der Einkabeltechnologie werden ja Kommunikation (Geberleitung) und Leistungsversorgung (Servoleitung) zusammengelegt. Wie sieht es da mit der Störsicherheit bzw. der Strombelastbarkeit aus? Und welche Leitungslänge ist möglich? Kommt es hier zu Einschränkungen?
Albach (LTI Motion): Bei der Einkabeltechnologie ist es wichtig, dass das komplette System bestehend aus Motor, Motorleitung und Antriebsregler aus einer Hand kommt. Nur so ist sichergestellt, dass dieses System aufeinander abgestimmt ist und störsicher funktioniert. LTI Motion realisiert auf diese Weise Einkabellösungen mit Hiperface DSL absolut störsicher bis zu 100 Metern Motorleitung. Grenzen hat die Einkabeltechnologie bei großen Motoren, die einen Klemmkasten für den Motoranschluss haben. Das macht die Schirmung der Gebersignale im Motor schwierig und zusätzlich wird die Einkabelmotorleitung teuer, da sie für diese Ströme unüblich ist. Daher ist in diesem Fall die Verwendung einer separaten Geberleitung sinnvoll.
Bitsch (Sick): Ich kann mich noch gut an die ersten skeptischen Blicke 2011 auf der SPS in Nürnberg erinnern, als wir erstmals unsere “One Cable Technology“ ausstellten. Die Skeptik hat sich im darauffolgenden Jahr dann aber schnell in Begeisterung gewandelt. Der Markterfolg der „Early Adaptors“ untermauerte unsere Aussage, dass aufgrund der von Sick patentierten Mechanismen eine robuste und störungsfreie Datenübertragung in der Motorleitung möglich wird. Hiperface DSL ist bis zu einer maximalen Leitungslänge von 100 Metern ausgelegt und benötigt zur Synchronisierung nicht einmal eine gesonderte Clock-Leitung. Bei der Strombelastbarkeit gibt es protokollseitig keine Einschränkungen, jedoch überwiegt der wirtschaftliche Vorteil gerade bei Maschinen mit vielen Servoachsen auf engstem Raum. Hier kommen dann hauptsächlich Servomotoren im unteren bis mittleren Leistungsbereich zum Einsatz. Hiperface DSL entwickelt sich aktuell aber gerade auch im oberen Leistungsbereich weiter, was auf den Trend bei den Spritzgussmaschinen zurückzuführen ist, weg vom hydraulischen hin zum elektrischen Servoantrieb.
Bücher (Hengstler): Acuro link ist für den Einsatz in rauen Umgebungen konzipiert. Eine ausreichende Störsicherheit kann nur durch den Einsatz geeigneter Kabel, Stecker und ein adäquates Schirmkonzept im Antriebssystem realisiert werden. Mit den beiden Encoder-Familien AD37E und AD58E ermöglicht Acuro link, als derzeit einziges Protokoll für eine Einkabeltechnologie lange Kabellängen bis zu 100 Meter ohne Zusatzkomponenten im Schaltschrank und einem Sicherheitslevel bis zu SIL3, PLe. Und ist zudem qualifiziert für High Performance Motion Control. Hohe Übertragungsraten (bis zu 10 MBaud), schnelle Reglerzyklen (bis zu 32 KHz) und robuste und störsichere Datenübertragung.
Fischer (Rockwell Automation): Die Einkabellösung von Rockwell Automation zeichnet sich durch einen hochwertigen Kabelaufbau aus, der auch bei hoher Strombelastung eine zuverlässige Störsicherheit gewährleistet. Dadurch können die Motoren mit dem notwendigen Strömen versorgt werden. Durch vorschriftmäßiges Verlegen und Verdrahten, insbesondere der Schirmung, lassen sich Fehler und Risiken vermeiden. VP-Motoren in Einkabeltechnologie lassen sich am Kinetix 5700 Servoregler mit einer Leitungslänge von 90 Metern pro Motor anschließen und betreiben. Dabei gibt es keine Einschränkungen im Vergleich zu unseren MP-Motoren in 2-Kabeltechnologie.
Golf (Beckhoff): Wir haben in der „analogen“ Vergangenheit gelernt, dass leistungsführende Kabel von den Feedback-Kabeln möglichst weit voneinander zu verlegen sind. Andernfalls musste man mit Störeinkopplungen von der Leistung- zur Feedback-Leitung rechnen. Mit Hilfe der voll digitalen Geberschnittstellen bei OCT ist das einfacher zu lösen, denn Störgrößen wirken sich auf beide Adern aus und werden eliminiert. Demzufolge ist diese Technologie sogar störunempfindlicher als jede analoge Geberschnittstelle. Die Strombelastbarkeit der Leitung wird durch OCT nicht beeinträchtigt und auch die maximale Leitungslänge von 100 m entspricht der konventionellen Zwei-Kabel-Technik. Der Maschinenbauer hat also keinerlei Einschränkungen beim Einsatz von OCT. Wir unterstützen die One Cable Technology bis zu einem Regler-Nennstrom von 40 A, mit dazu optimierten Leitungen bis 10 mm2 Querschnitt. Darüber hinaus reduziert sich der Preisvorteil von OCT gegenüber der Zwei-Kabel-Technik, da das Feedbackkabel gegenüber dem Leistungskabel kostenmäßig in den Hintergrund tritt.
Hepp (iC-Haus): Die Störsicherheit ist ein zentrales Thema, das konstruktiv im Kabel, in der Verbindungstechnik und final im Protokoll abgedeckt wird. Die Strombelastbarkeit des Leistungskabels ist skalierbar bis zu relativ großen Querschnitten; Megawatt-Systeme sind nicht zu erwarten. Die Strombelastbarkeit der Kommunikationsleitung bei der Geberversorgung ist auf wenige hundert mA begrenzt, da hier die Eigenerwärmung des Gebers nachteilig wirkt. Die Leitungen müssen bei einigen Lösungen meist ein Vielfaches bei ungünstigen Rush-In-Strömen temporär aushalten. Die Leitungslänge hängt vom Timing des Protokolls und der verwendeten Leitungstreiber ab. Hier sind auch Leitungslängen über 100 Meter möglich, jedoch in der Anwendung kaum sinnvoll. Bei 80% aller Anwendungen werden weniger als 20m Kabellänge erwartet.
Holzleitner (B & R): Es gibt keinerlei Einschränkungen, wenn Motorhybridkabel eingesetzt werden. Auch sichere Motoren und Antriebe können ohne Abstriche mit Motorhybridkabel verwendet werden. Leitungslängen bis zu 100 Metern sind problemlos möglich. Die Anlagenverfügbarkeit wird nicht negativ beeinflusst.
Osipov (Kollmorgen): In modularen Maschinen sind maximale Kabellängen für uns kein Thema, weil der dezentrale Aufbau von Steuerung, Motion Control und Aktorik selten die empfohlenen Distanzen erreicht. Wir geben für Hiperface DSL und den Digitalresolver SFD3 25 Meter als Empfehlung vor. Diese schließt die Kommunikationssicherheit inklusive robusten EMV-Verhaltens ein. Der Blick in die Praxis belegt die Betriebssicherheit und unseren Kunden bleiben dabei auch noch flexibel, später Veränderungen in einer Maschine vorzunehmen können. Reicht die Auflösung nicht aus und Sie wollen den Resolver durch eine digitale Rückführung ersetzen, können Sie das machen – ohne dabei auch noch aufwändig das Kabel zu tauschen.
Paulus (Posital): Technologisch ist es tatsächlich relativ anspruchsvoll, Daten und Stromversorgung auf einem Kabel zu übertragen. Allerdings ist die Technologie auch nicht mehr ganz neu und schon länger erfolgreich im Einsatz – Stichwort: DSL bei Routern. Aktuell nimmt das Interesse an Einkabeltechnologie noch mal deutlich zu. Dabei wird es auch weiter Konstellationen geben, wo getrennte Kabel die bessere Lösung für die Anwendung darstellen. Einkabellösung ist beim besten Willen kein Allheilmittel.
Reindl (Siemens): Die Adern sind entsprechend wenn erforderlich gegeneinander abgeschirmt, so dass eine hohe Störsicherheit gewährleistet ist und es diesbezüglich zu keinen Restriktionen kommt.
Die Implementierung der Einkabeltechnik ist ausgelegt auf typische Leitungslängen bis zu 50 m. Bei der Strombelastbarkeit der Leitungen gibt es hier ebenfalls keine Einschränkung. Es wird das komplette zugehörige Servomotoren-Spektrum mit der Einkabellösung nutzbar sein.
Urlaub (Kübler): Kabellängen bis zu 100 m sind für die Single Cable Solution kein Problem. Die Praxis zeigt, dass überwiegend Leitungslängen bis ca. 25 m verlegt werden. Für eine ausreichende Störsicherheit spielt auch die Auswahl der Kabel und Steckverbinder eine große Rolle. Je länger die Leitungsstrecke, desto hochwertiger müssen Kabel und Steckverbinder sein. Es gibt aber klare Punkte ab und bis wohin eine Einkabeltechnologie Sinn macht. Bei sehr kurzen Leitungslängen sind die Vorteile der Single Cable Solution marginal, es bleiben jedoch die Vorteile der einfachen Installation übrig.
Wirsching (Baumüller): Grundsätzlich handelt es sich ja hier um eine rein digitale Kommunikation. Es werden keine analogen Signale für die Kommunikation benutzt. Analoge Signale lassen sich leicht durch äußere Einflüsse beeinträchtigen, die sich nur durch einen sehr hohen Aufwand in Soft- und Hardware verhindern lassen. Bei der digitalen Übertragung ist dies nicht der Fall, da dort nur Bits übertragen werden, die noch durch mit übertragene Checksummen im Falle einer Störung sehr leicht erkannt und je nach System auch noch „repariert“ werden könnten. Damit haben digitale Systeme eine wesentlich höhere Störfestigkeit. Baumüller hat alle Systeme getestet und geht davon aus, dass eine Leitungslänge von bis zu 100 Metern störsicher möglich ist, was die heutigen nicht-digitalen Systeme noch übertreffen kann.
elektro AUTOMATION: Was spricht dagegen sensorlos, also ganz ohne Kabel zu regeln? Welche weiteren Möglichkeiten gibt es?
Albach (LTI Motion): Synchron- und Asynchronmotoren lassen sich auch ganz ohne Gebersystem mit entsprechenden geberlosen Regelverfahren betreiben, wenn man nur Drehzahlen regeln möchte und Abstriche hinsichtlich der Genauigkeit eingehen kann. Mit Synchronmotoren kann man sogar geberlos positionieren, aber nur mit reduzierter Dynamik und Genauigkeit. In der Mehrzahl der Anwendungen ist dieser Performanceverlust allerdings nicht akzeptabel und der Einsatz eines Gebersystems ist sinnvoll und notwendig.
Bitsch (Sick): Ein Kabel wird es erstmal noch lange geben. Schließlich muss der Servoantrieb mit Energie versorgt werden. Bei Applikationen mit niedriger Leistungsfähigkeit kann man schon heute auf einen Geber verzichten. Jedoch muss der Antrieb gut mit dem Frequenzumrichter abgestimmt sein, was den Austausch im Feld oder gar eine Kombination unterschiedlicher Hersteller deutlich erschwert. Nach wie vor gibt es gerade bei langsamen Drehzahlen einen erheblichen Performanceverlust. Außerdem sehen wir die synchrone Servotechnik als einen Treiber hin zur intelligenten Antriebstechnik, welche sicher nicht komplett sensorlos realisiert werden wird.
Bücher (Hengstler): Die Geber AD37 und AD58 sind deutlich genauer als eine sensorlose Regelung von Servomotoren. Zudem ist eine Übertragung der Versorgungsspannung und der Lageinformation in Echtzeit per Funk derzeit noch „Zukunftsmusik“.
Generell kann man allerdings den Trend festhalten, dass Anwendungen immer komplexer werden und eine höhere Performance verlangen. Und genau hier bewegen wir uns auch an den Grenzen einer kabellosen Technologie. Eine weitere Möglichkeit ist mit Hilfe von Acuro link einen Sensor-Hub zu schaffen, der weitere Sensoren anbinden kann und auch wiederum deren verlässliche Daten, z.B. Elektronisches Datenblatt (EDS), Temperatur, und Vibrationen, die Basis bieten um Industrie 4.0 Szenarien zu realisieren.
Fischer (Rockwell Automation): Gerade im Bereich der sicheren Antriebstechnik bieten digitale Feedbacksysteme auch Safety-Kanäle an. Eine sensorlose Regelung bietet aktuell nicht die Regelgenauigkeit, die erforderlich ist.
Golf (Beckhoff): Synchron Servomotoren sensorlos zu regeln, ist zwar schon länger realisiert, jedoch bleiben die Anwendungsfälle dafür eher die Ausnahme. Ein Synchronmotor ist ein hochdynamischer Aktuator, prädestiniert für Bearbeitungsmaschinen, schnelle Punkt-zu-Punkt-Bewegungen in Verpackungsmaschinen, bei minimalen Schleppfehlern. Entfällt das Feedback, so reduziert sich die Dynamik und das Regelverhalten bei niedrigen Drehzahlen wird schlechter. Dies steht im Widerspruch zu den Anforderungen insbesondere von bearbeitenden oder schnell taktenden Maschinen. Bei einem sensorlosen Betrieb würden auch Komfortfunktionen wie das elektronische Typenschild und Multiturn entfallen. Im Vergleich zu OCT würde der Anwender nur den Preis des Gebers einsparen, das Leistungskabel bliebe ja in jedem Fall bestehen. Der preisliche Vorteil ist dann nicht mehr so groß, dass Kunden deswegen auf die Vorteile des Feedbacks verzichten würden.
Hepp (iC-Haus): Sehr viele Anwendungen sind nicht ohne Kabel umsetzbar. Ein hochgenaues und geregeltes Motorfeedback und der Trend zur funktional sicheren Anwendung erfordern auch in Zukunft Sensoren. Eine Alternative wären Encoder-Verbindungen über die Motorleitungen selbst, also ohne Sensorkabel. Hierbei sind jedoch ein deutlicher Mehraufwand und die Kosten bei geringeren Kosteneinsparungen im Kabel zu sehen. Eine Aufgabe, die in Zukunft eventuell technisch möglich sein wird, aber kaum wirtschaftliche Vorteil bietet.
Holzleitner (B & R): Das Regeln ohne Positionssensor oder Drehgeber ist eine interessante Möglichkeit, mit der sich Kosten, Gewicht und Platz sparen lassen. Es gibt jedoch gewisse Einschränkungen. Bei der sogenannten sensorlosen Regelung oder encoderless control werden Drehzahl und Position aus vorhandenen Messgrößen errechnet. Die verwendeten Algorithmen basieren auf zwei Prinzipen. Die sogenannte EMK-Beobachtung funktioniert sehr gut ab einer bestimmten Minimaldrehzahl. Unterhalb dieser Minimaldrehzahl kommen sogenannte Injektionsverfahren zum Einsatz, diese haben jedoch deutliche Einbußen in der Regeldynamik zur Folge. Ich gehe davon aus, dass es in Zukunft mit der sensorlosen Regelung möglich sein wird, Resolver zu ersetzen. Hochpräzise Geber, besonders solche mit Multiturn-Eigenschaften, werden jedoch nach wie vor als Hardware nötig sein. Die sensorlosen Verfahren eignen sich aber zum Beispiel auch hervorragend als redundante Positionserfassung im Bereich der Sicherheitstechnik oder um die Anlagenverfügbarkeit bei einem Geberausfall zu erhöhen.
Osipov (Kollmorgen): Nichts spricht dagegen, geberlos zu regeln. Das ist eben wie in vielen Bereichen des Lebens eine Frage der Einsatzbedingungen. Habe ich sehr hohe Motorfrequenzen, fällt der Geber per se schon aufgrund der Drehzahlen aus. Spindelantriebe sind ein typisches Beispiel. Hier habe ich aber nicht die Anforderungen an die Regelungsgenauigkeit, wie in Verpackungsmaschinen mit vielen miteinander koordinierten Einzelachsen. Präzise Positionierung und hohe Dynamik sind ohne Geber nicht möglich. Ich muss wissen, wo mein Motor steht – ganz real. Das können Sie nicht simulieren.
Paulus (Posital): Die Genauigkeit – und damit die Effizienz eines Motors – ist ohne Sensor deutlich schlechter. In einem sensorlosen System muss man immer Kompromisse eingehen. Ein sensor-loser Betrieb ist nahezu unmöglich, wenn die Maschine unter Last anfahren muss/soll – und dabei das volle Drehmoment benötigt wird. Darüber hinaus speichern heutige Drehgeber ja auch die Anzahl der Umdrehungen mit einem Getriebe, Batteriesystem oder Wiegand-Zähler; ganz zu schweigen von allerhand motorspezifischen Daten, die im elektronischen Typenschild hinterlegt werden können.
Rapp (AMK): Servoumrichter werden gerade dort eingesetzt, wo es auf eine optimale Regelgüte ankommt, also dynamische und synchrone Bewegungsabläufe. Es gibt aber auch gute Gründe für sensorlose Regelung mit Servoumrichtern. Wir setzen zum einen auf zusätzliche sensorlose Regelung bei Antrieben, die einen Geber haben. Durch diesen redundanten Ansatz ist bei einem Geberausfall ein geführtes Stillsetzen des Antriebs möglich. Zum anderen regeln wir sensorlos, wenn wenig Lastwechsel vorhanden sind und die Kostenersparnis entscheidend ist oder der Antrieb schwer zugänglich ist und durch den Wegfall des Gebersystems die Ausfallwahrscheinlichkeit reduziert wird.
Reindl (Siemens): Es gibt Anwendungen in den Motoren von Umrichtern geberlos geregelt und auch positioniert werden, z.B. bei Rundtakttischen, Förderbändern, Stapeleinrichtungen usw. Dies aber in der Regel nur, wenn man keine hochdynamischen Bewegungen ausführen muss. Wenn man aber von Servoanwendungen spricht, also hoch bzw. höchst dynamischen Anwendungsfällen, ist eine geberlose Regelung nicht ausreichend um eine entsprechend hohe Regelperformance und Genauigkeit zu erreichen. Weiterer Zusatzeffekt bei Benutzung von Gebern: Das elektronische Typenschild des Motors wird im Geber abgelegt und kann vom Umrichter ausgelesen werden. Dies vereinfacht und verkürzt die Parametrierung des Antriebs für den Anwender. Ohne diese Funktion müssten die Motordaten manuell vom Anwender eingestellt werden.
Urlaub (Kübler): Es gibt Applikationen wo eine sensorlose Regelung vollkommen ausreichend ist, oder den Motor mit einer sehr einfachen lagerlosen Lösung auszustatten wie z.B. einem Resolver oder einem magnetischen System. Allerdings gibt es eine Vielzahl von Anwendungen bei denen es auf Genauigkeit ankommt. Bei Kübler liegt der Fokus auf hochdynamische Anwendungen. Antriebe die z.B. sehr ihre Drehrichtung ändern müssen, werden mit der passenden Kübler Sensorik ausgestattet. Hier werden sehr leistungsfähige Gebersysteme eingesetzt welche eine Auflösung von bis zu 24 Bit auf 360° haben, das entspricht 0,000021°. So lässt sich perfekt die Rotorlage bestimmen, Ströme in der Pulsweitenmodulation ideal stellen und eine Geschwindigkeit ableiten die sehr genau ist. Dadurch wird das Antriebssystem perfektioniert. Eine geberlose Regelung kommt hier nicht in Frage.
Single Cable Solution = Datenübertragung auf der Sensor-Spannungsversorgung.
So lange Sensoren mit Spannung versorgt werden müssen, kann man diese Leitung auch für die Datenübertragung nutzen. Andere Verfahren wie z.B. Funk bieten nur eine weitere unnötige Störquelle im Produktionsumfeld und keinen weiteren Nutzen.
Wirsching (Baumüller): Grundsätzlich können in der Antriebstechnik alle Motoren sensorlos betrieben werden, was die Firma Baumüller mit ihren Servoumrichtern B-Maxx bereits seit Jahrzehnten macht. Es gibt jedoch im Vergleich zur sensorbehafteten Regelung einige Nachteile. So wird man nicht die Genauigkeit in der Drehzahlregelung erreichen. Besonders in den Branchen in denen Baumüller unterwegs ist wie z.B. Verpackung, Druck, Kunststoff ist eine hohe Regelgüte gefordert, um die Dynamik und die benötigte Prozessgenauigkeit zu erreichen. Sensorlose Systeme können auch nicht von sich aus Positionieren, was wiederum z.B. bei Pick & Place-Applikationen nötig ist. Das gleiche gilt z.B. in Systemen bei denen Achsen hoch synchron zueinander bewegt werden müssen. Diese Art der Bewegung kann nur über stetige synchrone Positionssollwertvorgaben erreicht werden, was mit einer sensorlosen Regelung nicht möglich ist. Nichtsdestotrotz hat die sensorlose Regelung ihre Berechtigung auf dem Markt und zwar immer dann, wenn es um einfache Drehzahlregelung geht. Dort hat sie natürlich den Vorteil der Robustheit und der Kosteneffizienz.

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