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Energieeffizienz durch AirTemp-Konfigurator

Thermodynamische Betrachtung von Schaltschränken
Energieeffizienz durch AirTemp-Konfigurator

Auf der Webseite der Friedrich Lütze GmbH ist seit Kurzem ein neuer Konfigurator nutzbar, mit dem Schaltschrankbauer ihre Konstruktionen thermodynamisch analysieren können. Norbert Gemmeke, Geschäftsführer bei Lütze, erläutert im Gespräch mit der elektro AUTOMATION, welchen Nutzen Anwender aus diesem Web-Tool ziehen können, wie es entstanden ist und welcher Zusammenhang zur abgeschlossenen Initiative Green Carbody besteht.

Interview: Irene Knap und Michael Corban,Redaktion elektro AUTOMATION

elektro AUTOMATION: Herr Gemmeke, seit Kurzem finden Anwender auf Ihrer Homepage neben dem schon länger bestehenden Konfigurator für das AirStream-Verdrahtungssystem auch ein Web-Tool, das die thermodynamische Betrachtung eines Schaltschranks ermöglicht. Was hat es damit auf sich?
Gemmeke: Es handelt sich dabei um eine Analyse-Software, mit der Anwender einfach und schnell selbst herausfinden können, welche Temperaturen in ihren Schaltschränken entstehen. Dafür geben sie die Eckdaten des Aufbaus ihres Schrankes sowie die Verlustleistung ein. Der Schaltschrank wird dann vom System simuliert und in drei Zonen aufgeteilt, für die die jeweilige Temperatur angezeigt wird. Zudem wird ersichtlich, wo Hotspots entstehen und was passiert, wenn Kühlmöglichkeiten eingesetzt werden. So mancher Anwender kennt die Software eventuell schon durch eine direkte Zusammenarbeit mit uns. Mit dem Web-Konfigurator möchten wir die Thematik nun allen Schaltschrankbauern zugänglich machen.
elektro AUTOMATION: Mit welchen Kosten müssen Anwender rechnen, die den Konfigurator nutzen möchten?
Gemmeke: Wir möchten sie an das Thema heranführen, deshalb ist die Nutzung der Software kostenlos. Auch eine Anmeldung ist erst nötig, wenn man sich die Ergebnisse als PDF abspeichern oder ausdrucken möchte. Natürlich möchten wir wissen, wer sich mit dem Thema beschäftigt und beraten die Anwender in der Folge gerne bei der Umsetzung der in der Simulation gewonnenen Erkenntnisse. Grundsätzlich haben wir aber entschieden, dass unsere Forschungsergebnisse zu gravierend sind, um sie nicht einer größeren Breite zugänglich zu machen. Und diese Breite erreichen wir als Mittelständler eher über ein Web-Tool als über unseren weltweit agierenden Vertrieb.
elektro AUTOMATION: Wie sind Sie eigentlich auf das Thema Thermodynamik im Schaltschrank aufmerksam geworden?
Gemmeke: Einen großen Anteil an unseren Entwicklungen in diesem Bereich hatte in den letzten Jahren die Initiative Green Carbody. In ihr haben sich 60 Projektpartner damit beschäftigt, den Energie- und Ressourcenbedarf produktionstechnischer Prozesse und Systeme signifikant zu verringern. Gerade ein Schaltschrank bietet hier enorme Potentiale in Bezug auf Energieeinsparung und Energieeffizienz. Wir konnten unter anderem nachweisen, dass beim Einsatz von externen Klimageräten mit dem LSC-Verdrahtungssystem eine Energieeinsparung von bis zu 23 % gegenüber einem vergleichbaren konventionellen Schaltschrankaufbau möglich ist. Das Projekt war für uns eine Initialzündung und darauf aufbauend entwickeln wir nun Lösungen. Zudem spielen bei uns auch Themen wie die Erderwärmung eine Rolle. Wir stellen bei immer mehr Anwendern fest, dass sie in ihren Spezifikationen die Umgebungstemperatur von 30 auf 35 °C erhöhen. Das bedeutet für uns eine extreme Herausforderung.
elektro AUTOMATION: Wie ist dann aus diesen Überlegungen eine Analyse-Software entstanden?
Gemmeke: Mit dem Verdrahtungssystem AirStream haben wir eine Grundsystematik geschaffen, mit der wir die Konvektion im Schaltschrank optimieren können. Um das zu erreichen, haben wir uns mit dem Institut für Thermodynamik und Wärmetechnik (ITW) der Universität Stuttgart qualifizierte Unterstützung geholt. Die Wissenschaftler des Instituts haben sich Schaltschränke in Bezug auf die Strömungslehre angesehen und uns einen ganz neuen Blickwinkel eröffnet. Im Zuge dieser auch weiterhin bestehenden Zusammenarbeit wurde dann die Software entwickelt.
elektro AUTOMATION: Wie sieht es in der Praxis aus? Wurden Ihre Simulationen schon im realen Betrieb kontrolliert?
Gemmeke: Wir haben die Modellbildungen tatsächlich bereits in unterschiedlichen Applikationen überprüft. Dabei simulieren wir den Schaltschrank mit den Daten des jeweiligen Anwenders und dieser misst dann bei sich in der bestehenden Anlage nach. Die Ergebnisse dieser Praxistests bestätigen unsere Simulationen. Wir sind also mittlerweile mit der Modellbildung soweit, dass wir in den drei bereits erwähnten Temperaturzonen sehr genau sagen können, wo welche Temperatur entsteht. Zudem lässt sich simulieren, wie sich Kühlmöglichkeiten wie AirBlower, AirBlades oder auch ein Klimagerät auswirken.
elektro AUTOMATION: Sie haben erwähnt, dass einige Anwender die Software bereits kennen, nachdem sie bei der Umsetzung ihrer Applikationen mit Ihnen zusammengearbeitet haben…
Gemmeke: …die Berechnungen selbst können wir zusammen mit dem ITW schon seit etwa zehn Jahren anstellen. Das Problem war, dass eine Simulation in den Anfängen etwa 150.000 Euro kostete. Hier mussten wir das System zuerst so vereinfachen, dass es in der Breite sinnvoll genutzt werden kann. In der Zwischenzeit haben wir viele unserer Erkenntnisse im ‚Leitfaden energieeffiziente Schaltschrankklimatisierung‘, der 2014 erschienen ist, zusammengefasst. Darin wurden unter anderem zehn Planungsregeln zur effizienten Schaltschrankentwärmung sowie wärmetechnisches Grundlagenwissen in Zusammenhang mit Schaltschränken beschrieben. Dabei geht es uns vor allem um Dinge, die von E-Technikern und Strömungstechnikern sehr unterschiedlich gesehen werden.
elektro AUTOMATION: Können Sie ein Beispiel dafür geben und erklären, worin der Unterschied besteht?
Gemmeke: Wir können die vom Klimagerät gekühlte Luft mit entsprechender Planung sehr gezielt steuern und erhalten dadurch tatsächlich den Effekt einer laminaren Strömung. Dabei bieten Lütze-AirStream-Verdrahtungssysteme bessere Voraussetzungen als Montageplatten, da die Strömung nicht schon durch gut gefüllte Kabelkanäle geblockt wird. Im Gegensatz dazu haben wir beispielsweise im Zuge des Projekts Green Carbody sehr viele Kühllösungen gesehen, bei denen ein Klimagerät auf dem Schaltschrank sitzt, weil es immer schon so war. Bei genauerer Betrachtung wird allerdings klar, dass das Gerät einen strömungstechnischen Kurzschluss im Schrank bildet. Denn genau an der Stelle, wo es die Luft einleitet, saugt es sie auch gleich wieder ab.
elektro AUTOMATION: In der Branche wird schon sehr lange die Frage diskutiert, welche Anordnungsform der Komponenten sinnvoller ist – zentral in einem Schaltschrank gebündelt oder platzsparend dezentral. Wie stehen Sie dazu, auch in Hinblick auf Investitionen wie dieses Online-Tool?
Gemmeke: Wir sehen einerseits, dass das Thema Ethernet, das eher für eine Sternstruktur gemacht ist, oft wieder zu einer zentralen Denkweise führt. Andererseits sehen wir eine Entwicklung zur Dezentralität, wenn die zu erbringenden Leistungen zunehmen. Allerdings bleibt aus unserer Sicht auch dann das Steuerungsumfeld selbst noch einige Zeit lang zentraler. Wenn Anwender dezentral projektieren wollen, müssen sie zudem andere Ansätze wählen als bisher, wofür sie wiederum eigene Softwaresysteme brauchen. Außerdem ist es gerade in einem Schaltschrank möglich, kontrollierte Umgebungsbedingungen und damit eine optimale Kühlung herzustellen. Insofern sehen wir heute sowohl bei kleineren als auch bei größeren Unternehmen, dass die Zentralität wohl noch einige Zeit lang erhalten bleiben wird und damit auch der Bedarf an Schaltschränken.
elektro AUTOMATION: Herr Gemmeke, wir danken für das interessante Gespräch.

Kontakt

info

Friedrich Lütze GmbH
Weinstadt
Tel. +49 7151 60530
www.luetze.de
Norbert Gemmeke gab uns auch im Rahmen der SPS IPC Drives 2015 in Nürnberg schon einige Infos zu dem Webtool:
http://t1p.de/n5jg
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